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BREGENZ/ Seebühne: CARMEN als Festspielpremiere

20.07.2017 | Oper

BREGENZER FESTSPIELE: ERÖFFNUNGSPREMIERE „CARMEN“ am 19.7. 2017

Ein beliebtes Werk für Aufführungen unter dem „Sternenhimmel“

Dieser fand allerdings am Premierenabend absolut nicht statt. Nach einem schwülen und heißen Tag entluden sich einige Gewitter mit Donner und Blitz und einem gewaltigen Regenguss schon vor der Vorstellung. Natürlich überlegte die Festspielleitung eine Übersiedlung der Aufführung in das Festspielhaus. Doch der Regen wurde leichter und hörte sogar fast auf. Der Verkauf der Regenmäntel für  € 1.-  boomte. Jeder der nichts Eigenes mit sich hatte, erwarb so ein wirklich gutes Stück, das bald wieder sehr gebraucht wurde. Dennoch verlief der Abend reibungslos und ohne panische Reaktionen, rasch die Vorstellung verlassen zu wollen. Nicht gerade erfreulich, wenn es schon zu Beginn regnet, aber dennoch angenehmer als eine unerwartete Dusche mitten drinnen, womöglich ohne Regenschutz.

Also begann die Ouvertüre fast wie „Unter Donner und Blitz“, Hut ab vor den Mitwirkenden, die bei diesem starken Regen auftraten. Die beiden ersten Akte waren voll mit Wasser vom See und vom Himmel. Mit Beginn des dritten Aktes hörte der Regen auf, man schälte sich aus der Regenkleidung und konnte noch einen sehr schönen Opernabend genießen.  

Das Bühnenbild von Es Devlin ist überaus effektvoll, die vielen kleinen Tableaus von Spielkarten lassen aber wenig Platz für die großen Volksszenen, so dass beispielsweise der Auftritt des Alcalden komplett unbeachtet blieb. Kaspar Holten bemühte sich sehr um eine gelungene Personenführung, die natürlich bei der Große des Areals nicht so ganz aufging. Micaela die große Arie in der Riesenhand singen zu lassen ist ein optischer Gag, Sinn sehe ich keinen dahinter, so erhebt sich nur die Frage, sang sie gut verstärkt hinter der Bühne und es war eine „Stuntfrau“ auf der Bühne, oder die Künstlerin ist komplett schwindelfrei und auch gut gesichert in dieser enormen Höhe. Carmen wird am Ende nicht erstochen, sondern ersäuft, zu diesem Zweck mussten alle drei Carmen-Darstellerinnen einen Schnellsiedekurs im Tauchen machen. Sehr gut der zweite Escamillo Auftritt, der im Boot zu der geliebten Carmen kommt.

Die Kostüme von Anja Vang Kragh waren bunt und wenig einfallsreich. Sogar Micaela war wie immer blond und blau gekleidet. Schön und manchmal sehr stimmig die Videoeinspielungen von Luke Halls. Eine Videoeinspielung wäre beim Auftritt des Alcalden mehr als nötig gewesen, auch beim Einzug der „Stierkampfhelden“. Sehr schön die Lichteffekte von Bruno Poet.

Die musikalische Leitung im Trockenen hatte Paolo Carignani. Vielleicht auch mit dem Blick auf das Wetter musizierte er mit Schwung und raschen Tempi. Die Koordination mit Orchester, Chor im Haus und den Protagonisten auf der Bühne funktionierte tadellos.

In der Hauptrolle erlebte man Gaelle Arquez als Carmen mit ordentlicher Mezzostimme, mit schwungvollen, nie ordinären Auftreten. Don Jose war Daniel Johansson. Eine Tenorstimme mit sicherer Höhe und wenig schmeichelnden Timbre. Aber die Arie und alle Ensembles waren sicher gesungen, musiziert wurde von seiner Seite eher wenig. Das gilt auch für den Escamillo des Scott Hendricks. Er legte ihn zu sehr auf „Kraftlackel“ an und sang mit nicht edlem Timbre. Das alles trifft für Elena Tsallagova als sehr beseelte Micaela nicht zu. Sie zelebrierte ihre Arie – von wo auch immer – vom Allerfeinsten, ließ zarte Piani hören und war die Entdeckung des Abends. Jana Baumeister war eine Frasquita mit sehr schriller Höhe, Mercedes sang Marion Lebegue mit imposanter Tiefe. Rafael Fingerlos lieh dem Morales schöne Stimme, schade dass diese „Wurzen“ leider so wenig zu singen hat. Weil seine Auftritte wurden schon eher „Regenopfer“. Sebastian Soules als Zuniga sang ordentlich, und auch sein Auftritt endete mit einer Regieneuheit, er wird von Le Dancair einfach abgeschossen. Dieser wurde von Dariusz Perczak umgesetzt. Sein Gehilfe Le Remendado war Simeon Esper. Lillas Pastia  ist Stefan Wallraven in einem Kostüm, das in die „Fanciulla“ passen würde. Das Mädchen, das Carmen als  Kind darstellt, war Efsa Topal.        

Der Chor ist zusammengesetzt aus Prager Philharmonischer Chor und dem Bregenzer Festspielchor. Einen guten Klang erzeugten beide Körperschaften unter der Leitung von Lukas Vasilek und Benjamin Lack.

Ballett, Stunts und Statisten seien unter ihren Leitern pauschal gelobt.

Gut für die Kartenbesitzer, deren Plätze auch nicht ganz billig sind, dass die Vorstellung dank aller Mitwirkenden doch am See stattfand. 

Elena Habermann  

 

 

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