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BERLIN/ St. Elisabeth Kirche: KONZERT – Der Preisverleihung Erster Teil u.a. mit Pene Pati, Antje Weithaas, Pascal Schumacher/Danae Dörken, Hayato Sumino und dem TrioColores

12.10.2025 | Konzert/Liederabende

BERLIN OPUS KLASSIK 2025: Konzert St. Elisabeth Kirche Berlin, 11.10.2025

Der Preisverleihung Erster Teil u.a. mit Pene Pati, Antje Weithaas, Pascal Schumacher/Danae Dörken, Hayato Sumino und dem TrioColores

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Foto: Dr. Waltenberger

Berlin zeigte sich wieder einmal von seiner schlechtesten Seite: Demos, Polizeikolonnen und stockender Verkehr allerorts, besonders in Mitte. Die Staulage erwischte auch den samoanischen Tenor Pene Pati, der sich verspätete und dessen umjubelter Auftritt, von ihm selbst auf der Gitarre begleitet, erst nach der Pause stattfinden konnte. In der St. Elisabeth Kirche selbst begann das Konzert mit einer Viertelstunde Verspätung.

Entgegen aller Meinungen, die bloß von einem medial/kommerziellen Event ohne angemessene künstlerische Bedeutung sprechen, sind bei Opus Klassik immer wieder Formationen und Nachwuchstalente zu entdecken, die diese Veranstaltung samt der glamourös inszenierten Aufmerksamkeit rechtfertigen. Auch wenn sich die Preisverleihung diesmal vor der Pause durch zahlreiche Ehrungen ohne musikalische oder zumindest mediale Untermauerungen merklich gezogen hat.

Eine Neuerung dieses Jahr bilden in den Bewertungskanon neu aufgenommene live-Kategorien, die es möglich machten, dass der Internet-Freak Hayato Sumino gar zwei Preise einheimsen konnte: Einen als bester Live-Performance Solist mit Human Universe, das er auch im Konzert präsentierte. Link zum Video, live in Budokan https://www.youtube.com/watch?v=STFSyHAC8xg&list=RDSTFSyHAC8xg&start_radio=1  und einen in der Kategorie „Publikumspreis“.

Beginnen wir gleich mit dem 30-jährigen Japaner Hayato Sumino, dem Welt Redakteur Elmar Krekeler in einem Artikel am 11.10. wahrscheinlich zu Recht bescheinigte: „Die Klassik braucht mehr Typen wie ihn.“ Sumino ist der erste Weltpianist der YouTube-Generation. Positiv dabei: Er nutzt seine Prominenz als Gamer „Cateen“ mit über 1,5 Mio. Followern (von denen er schon mal als „Mozart unserer Zeit“ bezeichnet wird): Zuerst fiel Sumino mit seinen Chopin-Interpretationen, einer stupenden Virtuosität und Improvisationsgabe auf. Die Eigenschöpfungen „Human Universe“ und „New Birth“ besinnen sich u.a. auf polyphon-barocke Vorbilder, auf die rhythmische Prägnanz der klassischen Moderne, repetitive Muster der Minimalisten und Jazz. Dazu fallen einem die sich in ihrer Intensität unmerklich sich steigernden Improvisationen eines Keith Jarrett ein.

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Foto: Dr. Waltenberger

Als Typ erinnert er, wie auch im Bild-Artikel angemerkt , an den ebenso vielseitig interessierten wie leicht lernenden Kit Armstrong. Den im Netz kursierenden Biografien ist zu entnehmen, dass Sumino Klavier bei Jean-Marc Luisada, Katsuko Kaneko und Tomoaki Yoshida lernte. Im März 2020 schloss der Hochbegabte mit dem President’s Award (so etwas Ähnliches wie in Österreich die Promotio sub auspiciis Praesidentis rei publicae) die Graduiertenschule für Informationswissenschaft und -technologie der Universität Tokio ab. Studien am Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (IRCAM) im Bereich Musikinformationsverarbeitung und KI ergänzten die akademische Ausbildung.

Am Flügel wirkt er extrem konzentriert, sein Spiel hat etwas introvertiert Besessenes wie auch technisch kühl Makelloses. Eine Ausnahmeerscheinung, deren künstlerische Laufbahn zu verfolgen sich lohnen dürfte. Dass dieser Künstler offen ausspricht, was ihm nicht gefällt, zeigte sich an einem Rüffel für die paillettenrot gewandete Moderatorin Anna Novák, die auf die Frage, ob er lieber für ein digitales oder ein Live-Publikum Klavier spiele, die Bemerkung „stupid question“ einstecken musste:

Als Publikumsmagnet am ersten Abend erwies sich, wie nicht anders zu erwarten, Pene Pati (Preis für die solistische Einspielung Gesang „Nessun dorma“) mit den beiden Stimmungsmachern „O sole mio“ von Eduardo Di Capua und dem samoanischen Traditional „Le manu tagi e“ das von der unstillbaren Sehnsucht nach der fernen Heimat erzählt. Der in Fragen von perfekter Technik/Stimmsitz und -typ lyrische, an Luciano Pavarotti erinnernde Tenor, verfügt über einen sofort einnehmenden Schmelz und wunderbar leichtgängige Höhen. An der Gitarre im intimen Raum der St. Elisabeth Kirche konnte der junge Sänger noch dazu mit spontaner Herzlichkeit, Offenheit (seine Eltern haben ihn noch nie in einer ganzen Aufführung live erleben können) und großer Sympathie für sich einnehmen.

Aus Überraschungsgründen waren meine Favoriten an dem Abend aber Pascal Schumacher Vibraphon/ Danae Dörken Klavier (Preis Neue Klassik/Neoklassik) mit ihren Präsentationen von Philip Glass‘ „Japura River“ und der Hommage „Glass Mosaiques„ von Schumacher sowie das fulminante TrioColores (Auszeichnung in der Kategorie „Klassik ohne Grenzen“).

Wie sehr Schumacher und Dörken den Klang der beiden Instrumente verschmelzen und in ihrem Arrangement kunstvoll zur höheren Ehre des Genies von Philip Glass in Trance aufleuchten, funkeln und blitzen ließen, grenzte an ein Wunder. Ebenso verblüffend wiesen Matthias Kessler, Luca Staffelbach und Fabian Ziegler vom TrioColores nach, wie klangduftig und zauberisch schwebend man mit drei reinen Perkussionsinstrumenten (Vibraphon, Marimba, Glockenspiel) spätromantische Musik von Charles Camille Saint-Saëns („Danse Macabre“ Op. 40) und Maurice Ravel (aus „Le Tombeau de Couperin“, Toccata Nr. 6) spielen kann. Den Opus Klassik bekommen die drei aus der Schweiz und Österreich stammenden, musikalischen ungemein harmonierenden Künstler für ihr Debütalbum „En Couleur“ völlig zu Recht.

Eine sichere Bank ist die Wahl der Geigerin Antje Weithaas zur Instrumentalistin des Jahres. Ihr Können zeigte Weithaas ein weiteres Mal mit einer fabelhaften, ungewohnt emotionalen und sehr persönlichen Wiedergabe der Chaconne aus Johann Sebastian Bachs „Partrita in d-Moll, BWV 1004.

Warum allerdings die französische, barfuß auftretende Trompeterin Lucienne Renaudin Vary in der mehrfach vergebenen Kategorie „Instrumentalist/ Instrumentalistin des Jahres“ reüssierte, erschloss sich mir nach dem wenig ambitionierten Auftritt (mit wenig überzeugenden Arrangements von Manuel de Fallas „Cancion Nr. 6“, George Gershwins „I loves you“ aus „Porgy and Bess“ und dem englischen Traditional „Amazing Grace“) für Trompete und Klavier (Tim Allhoff) nicht.

Was noch? Das Konzert wurde aufgezeichnet und ist heute, Sonntag 12. Oktober um 20h03 auf radio3, Kulturradio des rbb, zu hören.

Die zeitversetzte Übertragung der heute Nachmittag im Berliner Konzerthaus stattfindenden Opus Klassik Gala, moderiert von Desirée Nosbusch, mit weiteren Ehrungen und musikalischen Darbietungen ist im ZDF ab 22h15 zu sehen. https://www.zdf.de/konzerte/opus-klassik-2025-movie-100

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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