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BERN/ Bühnen: SIEGFRIED von Richard Wagner.  «Wer scheucht den Schlummer mir?»

29.04.2024 | Oper international

Richard Wagner: Siegfried • Bühnen Bern • Vorstellung: 28.04.2024

(3. Vorstellung • Premiere am 14.04.2024)

 «Wer scheucht den Schlummer mir

Das Schmieden der Schweizer Ringe schreitet voran. Basel hat (in einer Saison!) zwei Abende geschafft, Zürich steht kurz davor zwei Zyklen zu zeigen (und den Zweiten zu streamen) und Bern hat nun drei Abende fertig. X Die Pluspunkte des Abends sind das Berner Symphonieorchester unter musikalischer Leitung von Chefdirigent der Oper und Co-Operndirektor Nicholas Carter und die Riege der jungen, beeindruckenden Solisten.

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Foto ©Rob Lewis

Chefdirigent Nicholas Carter führt das Berner Symphonieorchester zu neuen Höhen. Carter erweist sich an diesem Abend sowohl als sensibler Sängerbegleiter wie auch als erfahrener Orchesterführer. Mit einer Idee weniger Phon käme das noch deutlich besser zur Geltung. Das Orchester zeigt sich in allen Lagen bestens disponiert und folgt seinem Chef klangschön und hochkonzentriert. Olivier Darbellay spielt die Hornrufe auf der Bühne.

Jonathan Stoughton gibt den Siegfried mit herrlich frei strömendem Heldentenor und guter Bühnenpräsenz. Vom zweiten Aufzug an verbessert sich die Textverständlichkeit deutlich. Thomas Ebenstein gibt dem Mime mit kraftstrotzendem, im Vergleich zu Stoughton etwas dunklerem Tenor mit tadelloser heldischer Attacke. Claudio Otellis souverän geführter, eleganter Bariton gibt dem Wanderer und Göttervater die natürliche Autorität. Zoltan Nagy gibt mit der angebrachten Hintertriebenheit einen höchst präsenten Alberich. Matheus França kann mit seinem herrlich gepflegten Bass als Fafner einen weiteren Erfolg verbuchen. Kristallklar erklang Patricia Westleys Sopran als Stimme eines Waldvogels. Die Überraschung des Abends ist die Altistin Freya Apffelstaedt in der Rolle der Erda. Ihre Stimme mit voluminöser, runder Mittellage und satten, vollen Tiefen ist für die Göttermutter ideal. Gelingt es ihr die Tiefen noch mit etwas mehr «Glanz» zu versehen, wird sie in diesem Fach weitere Erfolge verbuchen können. Die schweizerisch-französische Sopranistin Stéphanie Müller ist mit ihrem Wagner-gestählten dramatischem Sopran und beeindruckender Bühnenpräsenz nahezu eine Idealbesetzung der Brünnhilde.

«Wer scheucht den Schlummer mir?» fragt Erda zu Beginn des dritten Aufzugs, als der Wanderer sie weckt. «Wer scheucht den Schlummer mir?» fragt sich der Zuschauer der Berner Inszenierung (Regie: Ewelina Marciniak) angesichts des übertriebenen und dadurch rasch ermüdenden Einsatzes der Tänzer (Choreographie: Dominika Knapik). Tänzer werden mittlerweile inflationär eingesetzt: Tanz muss sein und wenn er noch so an den Haaren herbeigezogen ist. Die Tänzer sind quasi permanent und so dominant auf der Bühne, dass entscheidende Momente weitgehend verschenkt werden und die Szene den Zuschauer nur ermüdet. Die Psychologisierung der Handlung rund um das Thema weibliche Selbstbehauptung in männlichem Umfeld tut ihr übriges dazu. Mirek Kaczmarek kreierte für den ersten Aufzug eine Küche, für den zweiten einen Salatkopf und für den dritten einen hängenden Brünnhilde-Felsen. Die Kostüme von Julia Kornacka sind kaum mehr als ein Potpourri populärer «Party-Outfits». Zur szenischen Komponente des Abends bleibt zu sagen: Was für ein Salat!

Musikalisch top, szenisch flop.

Weitere Aufführungen:

So. 05.05.2024, 17:00, Mi. 05.06.2024, 17:00, So. 16.06.2024, 17:00, Di. 18.06.2024, 17:00,

Fr. 21.06.2024, 17:00.

02.05.2024, Jan Krobot/Zürich

 

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