Giacomo Puccini: Madama Butterfly, Konzert Theater Bern, Premiere: 19.01.2020
Musikalisch top, szenisch flop
Das Berner Symphonieorchester spielt unter Leitung von Peter Halász einen hervorragenden Puccini. Es gelingt aufs Beste, den von Halász im Programmheft dargelegten Kontrast zwischen kammermusikalischen Passagen (wie für La Bohème charakteristisch) und grosser Orchestrierung (wie bei Manon Lescaut) herauszuarbeiten. Der satte, farbige Klang ist bester Puccini, leidenschaftlich, und Halász lässt dabei den Sängern immer genügend Raum.
Foto: Janosch Abel
Lana Kos kann mit ihrer engagierten, leidenschaftlichen Darstellung der Butterfly beim Publikum einen grossen Erfolg feiern. An diesem Abend neigt die Stimme dazu, sich in den Höhen zu verengen und teils unangenehm scharf zu werden. Xavier Moreno singt mit viel Schmelz in seinem prachtvollen Tenor einen herrlich grossspurigen Pinkerton ohne aber je zu dröhnen. Todd Boyce brilliert mit seinem noblen Bariton als Konsul Sharpless. Andries Cloete gibt dem Goro mit seinem hellen Tenor selten gehörtes Profil. Eleonora Vacchi gibt eine recht praktisch veranlagte, zugreifende Suzuki. Als Standesbeamter führt David Park Butterfly und Pinkerton gut vernehmbar in den Stand der Ehe. Giacomo Patti und Philipp Mayer ergänzen das Ensemble als Prinz Yamadori und Onkel Bonzo.
Der Summchor und auch die anderen Auftritte gelingen dem Chor Konzert Theater Bern unter Leitung von Zsolt Czetener bestens. Musikalisch bleiben also kaum Wünsche offen.
Foto: Janosch Abel
Szenisch vermag der Abend leider nicht wirklich zu überzeugen. Für den ersten Akt hat Nigel Lowery (Regie & Ausstattung) historisierendes Bühnenbild mit Pinkertons Häuschen entworfen. Der zweite und dritte Akt spielen dann in der Gegenwart, in der aus dem schlichten Häuschen eine Stadtwohnung mit Dachterrasse und Blick auf den Hafen geworden ist. Lowery gelingt es nicht, wie im Programmheft behauptet, umzusetzen, dass «Madama Butterfly» primär eine Liebesgeschichte ist und dies die politische und gesellschaftliche Note überwiegen soll. Der Zusammenstoss der Kulturen, Gesellschaften, Mentalitäten ist hier nur in der Musik erfahrbar. Es bringt wenig, Pinkertons Uniform und Butterflys Kimono wegzulassen und dann aber die beiden dann als Westernheld mit Colt und Patronen im Gürtel und bei «Vom Winde verweht» entliehenem Reifenkleid auftreten zu lassen. Die Choristen, eben noch in asiatisch angehauchten Phantasie-Kostümen, treten dann als Karikatur der Gründerväter auf. Dominiert hier die Liebesgeschichte? Der zeitliche Bruch, die Idee den zweiten und dritten Akt in eine Quasi-Gegenwart zu verlegen, lässt sich nicht nachvollziehen. Es verwundert dann kaum noch einen Zuschauer, dass Pinkertons Sohn als Cowboy kostümiert ist.
Die Liebesgeschichte bleibt szenisch klar im Hintergrund, eher noch verborgen. Der «Clash of cultures» ist wenig nachvollziehbar mit arg klischeehaften Bildern angedeutet.
Vielmehr als eine Bebilderung wurde auf der szenischen Seite nicht geleistet.
Weitere Aufführungen:
Mi, 22. Januar 2020, 19:30 – 22:10; So, 26. Januar 2020, 18:00 – 20:40; Mi, 29. Januar 2020, 19:30 – 22:10; Fr, 31. Januar 2020, 19:30 – 22:10; So, 16. Februar 2020, 18:00 – 20:40; Fr, 21. Februar 2020, 19:30 – 22:10; So, 23. Februar 2020, 18:00 – 20:40; So, 01. März 2020, 16:00 – 18:40; Sa, 14. März 2020, 19:30 – 22:10; Do, 19. März 2020, 19:30 – 22:10; Di, 21. April 2020, 19:30 – 22:10; Fr, 22. Mai 2020, 19:30 – 22:10; So, 07. Juni 2020, 18:00 – 20:40; Sa, 20. Juni 2020, 19:30 – 22:10.
19.01.2020, Jan Krobot/Zürich