Giacomo Puccini: Madama Butterfly, Konzert Theater Bern, Vorstellung: 31.01.2020
(5. Vorstellung seit der Premiere am 19.01.2020)
Abraham Lincoln in Nagasaki
Das Berner Symphonieorchester beeindruckt auch beim Wiederhören mit seiner satten, saftigen Wiedergabe von Puccinis Meisterwerk. Zum Problem des Abends wird werden, dass Dirigent Peter Halász ignoriert, dass das Haus nicht voll besetzt ist, die Lautstärke also nicht anpasst. So wirkt das Orchester im Forte deutlich zu laut und die Solisten werden gnadenlos zugedeckt. Gerade von einem Opern-Dirigenten sollte doch zu erwarten sein, dass er sich dieser Problematik bewusst und fähig darauf zu reagieren ist.
Foto: Janosch Abel
Lana Kos hat mit ihrer kühlen, divenhaften Interpretation der Cho-Cho-San beim Publikum weiter grossen Erfolg. Ihrer Interpretation fehlt aber das Fragile, Schüchterne, das zur Butterfly eben auch dazu gehört (und sie zum Beispiel von Tosca unterscheidet). Ihre Stimme strömt deutlich freier als Am Premierenabend und neigt entsprechend weniger zu Schärfen. Xavier Moreno legt den Pinkerton weiterhin an, als sei es eine Besteigung des Mount Everest. Vor lauter Kraftanstrengung seines metallischen, durchaus klangschönen Tenors bleiben keine Reserven für die Feingestaltung. Seine grossen Momente verschenkt er allesamt. Todd Boyce ist eine der Lichtblicke und vermag dem von der Regie als Abraham Lincoln-Double angelegten Sharpless Charakter zu geben. Er lässt seinen Bariton frei strömen und zeigt, dass es auch ohne Hochdruck geht. Zweiter Lichtblick ist Andries Cloete als Goro. Von der Regie als Clown angelegt, vermag er der Rolle soviel Profil zu geben, dass die Albernheiten nicht übermässig ins Gewicht fallen. Eleonora Vacchi gibt eine musikalisch tadellose Suzuki. Schauspielerisch wirkt sie über weite Strecken reichlich unbeteiligt. Réka Szabó, Giacomo Patti, Philipp Mayer und David Park ergänzen das Ensemble als Kate Pinkerton, Prinz Yamadori, Onkel Bonzo und Kaiserlicher Kommissar/Standesbeamter.
Foto: Janosch Abel
Die Gedanken von Regisseur Nigel Lowery sind auch beim Wiedersehen nur schwer zu erschliessen. Die grossen Themen, wie die Öffnung Japans gegenüber dem Westen sind bildhaft umgesetzt, aber nicht weiter vertieft. Der Schornstein des amerikanischen Dampfschiffs, der durch den Holzboden gestossen ist, wird genauso wenig weiter entwickelt, wie der wirtschaftliche Fortschritt zwischen erstem Akt und zweitem und drittem Akt. Es ist selbst für solche Zeiten fraglich, ob sich eine Stadt wie Nagasaki in so kurzer Zeit, in den drei Jahren, in denen Butterfly auf ihren Gatten wartet, zu 100% verändert hat. Die Skyline der Stadt, etwas Kapitalismus-Kritik muss sein, ist natürlich schwarz. Und als dem Wohlstand verfallene Amerikanerin, hat es Butterfly natürlich nicht mehr nötig, die Blumenkästen ihrer Dachterrasse zu giessen.
In der Pause zwischen zweitem und drittem Akt möchte der Regisseur dem Publikum ein alternatives Ende der Geschichte aufzeigen und bedient sich dazu einer Pantomime nach asiatischen Vorbildern. Eine Deutung des Geschehens könnte sein, dass Goro alle Beteiligten umbringt. Könnte, denn es lässt aus der Geschichte kaum motivieren. Könnte auch, da hier die Aussage durch die optische Erscheinung überfahren wird.
Die Bühne ist nett anzuschauen, mehr aber auch nicht.
Weitere Aufführungen:
So, 16. Februar 2020, 18:00 – 20:40; Fr, 21. Februar 2020, 19:30 – 22:10; So, 23. Februar 2020, 18:00 – 20:40; So, 01. März 2020, 16:00 – 18:40; Sa, 14. März 2020, 19:30 – 22:10; Do, 19. März 2020, 19:30 – 22:10; Di, 21. April 2020, 19:30 – 22:10; Fr, 22. Mai 2020, 19:30 – 22:10; So, 07. Juni 2020, 18:00 – 20:40; Sa, 20. Juni 2020, 19:30 – 22:10.
02.02.2020, Jan Krobot/Zürich