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BIEL/ Solothurn/Theater MAZEPPA . Premiere

27.02.2022 | Oper international

Piotr Iljitsch Tschaikowski: Mazeppa • Theater Orchester Biel Solothurn • Stadttheater Biel • Premiere: 25.02.2022

Ein Abend, den man so schnell nicht vergessen wird

Manchmal fehlen die Worte und stärker als Worte sind manchmal Bilder. So war an diesem besonderen Abend das Stadttheater Biel in den ukrainischen Nationalfarben, dem Blau des Himmels über dem Gelb der Kornfelder, beleuchtet. Besonders war der Abend, denn im Sinfonieorchester Biel Solothurn spielen mehrere Musiker aus der Ukraine und Premiere hatte nicht irgendeine Oper, sondern «Mazeppa» (Orchesterbearbeitung Francis Griffin) Tschaikowskys Vertonung von Puschkins Drama «Poltawa» über den ukrainischen Nationalhelden Iwan Mazeppa, der vor über 300 Jahren versuchte, die Ukraine von der russischen Besatzung zu befreien.

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Foto © Jan Krobot

«Mazeppa» (1884) ist die mittlere der drei Puschkin-Vertonungen Tschaikowskys und deutlich seltener gespielt als «Eugen Onegin» (1879) oder «Pique Dame» (1890). Tschaikowsky wurde im Frühjahr 1881 darauf aufmerksam, dass Karl Davydow, Komponist und Direktor des St. Petersburger Konservatoriums, im Besitz eines auf Puschkins «Poltawa» basierenden Librettos von Viktor Burenin war. Da er wusste, dass Davydow kaum Zeit haben würde zu komponieren, bat er ihn – erfolgreich – ihm das Libretto zu überlassen. Tschaikowsky begann sofort mit der Komposition, musste aber rasch feststellen, dass das Libretto doch nicht ganz so ideal wie gedacht war. Nachdem er es selbst überarbeitet und mit den Originaldialogen Puschkins ergänzt hatte, stellte sich dann, wie er an Nadeschda von Meck schrieb, ein herzlicheres Verhältnis zu den handelnden Personen ein und er konnte die Partitur, die dann nach den ersten Aufführungen in Moskau und St. Petersburg ihre endgültige Gestalt erhielt, abschliessen.

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Foto © Suzanne Schwiertz

Regie führt der Hausherr, Intendant Dieter Kaegi, und folgt dabei eng dem Libretto und gibt seinem Tschaikowski, was dieser braucht: viel Stimmung, die die Handlung trägt. Dirk Hofacker (Bühnenbild und Kostüme) hat dazu eine Terrasse mit Sicht auf einen Fluss und ein Dorf mit orthodoxer Kirche geschaffen. Von Birken gerahmt begleitet dieses Bild durch den Abend. Vor diesem Hintergrund arbeitet Kaegi heraus, was Tschaikowski am Libretto von «Mazeppa» wirklich fasziniert haben dürfte: die jegliche gesellschaftliche Konventionen sprengende Liebe der jungen Bauerstochter Maria zum Heerführer Mazeppa, die dann von dessen Machtambitionen zermalmt wird. Die Kollision persönlicher Wünsche mit gesellschaftlichen Zwängen kennt er aus leidvoller, eigener Erfahrung. Die Lichtgestaltung, die die Zerstörungen im dritten Akt herausarbeitet, hat Mario Bösemann besorgt. Mit dem Wissen, dass das Gezeigte in gut zwei Flugstunden Entfernung Realität ist, wirken die Bilder schmerzhaft beklemmend.

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Foto © Suzanne Schwiertz

Für «Mazeppa» konnte das TOBS ein hochkarätiges, mit einer Ausnahme aus Muttersprachlern bestehendes Ensemble engagieren. Aleksei Isaev gibt den Mazeppa mit kräftigem, farbenreichem Bariton. Askar Abdrazakov singt den Kotschubej mit prächtigem Bass, Jordanka Milkova gibt seine Gattin Ljubov. Eugenia Dushina als ihrer Tochter Maria gebührt die Krone des Abends. Mit grosser Bühnenpräsenz und flexiblem Sopran, der sowohl dramatisch auftrumpfen wie lyrisch schmachten kann, deckt sie alle Facetten der Figur ab. Igor Morozov gelingt es trotz höchst versiertem Einsatz seines wohlklingenden Tenors nicht, Maria für sich zu gewinnen. Javid Samadov als Orlik, Konstantin Nazlamov als Iskra und Xuenan Liu ergänzen das Ensemble.

Das Sinfonieorchester Biel Solothurn unter der musikalischen Leitung von Yannis Pouspourikas bringt Tschaikowskys grosse Partitur ganz wunderbar zum Klingen. Mit grosser Spielfreude bietet das SOBS Tschaikowski vom Allerfeinsten. Dementsprechend ist in dem intimen Bieler Haus grosse Oper besonders intensiv zu erleben.

Ein Abend, den man so schnell nicht vergessen wird.

Aufführungsdaten Biel:

Di., 01.03.2022, 19:30; So., 06.03.2022, 17:00; Fr., 11.03.2022, 19:30; So., 13.03.2022, 19:00;
Di., 22.03.2022, 19:30; Mi., 30.03.2022, 19:30; Fr., 01.04.2022, 19:30; Do., 05.05.2022, 19:30;
So., 29.05.2022, 17:00.

Aufführungsdaten Solothurn:

Mi., 16.03.2022, 19:30; Mi., 20.04.2022, 19:30; Fr., 22.04.2022, 19:30; Do., 19.05.2022, 19:30;
Sa., 21.05.2022, 19:00.

Auswärtige Vorstellungen:

Sa., 19.03.2022, 19:30, Kurtheater Baden;

Do., 24.03.2022, 19:30, Casino Theater Burgdorf.

27.02.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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