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BRAUNSCHWEIG/ Staatstheater: DER FLIEGENDE HOLLÄNDER. Premiere

13.10.2018 | Oper

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DER FLIEGENDE HOLLÄNDER

Staatstheater Braunschweig, Premiere am 13. Oktober 2018

Das Licht im Saal flackert, dazu kommen Gewittergeräusche. Die Neuinszenierung von Richard Wagners Der fliegende Holländer am Staatstheater Braunschweig beginnt schon vor dem eigentlichen Beginn. Generelmusidirektor Srba Dinić tritt ans Pult, das Publikum erwartet gespannt den aufbrausenden Beginn der Ouvertüre – doch der kommt nicht. Stattdessen weiter flackerndes Licht und Donnergroll aus dem Hintergrund, für ein paar, lang werdende, Minuten. Dieser Auftakt in den Abend bleibt recht unklar. Schon während der Ouvertüre dann ist der Bühnenraum kurz erleuchtet, schließlich hebt sich der Vorhang und der Blick fällt in einen gediegenen Salon, der als Einheitsbühnenbild bis zum Schluss bleibt. Wo ist dieser Salon? Vielleicht auf einem Kreuzfahrtschiff? Ist er Abbild der bürgerlichen Welt Dalands? Auch das bleibt leider etwas unklar. Daland erscheint ebenfalls gediegen im dunklen Anzug, seine Mannschaft sieht mehr wie ein Shanty-Chor aus, der in seinem Salon auftritt. Der Holländer sitzt schon vorne rechts auf der Bühne, wartend auf seinen Auftritt, vor einem Miniatur-Segelschiff, bleich geschminkt und schwarz gewandet. Erik ist ein Gärtner in rustikaler Latzhose, so eine trägt auch Senta, Frau Mary filetiert Fische, die Damen reichen sich Thermosflaschen und Butterbrotdosen weiter. Es gibt viele Requsiten auf der Bühne, von denen das kleine Holzschiff noch die signifikanteste ist. Mal steht es vorne auf der Bühne, mal wird es über die Bühne getragen, am Ende sitzen der Holländer und Senta davor – dass sie gemeinsam Erlösung, wie auch immer, finden, überträgt sich dabei wenig.

Braunschweigs Operndirektorin Isabel Ostermann zeichnet verantwortlich für die Inszenierung, doch zu einer wirklich klaren Lesart kommt sie, zusammen mit Stephan von Wedel und Julia Burckhardt für Bühne und Kostüme, nicht unbedingt. Zwei Uhren, die entgegengesetzt laufen, deuten an, dass wir uns in zwei gegensätzlichen Welten befinden, aber was macht die aus? Die Figuren im einzelnen vermag Isabel Ostermann durchaus präzise und differenziert zu zeichnen, eröffnet dabei sogar neue Gedanken. Senta etwa ist selbstbewusster und weniger weltentrückt als sonst, das ist überzeugend. Auch der Holländer in seiner gelähmten Verzweiflung kommt klar heraus, Erik als enttäuschter Gegenspieler ebenfalls. Doch ein roter Faden, eine Antwort darauf, welche Geschichte sich hier abspielt, überträgt sich nur bedingt.

Dass der Abend beim Publikum gleichwohl ein großer Erfolg wurde, lag an der durchweg kraftvollen musikalischen Umsetzung. Srba Dinić steuerte das bestens disponierte Staatsorchester mit Verve durch die Ouvertüre, ließ im weiteren Verlauf des Abends die Gegensätze zwischen dem noch konventionell opernhaften der Partitur und den schon in Richtung Musikdrama vorausweisenden Momenten sehr deutlich werden. Die schroffen, naturalistischen Farben kamen dabei genauso zur Geltung wie die blühenden melodischen Bögen. Und er hatte stets ein mehr als aufmerksames Ohr auf der Bühne und überdeckte sein Ensemble nicht.

Jaco Venter sang mit klarer Tongebung und kluger Disposition seiner Kräfte einen düster-verinnerlichten Holländer. Die Farbe seines kraftvollen Baritons ist nicht ausgesprochen dunkel, was eine sehr gute Ergänzung zu Inga-Britt Anderssons hell und silbrig gefärbter Senta war. Ihr Sopran kommt noch ganz aus dem lyrischen Fach, verfügte aber gleichwohl über genügend Reserven für einen dramatisch-auftrumpfenden Schluss. Die Ballade sang sie changierend zwischen unheimlichen und aufbrausenden Momenten, in der ersten Begegnung mit dem Holländer formte sie wunderbare, leuchtende Bögen. Ebenfalls noch sehr lyrisch ist der Tenor von Kwonsoo Jeon, der dem Erik die nötigen Farben aus jugendlichem Elan und Enttäuschung gab. Michael Eder war ein vor allem ein sehr väterlicher und weniger autoritärer Daland, Matthias Stier als Steuermann eine wahre Luxusbesetzung. Zhenyi Hou als sehr junge Mary ließ als neues Ensemblemitglied ihren schönen lyrischen Mezzo erklingen.

Georg Menskes und Johanna Motter haben Chor und Extrachor des Staatheaters mit starker Präsenz auf die wichtige Rolle in diesem Stück vorbereitet, das klang durchweg homogen und gewichtig.

Starker Beifall am Ende für einen Abend, der, trotz szenischer Einschränkungen, Eindruck hinterlassen hat.

Christian Schütte

 

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