La Banda Storica: Wranitzky Beethoven • Bühnen Bern • Konzert: 01.06.2024
«Revolution»
«La Banda Storica», ein Projekt von Musikern des Berner Symphonieorchesters, begeistert mit einem leidenschaftlich gespielten Konzert zum Thema «Revolution». Die Resonanz des überaus interessant programmierten Konzerts ist enttäuschend gering.
Foto © La Banda Storica
La Banda Storica musiziert unter Leitung von Gianluca Capuano mit geschärftem Klang und markanten Kontrasten. Es gelingt dabei ein direkter, luftig-leichter Tonfall.
Paul Wranitzky (1756-1808) und Ludwig van Beethoven (1770-1827) sind zwei der Komponisten der Wiener Klassik, die sich, anders als zum Beispiel Mozart oder Haydn, durchaus zu den Umständen ihres Schaffens, konkret den kriegerischen Auseinandersetzungen ihrer Zeit, geäussert haben.
Der Abend beginnt mit der Sinfonie c-Moll «Grande sinfonie caractéristique pour la paix avec la République française» op. 31 von Paul Wranitzky, die auf den Frieden von Campo Formio Bezug nimmt, der unter anderem die Anerkennung der französische Annexion des linken Rheinufers und den Verzicht auf die Österreichischen Niederlande und die Lombardei umfasste. Warum Wranitzky nun dem Verlierer, dem österreichischen Kaiser, dieses Schlachtgemälde widmete bleibt unklar. Durchaus nachvollziehbar hingegen ist, dass Franz II. die Aufführung durch die Tonkünstler-Sozietät per Dekret untersagt. Als das Dekret erging, waren Partitur und Orchestermaterial schon im Hause Gondard in Augsburg gedruckt. So steht zu vermuten, dass auch wenn nicht exakt überlieferte, die Uraufführung relativ bald stattfand. Dem Kaiserhaus soll die Sinfonie zeitnah in einem Privat-Konzert zu Ohren gekommen sein. Wranitzky, der selbst einen erklärenden Programmzettel verfasst haben soll, beschreibt in seinem Werk die Ereignisse der Republik und des Ersten Koalitionskriegs:
- Die Revolution – Marsch der Engländer – Marsch der Österreicher und Preußen
Andante maestoso – Allegro molto – Tempo di marcia – Più maestoso – Più Allegro
- Das Schicksal und der Tod Ludwigs XVI.
Adagio affettuoso – Marche funèbre
III. Marsch der Engländer – Marsch der Alliierten – Tumult einer Schlacht
Tempo di marcia movibile – Allegro
- Die Friedensverhandlungen – Freudengeschrei über den wiederhergestellten Frieden
Andante grazioso – Allegro vivace
Wranitzky beschreibt die verschiedenen Themenbereiche ausserordentlich farbenreich, so dass das Geschehen plastisch vor dem Auge des Zuschauers entsteht. La Band Storica stellt sich mit ihrer Interpretation absolut in den Dienst des Werkes und ermöglicht dem Zuhörer ein intensives Hör-Erlebnis.
Nach der Pause geht es weiter mit Auszügen aus Beethovens «Fidelio» op. 72. Die Ouvertüre gelingt eingängig und stark akzentuiert mit guten Tempi. Im Duett «Jetzt, Schätzchen, jetzt sind wir allein» profitiert Martin Zysset als Jacquino von seiner langjährigen Rollen-Erfahrung. Patricia Westley gibt ihm als Marzelline phrasenweise zu markant Widerworte. Das Quartett «Mir ist so wunderbar» gelingt tadellos. In Roccos Arie «Hat man nicht auch Gold beineben» brilliert Christian Valle mit ausgesprochen warmem, belcantistisch geführten Bass, der mühelos das ganze Haus füllt. «Abscheulicher, wo eilst Du hin?» fragt Malin Hartelius als Leonore und lässt in ihrer sensiblen Gestaltung die langjährige Rollenerfahrung erkennen.
Die Ouverture zu Beethovens «Die Geschöpfe des Prometheus» op. 43 beschliesst einen intensiven Konzertabend.
Mit einer Wiederholung von «Mir ist so wunderbar» bedanken sich die Künstler beim Publikum.
Gerne würde man öfter so überlegt programmierte Konzerte erleben.
Keine weiteren Aufführungen in dieser Saison.
03.06.2024, Jan Krobot/Zürich