BERLIN / STAATSBALLETT: „GODS AND DOGS“, Premiere am 28.06.2025
Gods and dogs. Foto: Yan Revazov
Es ist die letzte Premiere des Staatsballetts Berlin in dieser Saison, diesmal in der Staatsoper und an einem warmen Sommerabend. Dennoch füllt sich der große Saal, denn diese Aufführung wollen die zahlreichen Ballett-Fans keineswegs verpassen.
Wahrscheinlich hat schon der Titel „Gods and Dogs“ neugierig gemacht, und wohl noch mehr der weltbekannte Name des Choreographen Jiří Kylián.
Zu erleben sind zwei relativ kurze Stücke: „Gods and Dogs“ ist nun seine hundertste Kreation, erläutert das Programmheft. Das Original stammt allerdings von 2008, gefertigt für das berühmte Nederlands Dans Theater, das Kylián entscheidend geprägt hat.
Das hiesige Stück ist also eine von Kylián inszenierte Neuauflage mit der Musik von Ludwig van Beethoven und modernen Klängen von Dirk Haubrich. Wie weit es vom Original entfernt ist, wissen wohl nur Wenige.
Jedenfalls wird dieses Stück von vier Paaren gekonnt und ausdrucksvoll dargeboten. Inara Wheeler tanzt mit Mark Geilings, Fiona McGee mit Martin ten Kortenaar, Emma Antrobus mit Jan Casier und Michelle Williams mit Matthew Knight.
Die teils schwierigen und sehr sportlichen Pas de Deux gelingen vorzüglich, und der Beifall danach ist kräftig. Aber haben trotz manch schwieriger Körperdrehung alle im Saal Anwesenden den Übergang von einem edlen, fast Gott ähnlichen Gehabe zu miesen oder kranken Menschen, hier also Dogs genannt, erkennen können? Sind also Hunde nach Jiří Kyliáns Meinung gefährliche Tiere?
Die tanzenden Herren wirken jedoch eher edel als bösartig. Ein Umschwung vom guten zum bösen Partner ist nicht wahrzunehmen. Keiner der Tänzer malträtiert seine Tänzerin, denn solches würde das Publikum sicherlich ablehnen. Stattdessen erhalten alle kräftigen und verdienten Applaus.
Angels Atlas. Foto: Serghei Gherciu
Doch nach der Pause ist die junge Kanadierin Crystal Pite, die bereits zahlreiche internationale Preise erhalten hat, an der Reihe, und sie bietet mit „Angels’ Atlas“ eine gegenwartsnahe und positiv gestimmte Variante.
Unter einem hellen, wolkenreichen Himmel stürmt eine große Schar von Tänzerinnen und Tänzern auf die von Jay Gower Taylor erdachte Bühne. Und nicht nur die jungen Leute genießen ihr Tänzer-Leben.
Denn den Auftakt macht Berlins Darling Polina Semionova, die Mutter zweier Kinder, zusammen mit Jan Casier. Diese Frau verkörpert also nicht nur den traditionellen Spitzentanz. Die Hinwendung zur Moderne schafft sie perfekt.
Genau so agiert die gesamte Tänzerschar, sie alle haben spürbar Spaß an der Freud‘ und können zeigen, was sie im anspruchsvollen Ballettunterrecht gelernt haben.
Zur Auftragsmusik von Owen Belton gesellen sich noch Tschaikowsky sowie Morten Lauridsen. Aus allem lässt sich so manches herausholen. Dennoch kann niemand machen, was er oder sie will. Auch die lebendige Moderne ist deutlich vorgezeichnet und hat ihre Grenzen.
Ein Satz in der Presse des Staatsballetts verwundert allerdings, dass „die tanzenden Körper gleichzeitig Zeichen menschlicher Vergänglichkeit und großer Vitalität“ zeigen. Das ist zwar wahr, klingt jedoch wie eine gewisse Entschuldigung an den nun 78jährigen Jiří Kylián mit seiner neu gemachten Choreographie „Gods and Dogs“.
Auch das Publikum scheint beim Stück von Crystal Pite, das am 29. Februar 2020 in Kanada uraufgeführt wurde und dann im April 2024 bereits beim Staatsballett Berlin Premiere hatte, rein gar nichts von menschlicher Vergänglichkeit bei den vielen fitten Tänzerinnen und Tänzern zu spüren. Und das trotz der schlimmen Nachrichten, die täglich en masse auf die Menschen einstürmen.
Denn „Angels’ Atlas“ zeigt eine positive Lebensart, und diese Wendung begeistert auch das Publikum. Nach den letzten Tanzschritten springen fast alle von ihren Sitzen. Lang anhaltende „Standing Ovations“ füllen den großen Saal, denn Heiterkeit und Hoffnung sind heutzutage Mangelware und daher besonders gefragt. Ursula Wiegand
Weitere Termine am 2., 6., 7. 13. und 18. Juli, doch die sind angeblich schon ausverkauft.
Ursula Wiegand
Hier eine Aufstellung der Teilhabenden , also nicht nur der Tanzenden