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BLINDENMARKT/ Herbsttage: EINE NACHT IN VENEDIG

14.10.2023 | Operette/Musical

Herbsttage Blindenmarkt 2023: EINE NACHT IN VENEDIG, Johann Strauss

(besucht wurde die Vorstellung am Samstag, 14.10.2023)

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Foto: Lukas Beck

Intendant Michael Garschall hat seine 34. Saison der Blindenmarkter Herbsttage in der Ybbsfeldhalle mit Johann Strauss‘ 1883 in Berlin uraufgeführter Operette „Eine Nacht in Venedig“ zu einem souveränen Publikumserfolg geführt. Zwei überraschende Engagements haben zum Gelingen der doch gewagten Pläne beigetragen. Zunächst konnte sich der Wiener Buffo-Tenor Andreas Sauerzapf einen Wunsch erfüllen, in dem er den immer in Zweifel gezogenen Originaltext von Camillo Walzel und Richard Genée aus dem Uraufführungsjahr 1883 gründlich neu bearbeitete und damit auch die Dramaturgie des Meisterwerks in Richtung Tempo, Rasanz, Zeitgeist und Bewegung ankurbelte. Die Balletteinlagen sind Geschichte, der ganze Abend steht im Zeichen des Tanzes. Die Personen des Originals kann das Publikum ruhig vergessen. Gab es im Original einen Herzog von Urbino namens Guido, erleben wir dieses Mal Guido Herzog, einen Hotelbesitzer in seiner Nobelherberge „Venezia“, in der sich der Kampf ums Geld und natürlich um die „lieblichen Frauen“ abspielt. Die Senatoren des Originals mutieren zu Spekulanten, die, wenn es nötig ist, auch in Damenkostüme schlüpfen. Noch ein Beispiel gefällig? Ciboletta, die Braut des von Sauerzapf verkörpertem Makkaronikochs Pappacoda, ist Besitzerin eines Nagel-Studios. Nicht nur der Text, sondern auch die Umwelt der Hauptfiguren hat sich durch den souverän sein Konzept durchziehenden Bearbeiter Sauerzapf gravierend geändert, wobei er sich natürlich selbst als viver Darsteller präsentieren darf.

Das Umfeld der nunmehr präsenten Figuren ist fulminant und, vor allem im ersten Akt, überbordend. Der bewährte Bühnenbildner Marcus Ganser hat sich Andreas „Ivo“ Ivancsisc für spektakulöse Videoanimationen geholt, die das Tempo auf der Bühne, getragen von tänzerisch ausufernden Szenen, fördert. Neben dem Engagement des seit 2010 in der Staatsoperette Dresden engagierten Andreas Sauerzapf hat Garschall seine Choreographin Monica I. Rusu-Radman auch als Regisseurin eingesetzt. Dies im Wissen, dass alle, wirklich alle, nicht nur die professionellen Tänzer, die neu entstandene Revue-Operette „Eine Nacht in Venedig“ gemeinsam zum Erfolg führen müssen.

Das bewundernswerte Ensemble wird von Kurt Dlouhy am Pult des Kammerorchester Ybbsfeld trotz aller Turbulenzen auf der Bühne mit stoischer Ruhe und souveräner Unterstützung durch alle Turbulenzen geführt. An der Spitze stehen die beiden Tenöre des Abends: Clemens Kerschbaumer als Herr Herzog und Martin Mairinger als Caramello, bleiben beide dem Publikum an Stimmglanz und Ausstrahlung nichts schuldig. Drei bildhübsche Sängerinnen lassen an stimmlicher Bravour und glamourösen Gehabe nichts aus: Katrin Fuchs als Ciboletta, Lena Stöckelle als Annina und Larissa Winkel als Barbara. Bearbeiter Andreas Sauerzapf hat seinen Pappacoda nicht im Stich gelassen und lotet die dankbare Partie bis zur Neige aus. Die drei ehemaligen Senatoren, Delacqua, Barbaruccio und Testaccio lassen, sei es im Herren- oder im Damenkostüm, keinen Gag aus. Die präsenten Darsteller kleinerer Partien sind Lukas Karzel, Stephan Eder, Kilian Berger, Florian Machold und Alexander Weinheber. Dann kommen die Crew und Operettenstudio-Mitglieder sowie die zahlreichen Choristinnen und Choristen sowie die Mitglieder des Kinderchores der Musikmittelschule Blindenmarkt. Als Dauerbesucher der Blindenmarkter Herbsttage registrierte man auch noch nie in derartiger Dichte erlebte Pracht der von Anna-Sophie Lienbacher entworfenen Kostüme.

Website Herbsttage Blindenmarkt

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I.R.  

 

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