
Seefestspiele im wahrsten Sinn des Wortes – „Plantschballett“. (Foto Karl Foster)
BREGENZ, SEEBÜHNE – „CARMEN“. Premiere am 19.7. 2018 – bei „Kaiserwetter“
Nachdem die Premiere im Vorjahr bis zum dritten Bild nahezu im Regen versank, war diesmal verdientes Kaiserwetter angesagt.
Die Inszenierung von Kaspar Holten im Kartenbühnenbild, welches Es Devlin schuf, ist wirksam und brachte die Erkenntnis, dass das Haus von Lilas Pastia (dargestellt von Stefan Wallraven) desolat ist und das Dach undicht. Die Regeneinspielung war diesmal klar zu erkennen. Ansonsten fielen keine Besonderheiten zum Vorjahr auf. Die unkleidsamen Herrenkostüme (Soldaten, Jose und Zuniga) waren bei Schönwetter auch nicht besser, für Escamillo und die Damenbekleidung hat Anja Vang Kragh ein besseres Händchen, diese sehen ausnahmslos sehr gut aus. Die Lichteinspielungen von Bruno Poet sind geschmackvoll und farbenfreudig. Warum die Regie im vierten Bild so statisch ist, ist eigentlich unverständlich.
Die musikalische Leitung hatte Antonino Fogliani, kräftiger Schlag und rhythmisch prägnant mit guten Tempi. Die Wiener Symphoniker spielten wie immer perfekt im gekühlten Festspielhaus. Ebenso sangen die Chöre, der Prager Philharmonische Chor und der Bregenzer Festspielchor im Haus ihren Part präzise und um gutes Französisch bemüht. Eine sehr gute Arbeit der Chorleiter Lukáš Vasilek und Benjamin Lack. Auch sehr zu loben ist der Kinderchor der Musikmittelschule Bregenz Stadt unter Wolfgang Schwendinger.
In der Titelrolle konnte Gaëlle Arquez wieder voll überzeugen und begeistern. Die temperamentvolle Künstlerin sang sehr gut und differenziert, auch Piani finden statt, besonders eindrucksvoll gelang die Kartenarie. Auch die Tauchübung als Referenz vor dem Spielort gelang glücklicherweise unfallfrei. Ihre Gegenspielerin Micaëla ist mit Cristina Pasaroiu persönlichkeitsstark und auf Augenhöhe. Ihrer Stimme kommt die Micaëla sehr entgegen, diese weichen feinen lyrischen Passagen sind ihr in die Kehle gelegt. Nicht umsonst sang sie diese Rolle schon sehr erfolgreich an der Wiener Staatsoper.
Weniger Freude machte Daniel Johansson als getriebener Don José. Die Stimme wird in Einheitslautstärke und enger Höhe vorgeführt. Wie tragfähig sie tatsächlich ist, kann man durch die Verstärkung nicht wirklich feststellen. Fesch und kraftvoll ist der Escamillo, Kostas Smoriginas. Seine Stimme ist für die sehr schwierig zu besetzende Partie sehr geeignet. Er stellt auch diesen einfachen, aber eitlen Mann sehr gut dar. Rafael Fingerlos macht gute Figur als Moralès mit guter Stimme. Warum wohl wird Zuniga noch rasch von einem der beiden Banditen erschossen ? Yasushi Hirano singt doch diesen nicht sehr feinen Mann besonders schön.
Die beiden Freundinnen von Carmen zeigten gute schön timbrierte Stimmen, Léonie Renaud/ Frasquita und Marion Lebègue/Mercédès. Die beiden Schmuggler – Banditen im „Jonny Depp Look“ Pirats of the Karibik waren István Horváth/Le Remendado und Le Dancaïre/Dariusz Perczak mit sehr guten Stimmen und expressiven Spiel.
Ein allgemeines Lob an die Leistungen der Tänzer im Seeballett, sie tanzen auch bei abgesenkter Bühne im Wasser. Das war also im letzten Jahr nicht dem Regen geschuldet. Ebenso gut das Spiel der Komparserie, wenn man sie ließ und eine tolle Leistung wie immer die waghalsigen Stunts am Kartenaufbau. Bravo!
Nächstes Jahr kann man sich auf „Rigoletto“ am See und „Don Quichotte“ (Massenet) freuen.
Elena Habermann