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BREMGARTEN/ Schweiz/Operettenbühne: DIE FLEDERMAUS

28.04.2023 | Operette/Musical

Johann Strauss: Die Fledermaus • Operettenbühne Bremgarten • Vorstellung: 26.04.2023

(15. Vorstellung • Premiere am 18.03.2023)

«Grüne Eiche? Blaue Tanne? Rosa Linde?»

Das Jubiläum ihres einhundertjährigen Bestehens feiert die Operettenbühne Bremgarten mit der Königin aller Wiener Operetten, der Fledermaus von Johann Strauss. Ort der Aufführung ist das direkt an der Reuss gelegene Casino in Bremgarten AG.

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Foto © Andy Juchli, Zufikon.

Die grosse Überraschung des Abends ist das Orchester der Operettenbühne Bremgarten unter Leitung von Tobias Engeli, dem kommissarischen Chefdirigent der Musikalischen Komödie Leipzig. Das Orchester ist perfekt einstudiert und spielt einen wunderbar lebendigen und frischen Strauss. Schon mit den ersten Takten befindet sich der Zuhörer gedanklich an den Ufern der blauen Donau, oder was er damit verbindet, oder, wie es die zeitgenössische Kritik formulierte, kann sich kaum ruhig auf seinem Platz halten. Ein besonderes Lob verdienen die samtig weichen Holzbläser, die schon die Ouvertüre zu einem Höhepunkt machen. Aber auch der weitere Abend wird durch das hochkonzentrierte und immer leidenschaftlich animierte Spiel des Orchesters zu einem ganz besonderen Erlebnis. Der Chor der Operettenbühne Bremgarten, einstudiert von Roberto Fabbroni, fügt sich nahtlos ein und überzeugt mit sattem, homogenem Wohlklang. Ebenso überzeugen die sieben Tänzerinnen des Balletts der Operettenbühne Bremgarten, das Patrizia Aimi beeindruckend elegant choreographiert hat.

Volker Vogels Inszenierung überzeugt durch tiefe Werk-Kenntnis und -Verständnis. Vogel lässt den Solisten genug Raum, um ihre Rollen der Eleganz der Roaring Twenties, die als zeitlicher Rahmen gewählt wurde, entsprechend zu gestalten. Beate Zoff hat Vogel zwei variable Kulissen mit drei Bögen als Einheitsbühnenbild geschaffen, die von der Seite mit der eleganten, gestreiften Tapete im ersten Akt und mit Gittern im dritten Akt zu sehen sind. Die andere Seite mit dem mitternachtsblauen Rautenmuster mit goldenen Punkten gibt den noblen Rahmen für Orlofskys Ball im zweiten Akt. Ganz wesentlich zum hervorragenden optischen Eindruck des Abends tragen die Kostüme des Kostümverleih Jäger (seit 2015 in Bremgarten für die Kostüme zuständig) und von Ruth Gianola bei.

Die dezent wienernde Dialogfassung von Volker Vogel scheint, gemessen an der spröden Reaktion des Publikums, nicht ganz dessen Geschmack getroffen zu haben. Man scheint an den Ufern der Reuss, zumindest am Anfang, mit dem Tonfall von den Ufern der Donau zu fremdeln. Die Stimmung taut auf, als Frosch sich an den Namen von Eisensteins Gattin zu erinnern versucht: «Grüne Eiche? Blaue Tanne? Rosa Linde?». A propos Frosch: «Dinner for one» ist dermassen durchgekaut, dass man es auf der Bühne nicht unbedingt auch noch haben muss. Vor allem, wenn Frosch jedes Mal stolpert (oder hüpft). Wenn die Erwartung (des Stolperns) immer erfüllt wird, würde Überqueren der Schwelle ohne Gag schon eine ganz andere Wirkung ergeben.

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Foto © Andy Juchli, Zufikon.

Daniel Zihlmann gibt den Gabriel von Eisenstein mit grosser Spielfreude und überragender Bühnenpräsenz mit strahlendem Tenor. Angela Kerrison leiht seiner Ehefrau Rosalinde ihren voluminösen, sich manchmal an den Grenzen der Dramatik bewegenden Sopran. Einzelne hohe Töne geraten eher scharf. Das Stubenmädchen Adele ist bei Stefanie Frei in bester Kehle. Sie überzeugt mit gestochen scharfen Koloraturen und sauberen Höhen. Wolf Latzel ist als Dr. Falke ein idealer Strippenzieher und souveräner «Conferencier» des Abends. Sebastian Fuchsberger gibt den Gesangslehrer Alfred mit strahlendem, ganz leicht baritonal gefärbten Tenor. Der Gefängnisdirektor Frank ist mit Erich Bieri, einem Urgestein der Schweizer Operettenszene, ideal besetzt. Barbara Hensinger gibt mit ihrem helle, schlanken Mezzo den Prinzen Orlofsky. Im Vergleich zur sonst üblichen Besetzung des Orlofsky mit dunkleren Mezzos geht hier vor allem im zweiten Akt etwas an Wirkung verloren. Jürg Peter ist ein herrlich stotternder Dr. Blind und im zweiten Akt ein trinkfester Russe Iwan.

Beat Gärtner leidet als Gefängniswärter Frosch etwas an der spröden Reaktion des Publikums. Nathalia Gnos als Ida würde man es durchaus abnehmen eine Zwillingsschwester Adeles zu sein.

Ein höchst vergnüglicher Abend an den Ufern der Reuss!

 

Weitere Aufführungen:

Freitag, 28. April 2023, 19:30; Samstag, 29. April 2023, 19:30; Freitag, 5. Mai 2023, 19:30;

Samstag, 6. Mai 2023, 19:30; Sonntag, 7. Mai 2023, 14:00; Mittwoch, 10. Mai 2023, 19:30;

Freitag, 12. Mai 2023, 19:30; Samstag, 13. Mai 2023, 19:30.

 

26.04.2023, Jan Krobot/Zürich

 

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