STILVOLLE ITALIENISCHE REISE
Das Franz Liszt Kammerorchester gastierte im Kronenzentrum/BIETIGHEIM-BISSINGEN am 25.11.2014
Unter dem vielsagenden Motto „Tromba Veneziana“ musizierte das 1963 gegründete ungarische Franz Liszt Kammerorchester unter der inspirierend-impulsiven Leitung von Peter Tfirst zusammen mit dem exzellenten Trompeter Gabor Boldoczki Werke von sechs Komponisten – überwiegend Barockmeistern. Gleich zu Beginn gefiel die atemlos-rasante Wiedergabe von Arcangelo Corellis Concerto grosso in D-Dur op. 6 Nr. 4, wo der einfühlsame Dirigent die thematischen Verzahnungen facettenreich offenlegte. Das mehrchörige Musizieren wurde hier in besonders eindringlicher Weise betont. Mit fein vibrierendem Bogenstrich ließen die Streicher des Franz Liszt Kammerorchesters das klassische Schönheitsideal der barocken italienischen Musik aufblühen. So entstanden Formen großartiger Regelmäßigkeit und schwereloser Statik. Auch der sphärenhafte Charakter kam dabei nicht zu kurz. Corellis überaus kunstvolle Vemittlung von Sonata da camera und Sonata da chiesa blitzte reizvoll hervor. Auch die Verbindung von konzertanter Freiheit mit strenger Satz- und Formkunst verblüffte das Publikum. Der energische Aufgang der präludienhaften Skalen gewann eine immer größere spieltechnische Intensität. Und der disziplinierte Erfindungsreichtum dieses Komponisten besaß bei der dezenten Wiedergabe eine starke dynamische Kraft. Hervorragend wurde das harmonische Gleichgewicht zwischen Form und Ausdruck herausgearbeitet. Gabor Boldoczki (Trompete) war dann der versierte Solist bei Antonio Vivaldis Konzert für Trompete, Violine, Streicher und Basso continuo in B-Dur op. 12 Nr. 16 RV 548 sowie dem Konzert für Trompete, Streicher und Basso continuo in D-Dur op. 3 Nr. 9 RV 230, wobei die konzertanten Momente hier in reizvoller Weise hervorstachen. Al-fresco-Wirkungen, festliche Klangpracht, edle Tonsprache und vollendete formale Ausgeglichenheit sowie eine vorzügliche klangliche Balance beeindruckten dabei die Zuhörer. Das virtuos-spielerische Musizieren führte dabei zu einem harmonisch beglückenden Höhepunkt mit zahlreichen glasklaren Spitzentönen. Markant wirkten ebenso die kernigen Unisono-Einsätze der Streicher. Sehr transparent und durchsichtig musizierte das exzellente Franz Liszt Kammerorchester dann Introduzione, Aria, Presto für Streicher in a-Moll von Benedetto Marcello – wobei die Komposition bei dieser Wiedergabe erstaunlich modern klang. Marcello wurde übrigens berühmt wegen seiner bissigen Satire auf die modischen Abstrusitäten der Belcanto-Oper. Viel von diesem ironischen und venezianischen Stil war auch bei der ausgefeilt-konzentrierten Wiedergabe durch das Franz Liszt Kammerorchester herauszuhören. Der energiegeladene Presto-Auftakt verbreitete unter der temperamentvollen Leitung von Peter Tfirst eine geradezu elektrisierende Wirkungskraft. Mit sphärenhafter Eleganz präsentierte das Franz Liszt Kammerorchester Ottorino Respighis Antiche Danze e Arie (Suite Nr. 3) für Streichorchester, wobei die Sätze Siciliana und Passacaglia besonders eindringlich gespielt wurden. Impressionistische Effekte und ein untrüglicher melodischer Instinkt behaupteten sich imponierend. Die gelungene Vereinigung melodisch-thematischen Gehalts mit dem glanzvoll-schillernden Gewand der raffinierten Orchestertechnik zeichnete diese Wiedergabe aus. Insbesondere der Dur-Mittelteil des zweiten Satzes mit seinen Tempo-, Takt- und Charakterwechseln besaß großen Ausdrucksreichtum. Und auch die Martellato-Passagen stachen hervor. Ausgezeichnet war auch die subtile Wiedergabe der Sonate für Streicher Nr. 1 in G-Dur von Gioachino Rossini, der als „Schwan von Pesaro“ weltberühmt wurde. Das übermütige Schluss-Rondo erinnerte stark an Mozart. Neben naiv pastoraler Melodik überzeugten hier auch die langgestreckten und spannungsreichen Crescendo-Steigerungen. Zum Abschluss gefiel dem Publikum bei diesem Barock-Konzert noch Giuseppe Torellis Konzert für Trompete, Streicher und Basso continuo in D-Dur, wo Gabor Boldoczkis Trompetenspiel die Zuhörer ungemein fesselte. Die durchgebildete Spezialform des Concerto grosso strahlte bei dieser Interpretation hell auf. Vor allem die virtuos-solistischen Effekte steigerten sich in atemberaubender Rasanz und Brillanz. Als Zugaben waren noch ein schwungvolles Vivace von Telemann und ein Vivaldi-Stück zu hören. So ging diese aparte italienische Reise stimmungsvoll zu Ende.
Alexander Walther