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BLU RAY: Antonín Dvořáks „Rusalka“ im Royal Opera House Covent Garden. Opus Arte, OABD7322D

24.05.2024 | Allgemein, dvd

Antonín Dvořáks „Rusalka“ im Royal Opera House Covent Garden: Ein zauberhaftes Opernerlebnis

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Antonín Dvořáks „Rusalka“ ist zweifellos ein Juwel der Opernliteratur, und die aktuelle Aufführung im Royal Opera House Covent Garden erstrahlt in einer Neuinterpretation, die durch visuelle Opulenz und künstlerischen Anspruch besticht. Unter der Regie von Ann Yee und Natalie Abrahami wird die Essenz von Dvořáks Erzählung gelungen eingefangen, wobei der zentrale Konflikt zwischen Mensch und Natur in den Fokus rückt. Von Beginn an wird das Publikum in eine Welt voller Magie und Mystik entführt. Chloe Lamfords Bühnenbild bietet eine Kulisse, die die Naturschönheit reflektiert und gleichzeitig eine surreale Atmosphäre schafft. Hohe Bäume und hängende Wedel umrahmen die Szene, die den Eindruck eines verwunschenen Waldes vermittelt, während der See, in dem Rusalka lebt, majestätisch in der Mitte der Bühne glitzert. Diese Naturszenerie wird durch Annemarie Woods‘ kunstvolle Kostüme ergänzt. Die Waldgeister, bedeckt mit moosigen Klumpen, symbolisieren ihre tiefe Verbundenheit mit der Natur, während Rusalkas durchscheinender Umhang sie zu einer lebendigen Verkörperung des Wassers macht.

Die Liebe zum Detail ist allgegenwärtig, von den aufwendigen Kostümen bis hin zu den kunstvoll gestalteten Requisiten, die die Szenerie zum Leben erwecken. Yee und Abrahami nutzen unkonventionelle Materialien und Techniken, um eine einzigartige visuelle Ästhetik zu schaffen. Alte Garderobenreste werden in imposante Baumkronen und Waldlandschaften verwandelt, während aufblasbare Plastikobjekte und Folienballons den Prunk des Prinzenpalasts und seiner Gäste darstellen. Diese kreative Herangehensweise verleiht der Inszenierung eine eigene Identität und macht sie zu einem fesselnden visuellen Erlebnis.

Ein weiteres bemerkenswertes Element dieser Inszenierung ist das Lichtdesign von Paule Constable. Durch geschickte Beleuchtung wird die magische Atmosphäre der Oper verstärkt. Sanfte, gedämpfte Lichter schaffen eine mystische Stimmung, während dramatische Spotlights die intensiven Momente der Handlung hervorheben. Das Zusammenspiel von Licht und Schatten verleiht der Bühne eine zusätzliche Dimension und unterstreicht die emotionale Tiefe der Geschichte.

Musikalisch wird dieser Abend durch die Leitung von Semyon Bychkov zu einem Höhepunkt. Das Orchester des Royal Opera House Covent Garden erstrahlt in Dvořáks üppiger Partitur, wobei jede Note mit Leidenschaft und Präzision interpretiert wird. Die Orchestermusiker zeigen eine herausragende Beherrschung der Partitur und bringen die komplexen Harmonien und Melodien Dvořáks auf beeindruckende Weise zur Geltung. Bychkov lässt die Musik atmen und leuchten. Die Sänger tragen maßgeblich zum Erfolg der Aufführung bei. Asmik Grigorian brilliert als Rusalka und verkörpert die verzweifelte Wassergeist-Heldin mit einer beeindruckenden Bandbreite an Emotionen. Ihr Sopran strahlt, ist zuweilen stählern, und verleiht jeder Note eine bewegende Ausdruckskraft. Besonders berührend ist ihr „Lied an den Mond“, das sie mit zarter Schönheit singt. Ihr Ausdruck in dieser Arie ist herzzerreißend und zieht das Publikum tief in Rusalkas innere Welt. David Butt Philip überzeugt als Prinz mit einem kraftvollen Tenor und erstaunlicher Zartheit. Seine Darstellung des wankelmütigen Prinzen ist nuanciert und facettenreich, wobei er die emotionale Entwicklung seiner Figur gut zum Ausdruck bringt. Philip schafft es, die innere Zerrissenheit des Prinzen zwischen Liebe und Pflicht überzeugend darzustellen. Aleksei Isaev beeindruckt als Vodník mit eindringlicher Präsenz, wenngleich sein Bariton nicht die erhoffte Sonorität eines Bassisten erreicht. Dennoch füllt er die Rolle aus und verleiht dem Wassergeist eine bedrohliche, aber auch tragische Note. Auch die übrige Besetzung, angeführt von Dame Sarah Connolly als Ježibaba und Emma Bell als fremde Fürstin, liefert erstklassige Leistungen ab und trägt zum Gesamterlebnis bei. Connollys Interpretation der Ježibaba ist besonders bemerkenswert. Sie verleiht der Figur Bedrohlichkeit und Komplexität, die den Zuschauer zwischen Furcht und Faszination schwanken lässt. Bell als fremde Fürstin überzeugt mit einer starken Bühnenpräsenz und kraftvollem Sopran, der die Eifersucht und Entschlossenheit ihrer Figur eindrucksvoll vermittelt.

Die Choreografie, unter der Leitung von Ann Yee, fügt der Inszenierung eine dynamische und visuell ansprechende Komponente hinzu. Die Bewegungen der Waldgeister und der Hofgesellschaft sind sorgfältig abgestimmt und tragen zur Erzählung bei, indem sie die Emotionen und Konflikte der Charaktere auf nonverbale Weise ausdrücken. Besonders eindrucksvoll ist die Szene des Balletts, das die Naturgeister in einem bezaubernden Tanz darstellt, der die Verbindung zwischen den Elementen der Natur und den menschlichen Charakteren unterstreicht.

Die Aufzeichnung von Opus Arte bietet eine vorbildliche Bild- und Tonqualität, die die Aufführung in all ihrer Pracht einfängt. Zusätzlich zu den Hauptinhalten enthält die Blu-ray wertvolle Extras, wie Diskussionen der Mitwirkenden zur Einführung, die einen tieferen Einblick in die künstlerischen Entscheidungen hinter der Produktion ermöglichen. Die technischen Aspekte der Aufnahme sind makellos, von der kristallklaren Audioqualität bis zur detaillierten Bildschärfe, die es den Zuschauern ermöglicht, jede Nuance der Darbietung zu genießen. Besonders hervorzuheben sind die Interviews und Hintergrundberichte, die einen faszinierenden Blick hinter die Kulissen gewähren und das Verständnis für die komplexen Prozesse der Opernproduktion vertiefen.

Die Neuinszenierung von „Rusalka“ im Royal Opera House Covent Garden ist eine eindrucksvolle Interpretation eines zeitlosen Meisterwerks. Mit einer durchdachten Inszenierung, herausragenden musikalischen Darbietungen und technischer Brillanz bietet diese Aufnahme ein packendes Opernerlebnis, das Liebhaber von Dvořáks Musik und Opernfans gleichermaßen begeistern wird. Ein gelungenes Dokument.

Dirk Schauß, im Mai 2024

Antonin Dvořák

Rusalka

Opus Arte, OABD7322D

 

 

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