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Bilanzen: Bundestheater-Holding einigermaßen o.k., heimische Einkaufskultur mit Fragezeichen

24.02.2022 | Themen Kultur

Bilanzen: Bundestheater-Holding einigermaßen o.k., heimische Einkaufskultur mit Fragezeichen


Holding-Chef Kircher. Foto: Michael Pöhn

„Wir schaffen Spielraum“ klingt es aus den Räumlichkeiten der Bundestheater-Holding GmbH. Chef Christian Kircher und sein großes Team – ein ruhiges, freundliches – sind bemüht, alle durch die Corona-Krise entstandenen Kratzer zu planieren. Kircher beruhigt zur Bilanzierung der Saison 2020/21: „Es ist ein Ausnahmejahr gewesen – wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen.“

Der Bundestheaterkonzern mit den drei Bundestheatern wie dem ART for ART Theaterservice werden jeweils als GmbH geführt und müssen sich wohl nicht allzu besorgt zeigen – der Staat hat für seine Vorzeigekultur finanziell zu sorgen. Die Verlustabdeckung wegen des reduzierten Spielbetriebes und der teilweisen Zuschrittsbeschränkungen hat dank coronabedingten Bundesförderungen diesmal jedenfalls für Burgtheater und Volksoper geklappt. Nicht so ganz für die Staatsoper: Ein höherer Eigendeckungsgrad hat für diese zu finanziellen Verlusten geführt. Jedenfalls wurde ab dem Kalenderjahr 2022 die Basisabgeltung für den Konzern pro Jahr um 13 Millionen Euro erhöht … die Planung für die nächsten drei Jahre scheint somit gesichert.

Die Finanzgebarungen sollten also einigermaßen stimmen. Auf österreichische Art jedenfalls. Doch wie sieht es in diesen Jahren der vielen Äderungen und einer schrumpfenden heimischen Kulturgesellschaft mit geistigen Entwicklungen, mit bodenständig gewachsenen kulturellen Angeboten aus? In Blickrichtung auf Österreichs künstlerischen Eigenbau? Immer wieder ist während der Pandemie von den verschiedensten Seiten zu hören gewesen: ‚Den Politikern ist Kultur völlig egal.‘ Es ist ein heikles Thema, welches stets übergangen, so gar nicht gern angesprochen wird: Von einer im Kulturwandel wohl schwierigen, doch zielführenden Aufbauarbeit für jüngere heimische Kulturschaffende ist nur sehr wenig zu merken. Die diversen geschäftlich-künstlerischen Entwicklungen in Österreich lassen sich sehr gut mit einer recht zynischen Frage vergleichen: Wie viele gebürtige Salzburger, Tiroler oder Niederösterreicher spielen in der ihre Konkurrenten aus Wien, Wolfsberg, Ried so völlig beherrschenden langjährigen Meistermannschaft von Red Bull Salzburg mit …. bitte? 

Fußballer wie Balletttänzer, die ähnliche Frage: Wie viele echte Wiener sind im Wiener Staatsballett zu bejubeln? Es funktioniert schon sehr gut auch ohne Wiener Blut (…. in hinterer Reihe gerade noch mit den letzten Bluttropfen). Eingebürgerte exzellente Solisten aus Russland, Italien, Japan, von anderswo sind hier die geachteten Protagonisten. Doch die beiden von Manuel Legris hochgezüchteten ‚weana‘ Jungstars sind vor der derzeitigen Leitung geflüchtet, setzen in London wie in Amsterdam ihre Karrieren fort. Und ein Blick auf die Opernszene: Wie viele der im ständig wechselnden Tausch von Sängern, Dirigenten engagierten Interpreten kommen aus dem eigenen Land? Welche sind hier aufgebaut, gefördert, eingegliedert worden? Kleines aktuelles Beispiel: Von den drei für das Opernorchester frisch verpflichteten jungen MusikerInnen ist der neue Bratscher aus Graz, für die Gruppe der 2.Violinen sind eine US-Koreanerin und ein New Yorker angestellt wordn. Beide wurden an der Juilliard School in NY ausgebildet.

Noch problematischer scheint die Obhut der Stadt Wien für die von ihr finanzierten Vereinigten Bühnen Wien oder die Festwochen zu sein. Viel städtisches Geld ist zuletzt nicht geistiger Jugendförderung, sondern den Renovierungen von Theaterbauten zugeflossen. Teils fragwürdige, nicht immer notwendige Investitionen. Nach Volkstheater, Raimund Theater ist nun das Theater an der Wien an der Reihe – zwei Jahre geschlossen, Bautätigkeiten. Heimische Nachwuchsförderung ist auf einem entlegenen Nebengeleise gelandet, Großes und Kleines wird aus dem Ausland geholt. Das ist eine Einkaufskultur. Deprimierend etwa ist der Publikumszuspruch für das frisch aufgemöbelte und angestrichene und nun echte ‚Deutsche Volkstheater‘: Eine deutsche Belegschaft, eine mit ihrem Können durchaus engagierte, hat das Volkstheater noch mehr entvölkert – viele bemühte kleine Zeitgeist-Events rund um das Haus und in den Bezirken sind zu registrieren, doch die vormals treue Gefolgschaft, die Wiener Abonnenten, die ist verloren gegangen.  

Wiener Festwochen - Leisure Time Studio - Tonstudio Wien

Wohin steuern die Festwochen?

Auch die Wiener Festwochen haben in den letzten Jahren ihr Stammpublikum total aussortiert. Interessant ist, wie es diesmal mit dem erneuten Anlauf ab 13. Mai unter Intendant Christophe Slagmuylder mit dem Publikumszulauf aussehen könnte. Die Finanzen von Bund und Stadt stehen, die Kraft der Politiker zum Servieren von Geldern ist nach wie vor gegeben. Kann es gelingen, ist man überhaupt bemüht neue Kultur in österreichischer Tradition erblühen zu lassen? Auch wenn jetzt weiterhin auf Einkaufskunst gesetzt wird, wenn mit verblüffender Dortmunder Bühnentechnik, mit „Miss Saigon“ in Kriegsgewand, übernommenen Operninszenierungen oder festwöchentlicher Kleinkunst aus Asien oder so ähnlichem auf geistige Erweiterung der zersplitterten Bevölkerung vertraut wird. Denken wir nach, ob solche Überlegungen auch stimmen könnten! Im heimischen Underground sollte schon so  manch wertvolleres für künftige Tage zu finden sein.

Meinhard Rüdenauer 

 

 

 

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