Beethoven-Jubiläumskonzert mit Daniel Barenboim in der Oper Bonn via 3sat
Musik für die Ewigkeit
Daniel Barenboim dirigiert das Jubiläumskonzert zu Beethovens 250. Geburtstag mit dem West-Eastern Divan Orchestra in der Oper/BONN
Für Daniel Barenboim ist Ludwig van Beethoven ein zeitgenössischer Komponist, der Musik für die Ewigkeit geschrieben hat. Im Live-Stream war nun das Jubiläumskonzert zu dessen 250. Geburtstag mit dem West-Eastern Divan Orchestra aus der Bonner Oper ohne Publikum zu erleben.
Als Solist und Dirigent bestritt Barenboim in imponierender Weise Beethovens drittes Klavierkonzert in c-Moll op. 37. Die persönliche musikalische Aussage stand bei dieser ergreifenden Wiedergabe im Mittelpunkt – eben Musik, die die zeitlichen Grenzen sprengt. Der Gegensatz von Solist und Orchester wurde so noch mehr gesteigert. Gleichzeitig spürte man den inneren Zusammenhalt und die unglaubliche Musizierlust dieser Musiker, die dem philosophischen Gehalt dieses Werkes gleichsam nachlauschten. Vor allem die sinfonische Themenverarbeitung wurde ausgezeichnet herausgearbeitet. Die drei Sätze in Sonatenform, Liedform und Rondoform wuchsen ganz zusammen und ergänzten sich gegenseitig. Und die straffe Energie des Hauptthemas Allegro con brio berührte die Zuhörer aufgrund seiner elektrisierend-erfrischenden Kraft. Straffe Energie setzte sich hier also rasch durch – und auch das anschmiegsame Seitenthema blieb stark im Gedächtnis. Es kam zu kühnen Auseinandersetzungen der beiden Themen in der Durchführung. Poesie und träumerische Stimmung beherrschten das bewegend musizierte Largo, wo Daniel Barenboim als Pianist einmal mehr aus dem Vollen schöpfen konnte. Eulenspiegels Übermut blitzte zuletzt beim Rondo-Thema des Schluss-Allegros auf, das sich wie ein Fangball zwischen Solist und Orchester hin- und herbewegte. Das Thema flüchtete durch entlegene Tonarten. Rastlose rhythmische Veränderungen gipfelten in einem triumphalen Schluss. Mit feiner Dynamik und ausdrucksstarken Legato-Bögen überzeugte anschließend Daniel Barenboims differenzierte Wiedergabe der Sinfonie Nr. 5 in c-Moll op. 67 von Beethoven, die symbolhaft in düster-trotzigem c-Moll begann und in C-Dur-Glanz endete. Die elementare Gewalt eines Naturereignisses war bei dieser Interpretation immer nachvollziehbar. Auch die Sinnfälligkeit der scheinbar einfachen Themen ließ hier nirgends zu wünschen übrig. Die schicksalhafte Wucht des Kopfthemas mit seinen vier Noten konnte man bei Barenboims Interpretation gar nicht überhören, da klopfte das Schicksal gewaltig an die Pforten. Dieses zum Motiv verkürzte Thema beherrschte den ersten Satz total. Es verstummte im Bass selbst dann nicht, als die Violinen seinen schroffen Hornruf auffingen und mit einer milden Phrase beantworteten. Der elementare Rhythmus setzte sich in elektrisierender Weise durch. Im zweiten Satz herrschte dann zuversichtlicher Ernst. Am ausdrucksvollen Gesangsthema orientierten sich die Variationen des zweiten Satzes Andante con moto. Im Bass klang der schicksalhafte Viererrhythmus nach, Hörner und Trompeten unterstrichen die enorme Stoßkraft. Den dritten Satz fasste Daniel Barenboim mit dem konzentriert spielenden West-Eastern Divan Orchestra als Scherzo auf. In diesem Allegro hoben sich die Dreiklangstöne im Bass in geheimnisvoller Weise nach oben. Die Hörner beantworteten diesen fast fragenden Beginn in schneidender Schärfe – wieder meldete sich der schicksalhafte Viererrhythmus. Die Dur-Episode mit Fugato-Frische hellte die Stimmung schließlich enorm auf. Die Violinen verkündeten zuletzt mit den mitreissenden Fanfaren den Jubel des Schluss-Satzes. In der Dur-Ekstase tauchte ein markantes Thema in den Hörnern auf, das Barenboim mit dem Orchester facettenreich herausmeisselte. Neben dem unheimlich hämmernden Rhythmus tauchte eine dritte „Fanfare“ im Fagott auf, das die Hörner ablösten. Immer machtvoller schwoll der Jubel über dem Viererrhythmus im Bass an.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach ein Grußwort: Beethovens wahre Sprache sei die Musik gewesen. Das Konzert wurde von dem irisch-deutschen Geiger Daniel Hope kenntnisreich moderiert (und auch von BR Klassik übertragen).
Alexander Walther