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BIETIGHEIM-BISSINGEN/Kleinkunstkeller: Holger Plaetz- „FÜRCHTET EUCH NICHT“. Kabarett

10.02.2024 | Theater

Kabarett mit Holger Paetz am 9. Februar im Kleinkunstkeller/BIETIGHEIM-BISSINGEN (9.2.2024)

Missbrauch auch bei den Protestanten

 

Diese Buß- und Fastenpredigt von Pater Holger Paetz hatte es in sich. Der Zorn des Herrn ließ allerdings auf sich warten. Von Februar bis Ostern lehrte er seine Gemeinde das Fürchten. „Trennt euch vom Gelde, gebt es dem Prediger“, lautete das Motto. Er wertete es als bedeutsames Zeichen, dass die Inflation und Putin über die Menschen gekommen sei. Außerdem parodierte Paetz Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, den er als verhinderten Kirchentagspräsidenten bezeichnete. Auch der inzwischen verstorbene Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer fand als „das Geschenk Gottes an die Welt“ Erwähnung. Selbst der Überfall der Hamas auf Israel wurde thematisiert. Die Pappnasen und Sich-selbst-Erhöher wurden rhetorisch geschickt abserviert. Das Südenregister des fränkischen Tollpatschs entpuppte sich als gewaltige Hypothek. Man erfuhr auch, dass die Palästinenser die Welt von den Juden und den Schwulen erlösen wollten. Holger Paetz spielte immer wieder virtuos mit dem Entsetzen – und er sprach „seine Gemeinde“  ganz direkt an. Selbst Greta Thunberg wurde wegen ihrer Israel-Kritik heftig kritisiert: „Kein Wort zu den  vergewaltigten Frauen!“ Und es gab einen Seitenhieb auf die Klima-Kleber. „Habt Mitleid mit der CSU!“ forderte Paetz weiter. „Wo ist Scholz? Bei der Kanzler-Freizeit?“ fuhr Paetz schnippisch fort. Wenn das Geld fehle, schlüpfe es ins Steuerschlupfloch. Dabei erwähnte er auch den Millionenbetrug von Frau Tandler mit Corona-Masken. Den Bayern wurde dabei richtig aufs Maul geschaut. Und ein Sternschnuppen-Engel sei vom Herrgott beim Rauchen erwischt worden. Überhaupt wäre die Bahn schuld am Klima. Die FDP sei allerdings nicht schuld am Klima. „Corona war fürs Klima eine Sensation“, so Paetz. Mehr Nachwuchs wolle auch die CSU. Sarah Wagenknecht und Alice  Weidel wurden auf die Schippe genommen. Da fungierte „SED“ als „Sarahs ehrliches Bündnis“. Und Paetz brachte sogar das Team Weidel/Wagenknecht ins Spiel. Mit der AfD gelinge dann ein echter „Weidel-Wagenknecht-Wumms“. Wenn man dem gesunden Menschenverstand aufs Maul schauen wolle, solle man zu Aiwanger ins Bierzelt gehen. Da könne man das gesunde  Volksempfinden erleben. Ministerpräsident Kretschmann sei genervt vom „Gendern“. Man habe sich in CSU-Manier „rausgemauntet“. Laut Ministerpräsident Markus Söder habe Deutschland zurzeit die schlechteste Bundesregierung, die sie jemals hatte: „Schuld hat nur diese Ampel!“ Scholz sei weg. „Glücklich ist, wer vergisst, dass er zuständig ist“, reimte Paetz sarkastisch. Und Söder behaupte immer, dass die Grünen nicht zu Bayern passen würden. Söder sei eben eine tragische Figur. Auch der Lehrermangel sei in Bayern nicht lösbar: „Deppen sind erwünscht“. Grünen-Hass sei aber Zukunftsangst. Hubert Aiwanger habe einen Super-Job, sei als Wirtschaftsminister ein Total-Ausfall, spiele den Kasper und wäre ein „steuergeldgesponserter Dauer-Hupfer“. Er lüge sich regelrecht durch die Bierzelte. Dann kam noch Prälat Schwanzki zu Wort, der sich über ein „monströses Gesäß“ mokierte. Wer eine Soutane trage, könne sich  Ausfälle erlauben. Jetzt breche der Missbrauch auch über die Protestanten herein! Und Goethe habe den „Erlkönig“ doch nur auf Hessisch gesprochen. Die FDP profitiere als einzige Partei von der Ampel. Über Karl Lauterbach spottete Paetz: „Wenn der seinen Ausweis wegwirft, bekommt er fünfzehn Jahre Pension ausbezahlt“. Wolfgang Kubicki verteidigte seine FDP: „Mitnichten kann Deutschland auf uns verzichteln, wir haben mitzuwichteln“. Es sei wichtig, „wenn der Fortschritt weht, wenn es FDPeht!“ Fritz Merz sei doch ein  Mann, der Flugzeug fliegen kann. Da wirke Ministerpräsident Söder mit seinem Trachtenhut geradezu armselig. Zuletzt ließ Pater Paetz die Gemeinde bekennen, dass Florian Silbereisen wohl auf dem „Traumschiff“ weitermache  und es nicht sicher wäre, ob Thomas Gottschalk wirklich Schluss mache. „Liebe Gemeinde, fürchtet euch vor der Furcht!“ Zum Abschluss las Holger Paetz noch einige seiner launigen Gedichte: „Manche fühlen sich mit zwanzig ranzig…“ Ovationen, frenetischer Applaus. Ein passendes Faschingsprogramm, das auch sprachlich überzeugte. Hinzu kam fulminantes Orgelspiel.

 

Alexander Walther

 

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