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BERLIN/ Staatsoper Unter den Linden: ELEKTRA

13.10.2023 | Oper international

Berlin / Staatsoper unter den Linden: „ELEKTRA“

                                      Besuchte Vorstellung am 11.10.2023

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Waltraud Meier als Klytämnestra. Foto: Monika Rittershaus

Fortuna war uns hold, bescherte den beiden  Oktober-Geborenen zum Wiegenfeste eine glückliche Konstellation: zunächst unserer Richard Strauss Favoritin „Elektra“ sowie am nächsten Abend unsere Mezzo-Lieblings-Sängerin Elina Garanca. Doch nun  der Reihe nach: Als Reminiszens des genialen Regisseurs Patrice Chéreau brachte die Staatsoper erneut in einer Serie dessen „Elektra“-Inszenierung zu Aufführungen, in welcher sogleich die seit Jahrzehnten großartige, weltweit renommierte  Sänger-Darstellerin Waltraud Meier sich nun von der Opernbühne verabschiedete. Patrice Chéreaus klare textgenaue Deutung zur schlichten Bühnenausstattung,  den Kostümen von Richard Peduzzi/Caroline de Vivaise faszinierte noch immer und wurde in Koproduktion mit europäischen Opernhäusern sowie der Met produziert.

Im Laufe der Jahrzehnte erlebte ich heute Ricarda Merbeth als meine 46. Elektra-Interpretin, einer Sängerin mit weniger hochdramatischen Attributen,  sondern mehr im jugendlich-lyrischen Fach zuhause. Bekanntlich streben jene Damen meist nach höheren Sphären und Frau Merbeth gelang aus meinen Hörgewohnheiten der Sprung in diese Fachrichtung nur bedingt, wartete mit einer in allen Lagen präsenten, schön timbrierten Sopranstimme ohne jegliche Schärfen auf, bezauberte zu glaubwürdiger Darstellung mit herrlich lyrischen Tongebungen, jedoch fehlte der Stimme die rollengerechte Durchschlagskraft.

Von ganz anderem Kaliber bot Vida Mikneviciute den konträren Gegenpol als Chrysothemis. Völlig anders als sonst erschien mir die Begegnung mit dieser Rollen-Interpretin, ein höchst vitaler, höhensicherer Sopran nicht frei von Schärfen und Klirrfaktoren bemächtigte sich dieser Partie und  dachte so bei mir verkehrte Welt!

Die Karriere der blutjungen Waltraud Meier begann am Nationaltheater Mannheim und erarbeitete sich hier von 1976-78 ein enormes Rollenspektrum (wie dereinst Gabriele Schnaut bemerkte: wer Mannheim überlebt, überlebt den Beruf). Danach folgte sie GMD Hans Wallat nach Düsseldorf und auf der Karriere-Leiter ging es mit der vortrefflichen Sängerinnen-Persönlichkeit steil nach oben. Mir persönlich wurden mit dieser außergewöhnlichen Künstlerin unvergessliche Opernaufführungen in Bayreuth, Wien etc. zuteil. Nun nahm Waltraud Meier heute nach erfolgreichen knapp fünf Bühnen-Jahrzehnten als Atriden-Königin Klytämnestra  Abschied vom Operntheater. Hans Sachs hätte es realistisch so formuliert: das nenne ich einen Abgesang!

Lauri Vasar war Orest, bot darstellerisch zur Begegnung mit der Schwester den wenig beteiligten Heimkehrer und bot vokal mit seinem farblosen Bariton eine eindimensionale Leistung. Einen so hell strahlenden, jugendlichen, schönstimmigen Tenor (Stephan Rügamer) erlebte ich im Kurzauftritt des Aegisth noch nicht.

Als Aufseherin/Vertraute fungierte die betagte Cheryl Studer (ich erlebte sie dereinst als grandiose Chrysothemis mit Deborah Polaski in Darmstadt). Stimmschön fügten sich die Damen und Herren Natalia Skrycka (Schleppträgerin/2. Magd). Bonita Hyman, Katharina Kammerloher, Anna Samuil, Roberta Alexander (Mägde), David Wakeham (Pfleger), Olaf Bär, Siyabonga Maqungo (alter/junger Diener) sowie der präsente Staatsopernchor (Dani Juris) ins Ensemble.

Markus Poschner leitete die gut disponierte, vorzüglich musizierende Staatskapelle Berlin und ließ es gewaltig krachen. Feine differenzierte Orchestrierungen gelangen lediglich zu den Duetten Elektra/Chrysothemis/Klytämnestra/Orest ansonsten erging sich der Dirigent in eruptiven Klangdimensionen.

Mit langem Beifall, Bravorufen und schließlich  Ovationen für Waltraud Meier wurde die mir relativ solide anmutende Aufführung bedacht.

Gerhard Hoffmann

 

 

 

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