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BERLIN/ Staatsoper/ Werkstatt: MARIO UND DER ZAUBERER von Stephen Oliver

25.04.2016 | Oper

Berlin: Staatsoper: Stephen Oliver: Mario und der Zauberer  Werkstatt   Vorstellung vom 24.April 2016

Thomas Manns Novelle Mario und Zauberer zu vertonen, hat sich in den 80er -Jahren der britische Komponist Stephen Oliver daran gemacht. Sein Libretto verfasste er in englisch, sodass bei neuerlicher Rückübersetzung wieder ins Deutsche von der Poesie und Sprachgewalt des Schriftstellers leider nichts mehr übrig bleibt. Im Gegenteil, es entsteht eine äußerliche Nacherzählung des Inhaltes, ohne die schwüle, nationalsozialistisch – geschwängerte Stimmung Italiens zur Zeit der Erzählung nur andeutungsweise zu streifen. Musiksprachlich gelingt es Oliver gar nicht, weiträumiger oder gar suggestiv zu komponieren. Geradeaus geht es im Einheitstempo, in sich nicht ausgewogen und klangcharakteristisch.

So erlebte das Werk bisher auch nicht allzu viele Wiederbelebungen.

An der Staatsoper Berlin wagt man sich an die Aufgabe und an der Realisierung liegt es wirklich nicht. Regie und Musik werden hochwertig dargeboten.

Regisseurin ANIARA AMOS schafft für die zweigliedrige Handlung zwei Erzählweisen. 

Der erste Abschnitt, bei dem es am Strand von Torre di Venere zu einem Eklat kommt, weil sich ein zehnjähriges deutsches Mädchen kurzzeitig entblößt hatte, um ihren Badeanzug zu waschen, inszeniert sie stilisiert als Art possenhaftes Schattenspiel vor einem Vorhang.

Dabei verkehrt sie bewusst die Seiten von Ankläger und Angeklagten.

Original werfen die Italiener der deutschen Mutter die nudistische, nordische Freizügigkeit  vor, doch hier klagt die sich entrüstende und erregte Mutter, die LENA HASELMANN mit glutvollem Mezzosopran und großer emotionaler Hingabe singt und gestaltet, die Italiener und ihr Land vehement an, sich nicht gastfreundlich und engstirnig Fremden gegenüber zu verhalten. 

Fast zurückhaltend wirken da die Gegenargumente des Bürgers MATTHIAS SIDDARTHA OTTO  mit mausgrauem, fahlen, aber textdeutlichen Tenorino. Der zu Hilfe gerufene Bürgermeister – von MAGNUS HALLUR JOHNNSON ist ebenfalls sehr harmlos, zumal sein tenorales Material ungeschliffen und seine künstlerische Gestaltungsfähigkeit rudimentär ist.

Ein großer Lichtblick ist die Stimme von ELSA DREISIG als Signora Angolieri. Groß, unbegrenzt, perfekt geführt und edel ist ihr Sopran und ihrer Rolle gestattet der Komponist einen kleinen Haltemoment der Kontemplation.

Im zweiten Teil, der ganz der Zaubershow des Magiers Cipolla gehört, wird der Raum zur Manege mit farbenfrohen Chorkostümen und Zirkusglamour. DAVID OSTREK zieht das Geschehen mit seinem schön fokussiertem, markantem Bass, den er die gefährlichen Höhen klug mit mezza voce umschiffen lässt, ganz an sich. Eine reife Leistung eines offensichtlich noch jungen, aber schon vielversprechenden Sängers. Fast ununterbrochen muss er die letzte halbe Stunde durchsingen und zaubern. Als Antipode im Publikum der Besucher widerspricht ihm nur noch MARTIN GERKE als junger Bauer mit frischem, unverbrauchtem Bariton. 

Das Stück kippt an der Stelle aus der Balance und man sehnt sich nach dem x-ten Trick das Ende herbei, bei dem der skurril- eigenwillig- scheue Mario JAKOB BECKER vom Zauberer gnadenlos vorgeführt wird.

Die Regie gibt nun mehrere Schlussvarianten zur Auswahl, wer wen erschießen könnte, wobei sie Thomas Manns Version  letztlich nicht verbessern kann. Der Geschmähte rächt sich im Affekt.

Es wird von Mitgliedern der Staatskapelle konzentriert musiziert. Die Leitung ist bei FELIX KRIEGER. Der Jugend- und Kinderchor hat eine dankbare Aufgabe, den alle mit sichtlichem Spaß erfüllen. 

Man kann von einer gelungenen Aufführung eines mittelprächtigen Stückes sprechen, die vom interessierten Werkstattpublikum wohlwollend angenommen wird.

Christian Konz

 

 

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