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BERLIN/ Staatsoper/ Boulez-Saal: Le Poème Harmonique: VENEZIANISCHE PROZESSION. Konzert

04.12.2022 | Konzert/Liederabende

Le Poème Harmonique: Venezianische Prozession • Staatsoper Unter den Linden, Berlin: Pierre Boulez Saal • Konzert: 03.12.2022

 Es fehlt nur der Weihrauch

In den langen Jahren, in denen Vivaldi dem Ospedale della Pietà in Venedig in verschiedenen Positionen diente, gehörte die Komposition geistlicher Musik immer auch zu seinen Aufgaben. Für das Konzert im Rahmen der Barocktage 2022 an der Staatsoper Berlin hat das französische Ensemble «Le Poème harmonique» eine Prozession konzipiert, wie Vivaldi sie in Venedig erlebt haben könnte. Es fehlt nur noch der Weihrauch.

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Foto: www.lepoemeharmonique.fr

Im trotz winterlicher Düsternis völlig abgedunkelten Pierre Boulez-Saal beginnt das Konzert mit einem Blackout. Langsam werden im Scheinwerferlicht die Solisten des anonymen «Nisi dominus» erkennbar. Nichts lenkt von der Konzentration auf ihre Stimmen ab. In der Folge werden zwei Lauda dargeboten, wie sie die frommen Bruderschaften auf dem Weg zur Kirche gesungen haben könnten: «Giesù diletto sposo» von Francisco Soto de Langa (1534-1619) und «O vergin santa» von Serafino Razzi (1531-1611). Im Konzert folgt nun die Sinfonia funebre in f-Moll D.2.2, mit der Bergamasker Meister Pietro Antonio Locatelli um seine verstorbene Gattin trauerte. «Invicti bellate» RV 628 ist eine jener Kantaten, die die Prozession in der Kirche empfangen haben. Mit ihrer Virtousität hat sie zweifelsohne zum blendenden Ruf des Mädchenorchesters der Pietà. Ebenfalls zu den Paradestücken des Mädchenorchesters dürfte die Sinfonia al santo sepolcro in h-Moll RV 169 gehört haben. Als Höhepunkt erklingt zum Schluss die Psalmvertonung «Nisi Dominus» RV 608.

Das Konzert von Le Poème harmonique unter musikalischer Leitung seines Gründers Vincent Dumestre überzeugt sowohl konzeptionell wie musikalisch. Jeder der Instrumentalisten strahlt die solche Spezialensembles häufig eigene Spiellaune und vor allem Spiellust. Die Solisten Eva Zaïcik (Mezzosopran), Marie Théoleyre (Sopran), Martial Pauliat (Tenor), Serge Gobioud (Tenor) und Virgile Ancely (Bass) sind alle Spezialisten ihres Fachs und überzeugen hier durch ihren lebendigen Vortrag und die grosse Textverständlichkeit.

Ein einzigartiges Erlebnis!

05.12.2022, Jan Krobot/Zürich

 

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