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BIG EYES

21.04.2015 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmPlakat Big Eyes~1

Ab 24. April 2015 in den österreichischen Kinos
BIG EYES
USA / 2014
Regie: Tim Burton
Mit: Amy Adams, Christoph Waltz, Danny Huston u.a.

Dass man es hier wieder einmal mit einer wahren Geschichte zu tun hat, beweist erneut, dass das Leben die unglaublichsten Drehbücher schreibt. Es gibt sie wirklich, diese amerikanische Malerin Margaret Keane, deren untrügliches Markenzeichen Kinderbilder mit extrem großen, auch meist traurigen Augen sind. Manche nennen es Kitsch (vielleicht mit einiger Berechtigung, weil man ein spekulatives Element zu fühlen meint), aber die Werke sind persönlich, unverwechselbar und hinterlassen starken Eindruck.

Das Schicksal dieser Margaret D. H. Keane, geboren 1927 und noch am Leben, ist aber nicht nur ein Stück amerikanischer Kunstgeschichte. Regisseur Tim Burton, ein – wie man hört – begeisterter Sammler ihrer Bilder, erzählt ihre schier unglaubliche Ehegeschichte, die ungemein viele Themen anschlägt.

Da geht es um die Schwierigkeiten, die sich Künstlerinnen lange in den Weg stellten (weil man ihnen einfach nichts zutraute), bis zur Künstler-Rivalität und –Eifersucht, auch (und besonders) zwischen Gatten, um gnadenloses Geschäftemachen und gewissenlose Ausbeutung… Da könnte Tim Burton mit seinem bekannt extrem-exzessiven Regiestil eine schrille Geschichte erzählen. Interessanterweise wird es eine ziemlich stille, ein „Biopic“, das sich ganz auf die Seite der Frau stellt und dieses ungewöhnliche Schicksal immer noch dramatisch genug, aber nie grell überzeichnet auf die Leinwand bringt.

Man lernt Margaret in Gestalt der blonden, 50er-Jahre gestylten Amy Adams kennen, sanft, aber doch glaubhaft in ihrem Künstlertum und ihrer Entschlossenheit, das zu malen, was sie empfindet: Die intensiven Bilder von vor allem Kindern mit riesigen Augen. Nach der Scheidung von ihrem ersten Mann ist sie allein erziehende Mutter einer Tochter, die versucht, ihre Bilder im Straßenverkauf anzubringen… und sie natürlich viel zu billig hergibt.

Big Eyes szene xx

Nebenan steht ein Mann, der sich auch „Künstler“ nennt, mit Straßenszenen aus Paris, die er zugleich mit seiner ergreifenden Geschichte, wie er dort gehungert hat, um sich als Maler durchzubringen, verkauft: Dieser Walter Keane ist eine interessante Rolle für Christoph Waltz, weil er unter dem verbindlichen Lächeln des Charmeurs die Härte des kalkulierenden Geschäftsmannes fühlbar macht, immer ein irritierendes Quentchen Falschheit in allem, was er tut. Allerdings war es keine Rolle, wo Waltz trotz Nominierungen einen der großen amerikanischen Filmpreise hätte heimtragen können – Tim Burton war in diesem Fall nicht Quentin Tarantino für ihn!

Dass die Geschichte so nach Schema F verläuft, zeigt eigentlich nur, dass Drehbücher, auch schlechte, oft wirklich das Leben imitieren: Walter hilft Margaret beim Verkaufen, er heiratet sie (nicht ohne Hintergedanken, denn wenn er selbst auch gar nichts kann als Kalenderbilder als seine Gemälde ausgeben, so erkennt er doch Talent), und als man ihn irrtümlich für den Schöpfer der „Big Eyes“-Bilder hält, widerspricht er nicht. Geschickt brachte er sich zu Ruhm und Vermögen.

Dass Margaret zu sehr Künstlerin war, um auf die Dauer diese Lüge mitzumachen, dass sie ihren eigenen Ruhm beanspruchte, dass der Gatte hier auf Kosten seiner Frau Millionen ergaunert hatte, hat dann zu Scheidung und einem Prozeß geführt, der in einer wunderbaren „Wettmalen“-Szene vor Gericht ausging – und kein Zweifel mehr bestand, wer die „großen Augen“ geschaffen hatte.

Das ist schön-solides Kino, prächtig gespielt von den Hauptdarstellern, und immerhin eine wahre Geschichte. Die Einblicke in den Kunstmarkt sind nicht neu, bestätigen, was man weiß. Ermutigend ist es nicht. Aber Margaret D. H. Keane hat zumindest bewiesen – ein wahrer Künstler geht nicht unter und lässt sich nicht unterkriegen. So ist es. Ist es so? Hoffentlich.

Renate Wagner

 

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