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BRAUNSCHWEIG: LA BOHÈME. Neuinszenierung

Geburtstagsständchen für Puccini

23.12.2018 | Oper

Foto: Youtube

STAATSTHEATER BRAUNSCHWEIG: LA BOHÈME am 22.12.2018. (Premiere war am 1.12. 2018)

Geburtstagsständchen für Puccini

Puccins La bohème passt besonders gut in die Vorweihnachtszeit, das bedarf keiner Erwähnung. Das Staatstheater Braunschweig hat seine Neuinszenierung am Samstag vor dem ersten Advent herausgebracht. Die dritte Vorstellung fiel nun genau auf Puccinis 160. Geburtstag und ist zu einem mehr als angemessenen Geburtstagsständchen geraten.

Dass die musikalische Seite der Aufführung so unmittelbar wirken konnte, lag zu einem guten Teil auch an der Inszenierung von Ben Baur. Er hat in Braunschweig nämlich etwas auf die Bühne gebracht, was nicht allen Regisseuren leicht fällt – er zeigt die Geschichte, die er vorfindet, ohne wenn und aber und ohne den Anspruch einer neue Perspektiven eröffnenden Interpretation oder Aktualisierung. Das Ergebnis ist nun keineswegs langweilig oder wirkt altbacken, im Gegenteil. Voller Phantasie und Vitalität ist dem Regisseur, der auch das Bühnenbild entworfen hat, und seiner Kostümbildnerin Julia K. Berndt eine herzerwärmende Inszenierung gelungen. Das erste und letzte Bild spielen in einer ärmlichen Mansarde über den Dächern von Paris, der mondäne Glanz des Café Momus sprüht voller Inspiration und leuchtender Funken im zweiten Bild auf das Publikum über, und die Eisigkeit und Einsamkeit der Beziehungen deuten im dritten Bild ein einfacher Torbogen in der Dunkelheit und fallender Schnee an. Dazu kommt eine Personenführung, die das Schicksal der Protagonisten klar und menschlich vermittelt. Dieser Inszenierung zuzuschauen, ist vor allem eine wahre Freude.

Auch das Zuhören hat an diesem Abend große Freude bereitet. Ganz besonders, weil Ivi Karnezi eine hinreißende Mimi war. Sie formte ganz frei und unforciert wunderschöne Bögen mit ihrem lyrischen Sopran, den sie herrlich aufblühen lassen, aber auch in äußerste Intimität zurücknehmen kann. Sie hat die Rolle hörbar bis in tiefe Facetten hinein verinnerlicht, ein bemerkenswertes Rollenporträt. Ihr zur Seite verfügte Angelo Samartzis über genau den richtigen Stimmtyp für den Rodolfo und sang die Rolle ebenso weitgehend frei und farbig, etwas mehr Vertrauen in die Sicherheit seiner Höhe wird sich gewiss noch einstellen. Auch er konnte als Darsteller vollkommen überzeugen. Das galt nicht minder für seine Freunde aus der Mansarde, unter denen Maximiliam Krummen mit volltönendem Bariton als Marcello den stärksten Eindruck hinterließ. Doch auch Julian Younjin Kim als Schaunard und Jisang Ryu als Colline vermochten ihren Partien stimmliches Profil zu verleihen. Als kurzfristige Einspringerin schließlich sang und spielte Aoife Gibney eine erst aufmüpfig-kecke, später geläuterte Musetta. Die kleinen Partien sowie Chor und Kinderchor des Staatstheaters fügten sich nahtos in diese geschlossene Ensembeleistung ein.

Am Pult des Staatsorchesters sorgte Iván López Reynoso für einen leichten, durchsichtigen Puccini mit einigen dramatischen Höhepunkten. Insbesondere die Streicher des Staatsorchesters animierte er zu bemerkenswerter Klangschönheit. Mit wachem Ohr für die Bühne war er dem Ensemble zudem ein mehr als aufmerksamer Begleiter.

Am Ende gab es im fast ausverkauften Haus begeisterten Beifall. Eine in ihrer schlichten Schönheit im besten Sinne wohltuende Aufführung ist dem Staatstheater Braunschweig damit gelungen, die lange im Repertoire bleiben möge.

Christian Schütte

 

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