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BERLIN/ Tempelhof: , Gustav Mahlers 8. Sinfonie im Hangar 4

27.09.2025 | Konzert/Liederabende

Berlin-Tempelhof, Gustav Mahlers 8. Sinfonie im Hangar 4 am 25. und 26. 09. 2025

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Foto: Jan Windzsus

Der riesige Hangar 4 im einstigen Flugplatz Tempelhof wird in diesem Jahr von der Komischen Oper Berlin klugerweise doppelt genutzt. Das Rock-Musical „Jesus Christ Superstar“, stets ausgebucht, läuft noch bis zum 9. Oktober, doch an zwei Tagen wurde noch Gustav Mahlers 8. Sinfonie in Es-Dur eingeschoben. Es war, so sagte er selbst, sein Meisterwerk, mit dem er bei der Uraufführung am 12. September 1910 in München fast alle sofort begeisterte.

Mahler selbst, der zuvor mit Feuereifer an diesem Werk arbeitete, war von seinem ungewöhnlichen Riesenwerk so überzeugt, dass er ausrief: „Denken Sie sich, dass das Universum zu tönen und zu klingen beginnt.“

Dafür brauchte Mahler jedoch einen Riesenapparat, also zwei gemischte Chöre, einen Knabenchor, acht Solist:innen, mindestens ein großes Orchester, eine Orgel und eine Extra-Bläser-Gruppe.

Deren Namen ist „Veni, creator, spiritus!“, was ohnehin den ausführlichen Beginn dieser Sinfonie darstellt und der größere Teil des Werkes ist. Ein katholisches Gebetbuch, das Mahler in die Hände fiel, soll den Anstoß dafür gegeben haben.

Der Heilige Geist muss wohl auch den Komponisten beflügelt haben, fragt man/frau sich noch heute, wie er all’ dieses und auch noch den ganz anderen 2. Teil dieser Geschichte in Musik umgewandelt hat. An der Uraufführung am 12. September 1910 in München beteiligten sich mehr als tausend Künstler, und schnell war der Name „Sinfonie der Tausend“ geboren. Von Mahler stammte das aber nicht, es gefiel ihm auch nicht, doch diese Bezeichnung hat sich eingebürgert.

Im zweiten Teil dieser Sinfonie geht es jedoch um die Liebe, so wie sie Goethe in seinem „Faust“ geschildert hat, dessen Werk übrigens in diesem Jahr gefeiert wird. Goethes Parcour durch zahlreiche Frauenverhältnisse endet im „Faust“ mit „Alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis; Das Unzulängliche, hier wirds Ereignis; Das Unbeschreibliche, hier wirds getan; Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan.“ Mephisto konnte den Faust also nicht in die Hölle versenken.

Gehört jedoch solch eine großartige und üppige Sinfonie nicht besser in ein Opernhaus? Eher nicht, da sehr viel Platz für die Künstler und das Publikum nötig ist. Für die schon erwähnte Uraufführung in München und ebenso die 100-Jahr-Feier dieser Mahler-Großtat 2010 im Ruhrgebiet waren große Hallen die richtige Wahl.

Genau so hat es nun die Komische Oper in Berlin gemacht. Sie wollte diese großartige Mahler-Sinfonie  – trotz aller Kultur-Sparmaßnahmen – klangreich und voluminös gestalten, und das hat funktioniert. Erneut war der Hangar 4 bis auf den letzten Platz besetzt, und das Publikum folgte dem Geschehen sehr aufmerksam und sogar ohne Husterei.

Allerdings musste für die 1.030 Mitwirkenden der Hangar 4 anders „möbliert“ werden. Bei „Jesus Christ Superstar“ sah ich das sehr viel kleinere Orchester der Komischen Oper an der Wand gegenüber, jetzt saßen die vielen Instrumentalisten auf dem Boden, da sich auch das großartige Deutsche Symphonie Orchester Berlin (DSO) als Verstärkung hinzugesellt hatte. Wir im Block Z sahen den Generalmusikdirektor James Gaffigan nun seitlich, konnten aber seine lebhafte Zeichengebung verfolgen. Immerhin musste er die Schar der Instrumentalisten betreuen und außerdem zwei gemischte Chöre, einen Knabenchor, acht Solist:innen, eine Orgel und die Extra-Bläser-Gruppe „Veni, creator, spiritus“.

Das gelang bestens, waren doch insgesamt Experten am Werk. Für die Chöre sorgte wie stets David Cavelius, für den Kinderchor Dagmar Barbara Fiebach. Die Chorsolisten der Komischen Oper Berlin sangen so gut wie immer, und der Rundfunkchor Berlin war eine perfekte Bereicherung. Das galt ebenso für das Vocalconsort Berlin.

Hier noch die Solisten:

Sopran I (Magna peccatrix) Christina Nilsson, Sopran II (Una poenitentium) Penny Sofroniadou, Sopran III (Mater gloriosa) Elisa Maayeshi,  Alt I (Mulier samaritana) Karolina Gumos, Alt II (Maria aegyptiaca) Rachael Wilon, Tenor (Doctor marianus) Andrew Staples, Bariton (Pater ecstaticus) Hubert Zapiór und Bass (Pater profundus) Andreas Bauer Kanabas. Andrew Staples Tenor war am besten zu hören.

Allerdings kann in solch einer Riesenhalle nicht jeder und jede absolute Klangschönheit und Klangreinheit erwarten. Die Luft bei so vielen Menschen bleibt nicht ganz rein, und selbst in der Oper klingt ein Werk nicht auf allen Plätzen gleich gut. Das ist halt Physik, und ein Hangar, der Flugzeuge beherbergte, kann akustisch nicht alles, doch dieser kann inzwischen erstaunlich vieles.

Jedenfalls hat dort Mahlers Achte am 25. und 26.September zahlreichen Menschen vermutlich etwas Neues geboten. Merkbar zufrieden verließ das Publikum den Hangar 4.   Ursula Wiegand

 

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