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BERLIN / Staatsoper Unter den Linden: SAMSON ET DALILA – 5. Vorstellung der Premierenserie mit gewaltiger technischer Panne,

08.12.2019 | Oper

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Foto: Matthias Baus im Auftrag der Staatsoper

BERLIN / Staatsoper Unter den Linden: SAMSON ET DALILA – 5. Vorstellung der Premierenserie mit gewaltiger technischer Panne, 7.12. 2019


Eine spektakuläre technische Panne bestimmte die gestrige Vorstellung des zwischen Oper und Oratorium oszillierenden „Samson et Dalila“ von Camille Saint-Saëns. Der dritte Akt konnte nur konzertant vor dem Bühnenbild des zweiten Aktes gespielt werden, weil der Umbau sich als unmöglich erwies. Irgendwas wird da an der Hydraulik gestreikt, sich verkeilt haben oder stecken geblieben sein. Jedenfalls war es unfreiwillig komisch, dass einige Choristinnen des nun stramm stehende Chors zur großen Ballettmusik des dritten Aktes mitschunkelten


Die Inszenierung des argentinischen Filmemachers Damián Szifron ist ein rein optisch gar nicht so übler Historien- und Kostümschinken, der die Handlung – welch Wunder, das gibt es auch noch – in der Zeit ansiedelt, wo das Stück spielt. Rein ästhetisch reisst das niemanden vom Hocker und ist in etwa mit der Wiener Zeffirelli Carmen zu vergleichen. Nicht sonderlich originell, aber immer noch besser als eine Salome in einer Berliner Maßschneiderei. Man kann hier getrost den Punkt machen und zur musikalischen Seite des Abends übergehen.


Thomas Guggeis
dirigierte die Staatskapelle Berlin dramatisch aufgeladen und mit Sinn für instrumentale Details der magisch schönen Partitur. Insbesondere im zweiten Akt legte die Staatskapelle mit seidigem Streicherklang, edlem Holz und silbrig flimmerndem Blech einen luxuriösen Klangteppich für das exzellente Protagonistenpaar.


Elīna Garanča
und Brandon Jovanovich sind in den Rollen der Dalila und des Samson wohl das Beste, was der derzeitige Markt hergibt. Besonders Garanča begeisterte das Publikum mit einer vollendeten Sangesleistung. Wie die lettische Mezzosopranistin diese von der Tessitura her sehr hohe Partie, die aber auch ein sattes tiefes Register fordert, auf Linie singt, bruchlos alle Sprünge in einen steten vokalen Fluss einbindet, ist sensationell. Ihre Arien sind Musterbeispiele an kultiviertem Legato. „Mon cœur s’ouvre à ta voix“ wirkt nicht zuletzt gerade deshalb so verführerisch und faszinierend, weil diese Dalila etwas Gefährliches, Raubtierhaftes ausstrahlt, Leidenschaft und messerscharf stahlkaltes Kalkül wie ein böses Bondgirl.


Brandon Jovanovich
als Samson kommt zwar erst im zweiten Akt so richtig in Fahrt, kann dann aber mit einer dunkel bronzenen Mittellage und heldischen Höhen mehr als überzeugen. Diesmal funktionieren auch alle Piani wie am Schnürl. Dem amerikanischen Tenor liegt offenbar das französische Fach. Sein Samson ist zudem schauspielerisch elementar, eine ehrliche Haut und gebrochener Heros, der sich zum Schluss der Oper noch einmal zu antikischer Größe aufschwingt.

Von den tiefen Herrenstimmen reüssiert nur Wolfgang Schöne mit seinem Prachtbariton und exzellentem Französisch als Alter Hebräer. Kwangchul Youn hat als Abimelech alle Mühe, sein ausuferndes Vibrato unter Kontrolle zu halten, Michael Volle enttäuscht als Oberpriester des Dagon mit unsauber gesungenen Höhen und holpriger Aussprache.


Staatsopernchor
legt einen rhythmisch schlampigen Start hin. Einige hohe Stimmen trüben den Klang durch übermäßiges Vibrato und unangenehme Schärfen. Erst im dritten Akt wird ein homogener Chorklang erreicht.


Insgesamt ein Opernabend, der trotz der beschriebenen Unebenheiten vor allem durch die große Sangeskunst der Elīna Garanča, der Intensität des Brandon Jovanovich und die immense Qualität des Orchesters musikalischen Ausnahmerang für sich in Anspruch nehmen darf.


Ingobert Waltenberger

 

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