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BOLOGNA/ Teatro Manzoni : MIRANDOLINA von Bohuslav Martinu (Premiere)

17.01.2023 | Oper international

BOLOGNA/ Teatro Manzoni : MIRANDOLINA von Bohuslav Martinu am 14.1. 2023 (Premiere)

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Die Wirtin und ihre vielen Freier. Foto: Teatro Manzoni

Dem Teatro Comunale di Bologna stehen schwierige Zeiten bevor. Das wunderschöne Haus, vom genialen Architekten Antonio Galli da Bibbiena 1763 erbaut, muss von Grund auf renoviert werden, und daher muss die Oper für die nächsten Jahre ins Exil ins „Euroauditorium“ am Messegelände gehen. Das hindert aber den Intendanten Fulvio Macciardi nicht, weiterhin ein mutiges Programm zu machen.

So gab es jetzt zu Jahresbeginn, quasi als Ouvertüre vor dem Umzug an die Peripherie, in einem anderen Ausweichquartier, dem Auditorium Teatro Manzoni, eine besonders interessante Premiere zu sehen: MIRANDOLINA von Boheslav Martinu (1890 – 1959)

Der tschechische Komponist, der die meiste Zeit seines Lebens im Exil im Ausland verbracht hat, ist bei uns nicht sehr bekannt. 1999 wurde seine großartige GREEK PASSION bei den Bregenzer Festspiele aufgeführt (und steht in dankenswerterweise diesen Sommer auch auf dem Programm der Salzburger Festspiele), aber sonst…

Mirandolina ist seine letzte Oper (deren Uraufführung er gar nicht mehr erlebt hat) und beruht auf der in Italien ungeheuer beliebten und stets landauf landab gespielten Komödie „La Locandiera“ von Carlo Goldoni (bei uns auch unter dem Titel „Die Wirtin“ bekannt). Martinu hat den italienischen Text dazu selbst eingekürzt.

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Die Wirtin bügelt alle nieder. Foto: Teatro Manzoni

Im Teatro Manzoni wurde das ganz ganz selten gespielte Werk nun „halbszenisch“ gegeben, und es ging einem in der Regie von Gianmaria Aliverta (der Mirandolina schon einmal ganzszenisch inszeniert hatte) eigentlich wenig bis nichts ab, da er die Sänger/innen den ganzen Abend hindurch mit grossem Geschick zu führen und zu leidenschaftlichem Spiel zu motivieren wusste. Am besten gelang ihm das bei Leonardo Cortellazzi als Kellner Fabrizio (der die Wirtin dann schlussendlich abkriegt). Aber auch die anderen (erfolglosen) Prätendenten waren großartig: Simone Alberghini (Marchese di Forlimpopoli), Omar Montanari (Cavaliere di Ripafratta) und Andrea Schifaudo (Conte d‘ Albafiorita).

Am ehesten enttäuschte noch die Darstellerin der Mirandolina, denn die ukrainische Sängerin Olga Dyadiv konnte die Titelrolle leider weder gesanglich noch schauspielerisch wirklich glaubhaft machen.

Aber immerhin hielt die Bologneser Chefdirigentin Oksana Lyniv die Verwirklichung dieser äußerst schwierigen Partitur mit der unerbittlichen Disziplin einer Feldwebelin eisern zusammen.

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Die Wirtin im Bad. Foto: Teatro Manzoni

Tja, das Premierenpublikum reagierte (wenn auch geschmeichelt ob des italienischen Librettos) nicht besonders begeistert, und auch ihr Berichterstatter muss zugeben, dass Mirandolina in diesem Leben wahrscheinlich nicht mehr seine Lieblingsoper werden wird. Aber was soll‘s: immerhin hat man sie zumindest einmal gehört und konnte sich selbst ein Urteil bilden…

Robert Quitta, Bologna

 

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