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BORG / McENROE

06.10.2017 | FILM/TV, KRITIKEN

FimPoster  Borg McEnroe

Filmstart: 13. Oktober 2017
BORG / McENROE
Dänemark, Finnland, Schweden / 2017
Regie: Janus Metz Pedersen
Mit: Sverrir Guðnason, Shia LaBeouf, Stellan Skarsgård u.a.

„Sportfilme“ handeln im allgemeinen von Football oder von Boxen, wo ein Rocky-artiger Held wie ein wilder Stier losbraust. Tennis ist an sich interessanter – hier stehen einander grundsätzlich zwei Persönlichkeiten gegenüber, bestenfalls gleichwertig, ein „Kampf“ Mann zu Mann, ebenso mit dem Körper wie mit dem Kopf zu führen, mit technischem Können und der Mentalität, mit der Kraft und dem Charakter. Man wundert sich, dass es dazu kaum Filme gibt.

Wer sich für Tennis und seine Geschichte interessiert, für den ist Wimbledon 1980 ein Datum, das man nicht vergisst. Das Endspiel: der „regierende“ Schwede Björn Borg, der antrat, um den Sieg am grünen Rasen zum fünften Mal hintereinander (!) zu beanspruchen, den er vier Jahre davor als jüngster Spieler je erstmals errungen hatte. Als Herausforderer: Der um drei Jahre jüngere, damals gerade 21jährige Amerikaner John McEnroe, das wilde Talent, das Borg später tatsächlich überholt hat.

Aber 1980, das war ein Match ohnegleichen, im Ganzen knapp vier Stunden lang, als McEnroe den Gegner im ersten Satz geradezu deklassierte, Borg dann aufholte und mit einem Satz voran lag, bis er im vierten Satz in ein Tie-Break gehen musste, das 22 Minuten dauerte und das Borg dann 16:18 (!!!) gewann, bevor er mit dem fünften Satz das Spiel (erst mit (8:6 – im letzten Satz gibt es kein Tie-Break) für sich entscheiden konnte: Dabei hatte er unfasslich viele Matchbälle vergeben… Es ist, wenn der Film in einer gut 20minütigen Passage am Ende bei diesem Spiel anlangt, ganz gut, wenn der Zuschauer etwas von Tennis versteht… Trotzdem – spannend ist die Geschichte auf jeden Fall.

Erstens wegen der Persönlichkeiten, die einander gegenüber standen, wobei dieser skandinavische Film, von dem dänischen Regisseur Janus Metz Pedersen inszeniert, entschieden mehr Gewicht auf Björn Borg legt. Da wird geschildert (wobei der junge Björn von einem Sohn des echten Tennisstars gespielt wird), wie leidenschaftlich sich der Junge seinem Sport hingab, und wie sein Trainer Lennart Bergelin (glänzend: Stellan Skarsgård) ihm gewissermaßen jegliche nach außen gezeigte Emotionen austrieb. So hat sich Björn Borg später sein „Eisberg“-Image eingehandelt.

John McEnroe war das Gegenteil, das, was man in Wien ein „Häferl“ nennt, der für seine Wutanfälle – auch während der Spiele – berüchtigt war und sich in seinen Gefühlen nie zurückhielt, was natürlich hochgradig „un-erwachsen“ und provokant unerzogen wirkte.

Mit Rückblicken in die Jugendzeit, die in beiden Fällen nicht übertrieben glücklich war (McEnroe wurde von seinem Vater als „Kopfrechen-Genie“ vorgeführt und unter Druck gesetzt), führt der Film dann in jenem Sommer 1980 auf die Wimbledon Championships zu, wo von Anfang an die Konfrontation der beiden festzustehen schien.

Es ist eine Sportgeschichte, aber auch eine Menschengeschichte, und sie funktioniert dank der beiden Hauptdarsteller so gut: Sverrir Guðnason erreicht eine geradezu erstaunliche optische Ähnlichkeit mit Borg, und Shia LaBeouf bringt McEnroes wildes Wesen erstaunlich auf den Punkt – das sind prächtige Leistungen nach innen und nach außen. Zudem haben beide (in monatelangem Training, wie es heißt) gelernt, sich wie Tennisspieler zu bewegen (wenn beim Match dann natürlich vor allem der Cutter gefragt war).

Dass die Geschichte über das spannende Duell der Gegensätze hinaus grundsätzlich interessant wird, ist der zweite Punkt des Filme – was weiß man schon von der Psychologie von Spitzensportlern, die in ein Match hineingehen wie sonst nur ein Opernsänger in eine unfassliche schwere Partie oder ein Dompteur zu Tigern, deren Reaktionen er nicht sicher sein kann? Ahnt man wirklich den ungeheuren Druck, der da auf ihnen lastet, wenn (nicht nur finanziell) so ungeheuer viel auf dem Spiel steht?

Der Film macht da schon einiges klar – und lässt Bewunderung aufkommen. Für die Spieler. Für Tennis als den großen Sport der Individualisten.

Renate Wagner

 

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