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BLINDENMARKT/ Herbsttage: DER GRAF VON LUXEMBURG

16.10.2022 | Operette/Musical

33.Blindenmarkter Herbsttage mit Lehár-Meisterwerk

Clemens Kerschbaumer als phänomenaler Graf von Luxemburg

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Kerstin Grotrian (Angèle Didier), Clemens Kerschbaumer (Graf René). Foto von Lukas Beck

Das Musiktheater-Nobelvokabel „OPERETTE“ prangt auf allen Plakaten und Programmheften der 33. Blindenmarkter Herbsttage, Lehárs Meisterwerk „Der Graf von Luxemburg“ lockt wie jahrzehntelang vor der Corona-Pandemie die Massen an Musikfreunden ins Mostviertel. Das am 12. November 1909 im Theater an der Wien mit dem klugen Libretto von Alfred Maria Willner und Robert Bodanzky wurde vom Wiener Operetten-Profi Wolfgang Dosch in der Ybbsfeldhalle neu bearbeitet. Dies geschah, was die Protagonisten der abwechslungsreichen Handlung betrifft, mit viel Geschick zu deren Profilierung, uferte allerdings bezüglich der mit starken Typen besetzten Nebenrollen ordentlich aus, sodass man sich einschließlich einer stark auf die Jugendarbeit hinweisenden Eröffnungsrede des Intendanten Michael Garschall und der die menschlichen Kontakte vertiefenden Pause zumindest drei Stunden gedulden musste, ehe die drei Hauptpaare zueinander fanden.

Die Operette trägt nicht zufällig den Titel „Der Graf von Luxemburg“. Dieser Adelige mit dem Vornamen René wird in Paris vom reihen Fürsten Basil Basilowitsch bestochen, die von ihm angebetete Opernsängerin Angèle Didier scheinbar zu ehelichen, um sie für den Fürsten nach erfolgter Scheidung heiratsfähig zu machen. Natürlich geht dieser Plan schief. Der Fürst bekommt nolens volens seine Langzeit-Freundin Gräfin Stasi Kokozowa, René seine heiß geliebte Angèle.

Das Besondere an der Produktion: Michael Garschall hat Clemens Kerschbaumer, der im Sommer im Rahmen der operklosterneuburg in Giovanni Puccinis „La Boheme“ einen grandiosen Rodolfo sang, nach Blindenmarkt mitgenommen, wo er den musikalisch nicht minder anspruchsvollen Part des René mit einer Inbrunst und Hingabe zelebrierte, dass jedem Freund schöner Stimmen und Melodien das Herz für den Tenor und seinen Komponisten Lehár aufging und gleichzeitig die oft von Musikfreunden verneinte Verwandtschaft zwischen dem Italiener Puccini und dem im damaligen Ungarn geborenen Wiener, Schweizer und schließlich Bad Ischler Lehár dokumentiert wurde.

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Ensemble, Crew, Operettenstudio. Foto von Lukas Beck

Trotz der Ausweitung der Handlung durch Regisseur Dosch kam durch dessen Personenführung kein Durchhänger vor. Alle, wirklich alle, spielten sich die Seele aus dem Leib. Das waren neben Kerschbaumer die attraktive Kerstin Grotrian als lyrisch perfekte Angèle, der zurzeit in Österreich lebende Meisterbariton Steven Schescharegg als hektisch agierender Fürst sowie das reife Buffopaar Peter Kratochvil als Armand und Verena Barth-Jurca als Juliette. Neben den kraftvollen Typen der Herren Georg Kusztrich, Andy Hallwaxx, Stephan Eder, Florian Machold, Michael Zallinger und Kilian Berger sei die „Königin der Nebenrollen“ erwähnt: Susanna Hirschler bietet als Dritte-Akt-Komikerin Kokozowa ein Feuerwerk an Komik und Musikalität an.

Wolfang Dosch‘ Inszenierung läuft in einem stets Themen und Farben wechselnden Einheitsbühnenbild von Marcus Ganser ab, für die abwechslungsreichen, typengerechten Kostüme sorgte Irina Hofer, für die Tanzeinlagen des Chores und der Ballett-Truppe Monica Ivona Rusu-Radman.

Der musikalische Teil ist bei dem unvergleichlichen Kurt Dlouhy, wie Garschall echter Blindenmarkter, in allerbesten Händen. Wie der Maestro mit Lehárs Gnaden die Melodien mit dem Kammerorchester Ybbsfeld aufbereitet, die Sänger über alle Klippen lotst und dann noch zwei Einlagen detailreich  präsentiert, ist große Klasse. So darf Steven Schescharegg eine Kurzfassung des Nechledil-Marsches anklingen lassen und für das Ballett steht immerhin die „Zwanzinette“ als Hit bereit.

So gab es zu später Stunde nicht enden wollende Standing ovations eines enthusiasmierten Publikums. Um die Akzeptanz der weiteren zehn Vorstellungen bei freiem Kartenverkauf braucht einem auch deshalb nicht bange sein, da bislang alle 33 Jahre mit Ausnahme kurzer Pandemie-Probleme keine Karte unverkauft blieb.

Maximilian Rogi

Website: www.herbsttage.at

 

 

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