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BERN/ Konzert-Theater: LOTARIO von Händel in Koproduktion mit den Göttinger Festspielen

06.03.2019 | Oper


Foto: Christian Kleiner

Händels Oper Lotario am 5. März 2019 im Konzert Theater Bern (eine Koproduktion der Göttinger Festspiele aus dem Jahre 2017).

Die Kammeroper Lotario (wo kein Chor und keine Statisten vorgesehen sind) wurde am 2. Dezember 1729 im King’s Theatre am Haymarket uraufgeführt. Zu Lebzeiten Händels gab es keine Wiederaufnahmen mehr, hingegen verwendete er in seinen zahlreichen anderen Opern viele Arien aus diesem Werk. Fleissig war er der Händel, denn er komponierte rund 45 Opern, von denen einige grosse Erfolge geniessen konnte.

Geschichtlicher Hintergrund der Handlung sind der Streit um die italienische Krone zwischen Otto I. (912–973) und Berengar von Ivrea, Ottos Sieg und seine Hochzeit mit der italienischen Königin Adelaide im Jahre 951.

Handlung

In Pavia regiert Adelaide und ihr Mann. Berangario will die Stadt Pavia einnehmen und vergiftet Adelaides Mann. Lotario der deutsche König liebt Adelaide und eilt ihr zu Hilfe aber stösst bei ihr nicht auf die erhoffte Gegenliebe. Adelaide selber liebt Idelberto, der Sohn von Berengario und Matilde. Die beiden hoffen, dass mit dieser Verbindung sie sich die Herrschaft in Pavia sichern können. Am Ende siegt Lotario und somit Adelaide, sie will Lotario ihr Ja-Wort geben und gewinnt dadurch ihr Reich zurück und schenkt die Herrschaft Idelberto.

Die Handlung ist verstrickt und etwas kompliziert, diejenigen die sich lieben finden nicht zueinander oder eher, die Liebe stösst nicht auf Gegenliebe. Ist dies vielleicht der Grund weshalb dieses Werk nicht wirklich in die Gänge kommt und nicht wirklich berühmt geworden ist? An der Musik kann es nicht liegen, denn die ist eingängig und hat zum Teil hervorragend schöne Arien zu bieten. Erfahrungsgemäss haben es komplexe Handlungen nicht einfach auf der Opernbühne zu überleben, sei es, die Musik überzeugt dermassen, dass man deswegen immer wieder hingehen möchte. Dies kennen wir von Verdis Opern, schwer verständliche Handlungen aber mit wunderbarer Musik. Lotario verfügt zwar über schöne Arien, konnte den Weg ins Repertoire aber nie finden.

Regie und Bühnenbild

Das glänzende Regieteam um den venezolanischen Regisseur Carlos Wagner (Bühne; Rifail Ajdarpasic, Kostüme; Ariane Isabell Unfried) verlegt die kriegerischen Auseinandersetzungen um Pavia in einen Innenraum, die mit Bildern aus der griechischen Mythologie versehen sind. So ragt hinten an der Wand das grosse Bild des Trojanischen Krieges. Vor den kriegsmotivierten Bildern sind Holzgerüste aufgebaut, die den Solisten zum einen die Möglichkeit geben, auf zwei Ebenen zu spielen, und an denen zum anderen die Gefangenen in den Kerkerszenen angebunden werden. Die Regie ist spannend bis zum Schluss und gespickt von dramatischen Szenen. Es tut sich was auf der Bühne, sei es, wenn Matilde gegen ihre Rivalinnen keift wie eine Tigerin oder, wenn Lotario seine Angebetete Adelaide immerwährend vortanzt um ihr zu beweisen wie sehr er sie begehrt. Sehr oft wird mit einem grossen Vorhang gespielt, bei der eine Szene zugedeckt wird um dann wieder zurückgeschoben zu werden, mit dem Ziel eine neue Szene aufleben zu lassen. Der Giftmord an Adelaides Mann ist der Auftakt einer komplexen und zugleich spannenden Aufführung, der man ohne in eine Langweile zu geraten gerne bis zum Schluss beiwohnt. Dies hat vielleicht auch damit zu tun, dass im Gegensatz zu den Festspielen in Göttingen in Bern eine gestrichene Version gezeigt wurde, von vier Stunden auf zwei Stunden vierzig und eine Pause statt zwei Pausen.

Glänzende Ensembleleistung

Die Intrigantin Matilde (die Ortrud dieser Aufführung) wurde glänzend besetzt mit der grandiosen und stimmlich souveränen Ursula Hesse von den Steinen. Ihr manipulierbarer Mann Berengario, solide interpretiert durch Andries Cloete, geben der Aufführung den nötigen pepp und Spannung. Mit dem verletzlichen Müttersöhnchen der immer in weiss gekleidet ist wie ein Engel, beweist sich der Koreaner Kangmin Justin Kim als sensibler und stimmschöner Idelberto. Die graue Eminenz im edlen schwarzbestickten Priestergewand Clodomiro präsentiert sich ein überlegener Todd Boyce mit kerniger Stimme und toller schauspielerischer Leistung.

Die Schweizerin Marie Lys als Adelaide beweist ihr grosses Können als dramatischer Koloratursopran und interpretiert eine stimmsichere Hauptdarstellerin, die Glaubwürdig ihre Rolle hervorbringt. Die junge Mezzosopranistin Sophie Rennert als Hosenrollen-Lotario mit wunderbar geschmeidiger Stimme ist voller Inspiration und Rollentreue dabei.

Das Berner Symphonie Orchester spielen teils auf alten Instrumenten. Der gefragte britische Dirigent und Cembalist Christian Curnyn hat sich spezialisiert auf das barocke Opernrepertoire. Und das hört man sehr schön, denn er vermittelt rhythmische Spannung und Eleganz der Phrasierung, vor allem bei den Streichern. Souverän führt er das hervorragend gut vorbereite Orchester und bringt es auf ein hohes Niveau.

Marcel Burkhardt

 

 

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