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BRNO/ Brünn/Janacek-Theater: BALANCHINE – bemerkenswerte Ballettpremiere

07.05.2023 | Ballett/Performance

Brno/Janáček-Theater: 05.05.2023 : „BALANCHINE“. – bemerkenswerte Ballettpremiere

Eine ganz besondere Balletpremiere fand an diesem Abend im Janáček-Theater statt: Mário Radačovský – artistischer Direktor des Balletts des Nationaltheaters Brno (NdB Balet) gelang es, mit der Genehmigung des Balanchine Trust vier Balanchine-Piecen (mit zwei Pausen) an einem Abend zu vereinen und so das Programm dieses denkwürdigen Ballettereignisses zu gestalten. Damit war erstmals hier in Brno ein kompletter Ballettabend George Balanchine (1904 – 1983) gewidmet.

Die Bedeutsamkeit dieser Premiere wurde noch durch die Anwesenheit einer Vertretung vom Balanchine Trust unterstrichen. Anwesend war außerdem auch wieder Martin Glaser, der Direktor des NdB – er hatte bei der internationalen Ballettgala zum Tag des Tanzes vor einer knappen Woche die einführenden Begrüßungsworte gesprochen, um danach an Mário Radačovský zur weiteren Moderation zu übergeben. Eine schöne Geste der gegenseitigen Wertschätzung der Kunstsparten, die hier im Theater vertreten sind. Martin Glaser und Mário Radačovský begrüßten auch gemeinsam im Foyer am roten Teppich die zahlreich eintreffenden Gäste. Außerdem ließ es sich Marko Ivanović, der Chefdirigent des NdB, nicht nehmen, diese Aufführung (und damit erstmals einen gesamten Ballettabend) zu dirigieren – das Orchester der Janáček Oper im Nationaltheater Brno begleitete unter seiner Leitung  hervorragend die Ballettcompagnie und die zur personellen Verstärkung eingesetzte Junior Company NdB 2.

Die vier gezeigten Stücke spannen einen breiten Bogen über das Schaffen des Meisters der Neoklassik. Klare Linien und purer Tanz ohne Ablenkung durch aufwändige Kostüme sind charakteristisch für seinen Stil. In sorgsamer Vorarbeit auf diesen speziellen Anlass wurde das Ballettensemble durch Nanette Glushak und Diana White, die diese Werke einstudierten, auf die stilistischen Besonderheiten im Bewegungsvokabular und die spezifische Technik vorbereitet. Mário Radačovský bedankte sich vor Vorstellungsbeginn daher auf der Bühne besonders bei den beiden Damen und dem Balanchine Trust, dass diese Premiere möglich wurde und betonte die Besonderheit dieser Premiere, für die auch zwei mittanzende Gaststars gewonnen werden konnten.   

Der Einstieg erfolgte mit „Serenade“ (Musik: Serenade for Strings in C major, Op. 48 von Pjotr. I. Tschaikowski). 1934 kreiert für die Studierenden der neu gegründeten School of  American Ballet, verarbeitete Balanchine dabei Elemente aus dem Balletttraining. 2015 bereits im Repertoire vom Ballett des NdB gewesen, wurde es nun neuerlich aufgeführt. Dem präzisen Damenensemble, solistisch angeführt von Klaudia Radačovská, Momona Sakakibara und Se Hyun An gelang es formvollendet, die dem Werk innewohnende elegische Eleganz zu vermitteln; dabei unterstützt durch Robert Hyland und Alejandro Moya.

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Das elegante Damenensemble in „Serenade“ © Ctibor Bachraty

Tänzerische Eloquenz und technische Perfektion demonstrierten nach der ersten Pause Fumi Kaneko und Vadim  Muntagirov im „Tschaikovsky Pas de deux“ zu Musik Tschaikovskys, die ursprünglich für den 3. Akt vom Ballett „Schwanensee“ komponiert war, in Vergessenheit geriet und erst durch die Choreografie Balanchines für diesen exquisiten Pas de deux, der 1960 mit dem New York City Ballet uraufgeführt wurde,  große Bekanntheit erlangte. Die beiden souveränen Stars vom Royal Ballet London tanzten virtuos in diesem knapp 10 minütigen Bravour-Stück. Während Vadim Muntagirov mit raumgreifenden Sprüngen, perfekten Drehungen und sicherem Partnering reüssierte, begeisterte Fumi Kaneko mit akkurater flinker Fußarbeit und wirbelnden Pirouetten. Beide präsentierten duftiges Frühlingsflair und frische Leichtigkeit – nur schade, dass dieses Stück nicht länger dauert. Das begeisterte Publikum spendete viel Beifall mit Bravo-Rufen und Standing Ovations. 

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Fulminant getanzter „Tschaikovsky Pas de deux“ von Fumi Kaneko und Vadim Muntagirov © Ctibor Bachraty

Mit „Concerto Barocco“ zum Konzert für zwei Violinen in d-moll, BWW 1043 von Johann Sebastian Bach wurde fortgesetzt. Choreografiert von Balanchine 1941 für eine Südamerika-Tournee seines American Ballet, steht hier ebenfalls handlungsloser ästhetischer Tanz im Zentrum: einem Corps de ballet bestehend aus acht Tänzerinnen sind zwei Solistinnen vorangestellt – jede folgt musikalisch einer der beiden Solo-Violinen – sowie ein Solist. Edel getanzt von Eriko Wakizono und Chanell Cabrera macht auch Robert Hyland als österreichischer Tanzexport (Absolvent der Ballettakademie in Wien und u.a. Träger des Karl Musil-Preises) hier gute Figur. Starker Applaus galt da auch den beiden Violin-Solisten Jan Rybka und Dennis Schneiderka

Nach einer weiteren kurzen Pause setzte „Episodes“ den Schlusspunkt. 1959 für das New York City Ballet geschaffen, entstand es aus dem durch Strawinsky angeregten Interesse von Balanchine für den Komponisten Anton von Webern, dessen Kompositionen hier Eingang gefunden haben (Symphony op. 21, Five Pieces op. 10, Concerto op.24 sowie Ricercata als Re-Arrangement von Bach´s Werk Musikalisches Opfer BWW 1079). Ursprünglich als gemeinsame Choreographie gedacht, wurden schließlich daraus zwei Piecen, die gemeinsam uraufgeführt wurden  – „Episodes I“ choreographiert von Martha Graham und „Episodes II“ von George Balanchine, dessen darin enthaltenes Solo für Paul Taylor (als Tänzer der Graham Company) heutzutage bei Aufführungen nicht mehr enthalten ist. Die etwas spröde Musik von Anton von Webern verleiht diesem Stück einen herben Touch, steht doch erneut der Tanz ohne spezifische Handlung korrespondierend zur Musik im Vordergrund. Gefallen konnten hier Eriko Wakizono und Adrian Sánchez (Solopaar in Symphony), Bárbara Andrade und Rin Isomura (Five Pieces), Anna Yeh und João Gomes (Concerto) sowie Se Hyun An und Robert Hyland (Ricercata). 

Das Lob für diese Auftritte gebührt vor allem den Tänzerinnen des Balletts des NdB, die in diesem Programm besonders gefordert waren, aber natürlich auch den Tänzern sowie ganz besonders den beiden internationalen Tanzstars Fumi Kaneko und Vadim Muntagirov. Es gab lang anhaltende Akklamationen und Standing Ovations. Ira Werbowsky  

 

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