Jacques Offenbach: La Vie Parisienne • Bühnen Bern • Vorstellung: 14.09.2024
(2. Vorstellung • Premiere am 07.09.2024)
«Notre Dame sieht man am besten von aussen, den Eiffelturm von oben und das Moulin Rouge von innen»
Die Opernsparte von Bühnen Bern startet mit Offenbachs Pariser Leben erfolgreich in die neu Saison. Die Inszenierung überzeugt vor allem visuell.
Foto (c) Ingo Hoehn
Die Regie von Amélie Niermeyer versucht die Geschichte in die Gegenwart zu übertragen. Dabei – und bei einer Offenbachschen Opulenz von 350 Kostümen (Kostüme: Kirsten Dephoff) und altbekannten Bildern (Bühne: Christian Schmidt) – geht der Reiz des Librettos von Henri Meilhac und Ludovic Halévy weitestgehend verloren. Die intendierte Parabel vom Scheitern, die letztlich von Gardefeu und Bobinet als Repräsentanten des Pariser Lebens an sich inszenierte Sozialkritik und deren Bestätigung von aussen (durch die Gondremarcks) ist in dem Feuerwerk visueller Reize (Choreographie: Damien Liger) kaum noch wahrnehmbar. Die Vielzahl der Kostüme, allesamt der Gegenwart verbunden, nivelliert die sozialen Unterschiede und die Vielzahl der sich jeweils auf der Bühne befindenden Personen erschwert die Identifizierung der gerade Handelnden. Der Abend geht so deutlich in Richtung Marthalerscher Revue (man erinnere sich an das Händel-Pasticcio «Sale» in Zürich) und nicht in Richtung bissiger Offenbachiade.
Zurückhaltend bis unauffällig sind die für die Berner Produktion von Amélie Niermeyer und Nina Vedova neu gestalteten Dialoge.
Hans Christoph Bünger gelingt die Koordination der zahlreichen Protagonisten bestens. Im Graben überzeugt das Berner Symphonieorchester mit exaktem, leichtem, spritzigen Spiel. Zsolt Czetner hat Chor und Extrachor der Bühnen Bern wie immer tadellos vorbereitet und die Choristen danken es mit Wohlklang und Spielfreude.
Als Referenz an die Uraufführung sind einzelne Rollen mit singenden Schauspielern besetzt. Adrian Weineck als hyperaktiver Bobinet, Katharina Abt mit gepflegtem bayrischen Ton als Baronin Gondremarck, Nora Schulte als Léonie mit überraschenden Höhen und Jan Schreiber als Alphonse überzeugen in ihren Rollen. Ian Matthew gibt den Frick / Brésilien mit hellem Tenor, Dominik Königer den Baron Gondremarck mit würdiger Tiefe. Jonathan McGovern als Gardefeu ist mit seinem «ruhigen» Auftreten der ideale Kontrast zum Bobinet von Weineck. Evgenia Asanova überzeugt als Métella. Cinzia Zanovello als Gabrielle, Lucija Ercegovac als Pauline, Shuying Li als Clara, Caspar Krieger als Prosper, Fabian Meinen als Gontrand und Simon Burkhalter als Joseph / Urbain ergänzen das ausgesprochen sanges- wie spielfreudige Ensemble aufs Beste.
Ein interessanter Abend.
Weitere Aufführungen:
Fr. 20.09.2024, 19:30; So. 29.09.2024, 18:00; Di. 01.10.2024, 19:30; So. 20.10.2024, 18:00;
Do. 28.11.2024, 19:30; Mi. 04.12.2024, 19:30; Di. 17.12.2024, 19:30; So. 22.12.2024, 18:00;
Di. 31.12.2024, 18:00; So. 26.01.2025, 16:00.
19.09.2024, Jan Krobot/Zürich