„Hauskonzert“ Lupe Larzabal und Aris Argiris – Bonn, 20. Juli 2020
Corona verbreitet nicht nur Angst und Schrecken, das Virus weckt auch Kreativität. Und ich spreche jetzt nicht von jenen Veranstaltern, die unter Ausnutzung aller legalen Nischen agieren; ich spreche auch nicht von jenen Konzertsälen oder Opernhäusern, die trotz aller Einschränkungen ihrem Publikum ein zumindest abgespecktes Programm bieten (und ich habe letzte Woche in München im Gärtnerplatrztheater eine wirklich sehens- wie hörenswerte Aufführung von Carl Orffs „Die Kluge“ erlebt, in der einige der besten Sänger des Hauses mitgewirkt haben). Ich spreche von jenen SängerInnen, die unter Nutzung der technischen Möglichkeiten ihr Können und ihre Fähigkeiten einem potentiell breiten Hörer- und Seherkreis präsentieren.
Stefan Tanzer aus dem Volksopernchor und unter anderem bei den „Amici del Belcanto“ auch immer wieder solistisch zu erleben, hat Duette mit KollegInnen selbst über Staatsgrenzen hinaus gesungen (oder auch mit sich selbst im Duett) und in Facebook veröffentlicht. Ein paar dieser Videos hat auch der Online Merker gezeigt.
Ein prominenterer Kollege ist der in Griechenland geborene und in Bonn lebende Bariton Aris Argiris, der (wenn Corona es hoffentlich nicht verhindert) im November in der Volksoper in der konzertanten Serie von „Die Macht des Schicksals“ als Don Carlos zu erleben sein wird. Nach einigen Gesprächen mit KollegInnen, Journalisten oder Musikwissenschaftlern und Einblicken in sein Rollenstudium hat er jetzt via Facebook und Youtube zu einem moderierten Hauskonzert ins AGORA artist studio in Bonn eingeladen. Eine Handvoll Gäste konnte diesem Konzert vor Ort beiwohnen; die Mehrheit der Interessenten folgten wie der Schreiber dieser Zeilen dem Auftritt im Netz.
Jetzt ist die Klangqualität eines PC oder eines Laptop natürlich nicht mit der Qualität einer (auch nur mittelmäßigen) Stereoanlage vergleichbar und noch weniger mit dem Hörerlebnis in einem Konzertsaal oder Opernhaus. Was Aris Argiris an diesem Abend den Zusehern aber bot, war ein absolut hörenswerter Querschnitt durch seine musikalischen Interessen – Lied wie Oper.
Eröffnet wurde dieses Hauskonzert von der argentinischen Altistin Lupe Larzabal mit je einem Lied von Mozart und Brahms. Aris Argis stellte sich dem Publikum mit drei Liedern von Franz Schubert vor, gefolgt von Ravels „Don Quichotte“. Mit Ravel setzte dann auch Lupe Larzabal fort, gefolgt von drei Liedern von Manuel de Falla.
Ein Opernsänger wäre aber keiner, würde er bei so einem Konzert nicht seiner eigentlichen Profession frönen und nach der Qualität des Liedsängers Argiris auch die Kompetenz und Bandbreite des Opernsängers zumindest teilweise beweisen. Nur einen kleinen Ausschnitt seines Repertoires konnte er an diesem Abend präsentieren, aber sowohl die Arie aus Mozarts „Nozze di Figaro“ wie auch aus Verdis „Don Carlo“ machten Lust, den Sänger in diesen Opern komplett zu hören (und nicht zuletzt der Posa steigert die Erwartung auf die „Macht“ in der Volksoper). Den von einem sagenhaften Spitzenton gekrönten Abschluss bildete eine Szene aus Lortzings „Wildschütz“.
Ein aufmerksamer Begleiter am Klavier war Peter Bortfeldt, der sich unter anderem mit einem Satz einer Beethoven Sonate, wie könnte es in diesem Jahr in Bonn auch anders sein, aber auch mit Musik aus Frankreich als Solist präsentieren konnte.
Michael Koling