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BERLIN/ Staatsballett: DORNRÖSCHEN in der Choreographie von Nacho Duato -„Für mich soll’s rote Rosen regnen“. Premiere

14.02.2015 | Ballett/Performance

Berlin/Staatsballett: „DORNRÖSCHEN“-Premiere, „Für mich soll’s rote Rosen regnen“,

Jana Salenko als Dornröschen, Foto Yan Revazov, 1
Jana Salenko als „Dornröschen“. Foto: Jan Revazov

Abergläubig scheint Nacho Duato, seit August vorigen Jahres Intendant des Staatsballetts Berlin, nicht zu sein. An diesem Freitag, dem 13., zeigt er mit „Dornröschen“ seine erste eigene Choreographie, geht mit ihr jedoch auf Nummer Sicher. Märchenballette mögen die Zuschauer eigentlich immer, zumindest die meisten.

 Neu ist seine Arbeit allerdings nicht. Mit ihr gab er 2011 seinen Einstand als Ballettchef am Mikhailovsky-Theater in St. Petersburg und wurde gefeiert. Nun zeigt sich damit auch in Berlin als vorsichtiger Modernisierer, hat z.B. die Pantomimen gestrichen und das Libretto von Iwan Wsewoloshski gestrafft.

 Vor allem setzt er auf Tschaikowskys wunderbare Musik, die dieser seinerzeit nach den Vorgaben von Marius Petipa komponierte, und genau so bringt sie das Orchester der Deutschen Oper Berlin unter Robert Reimer. Im Fluss dieser Musik bewegen sich die Tänzerinnen und Tänzer des Corps de ballet ebenso wie die wichtigsten Solisten. Das ist schön anzusehen und der größte Gewinn dieser, wie es heißt, neuen Interpretation. Immerhin eine Verbesserung gegenüber der Malakhov-Choreographie von 2005.

 Echt schön sind vor allem die Kostüme der preisgekrönten Designerin Angelina Atlagic. Die Damen und Herren in zumeist fein abgestimmten Pastelltönen, Königin und König auch mal gülden gewandet und die Compagnie zuletzt in weiß-goldenen Hochzeitsroben. Mit diesen Kleidern würde „frau“ auf jedem Opernball Furore machen.

 Umso mehr erstaunt jedoch, wie tief Angelina Atlagic bei der Bühnengestaltung in den Farbtopf gegriffen hat, insbesondere im 2. Akt. Der Märchenwald grünt so grün, der Himmel ist so blau, so blau. Ein protziger Silbernachen gleitet mit der guten Fliederfee und Prinz Desiré über den See. Als sich schließlich noch ein Rosenblüten-Vorhang bis zur Hälfte senkt, ist im Umfeld leichtes Kichern zu hören. „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, hat Hildegard Knef einst nonchalant gesungen. Na gut, hier sind sie rosa. In solchen Momenten wünsche ich mir die kulissenlose Dornröschen-Bühne von Maurice Béjart aus dem Jahr 1968 !

 Die Hauptrolle der Prinzessin Aurora tanzt die Jana Salenko, ein Bündel an Liebreiz und Perfektion. Eine Zierliche, die bestens in die Rolle der 16-Jährigen passt, die zwar mit allen Heiratskandidaten tanzt und flirtet, sich aber für keinen entscheiden mag. Dass sich Prinz Desiré allein schon in ihr Traumbild, das ihm die Fliederfee vorgaukelt, verlieben muss, ist eigentlich selbstverständlich.

 Jana Salenko, Dornröschen, Leonid Sarafanov als Prinz Desiré, Foto Yan Revazov, 5
Jana Salenko, Leonid Sarafanov. Foto: Jan Revazov.

 Leider zeigt der Gast Leonid Sarafanov, Principal Dancer des Mikhailovsky Ballett, der 2011 den Prinzen Desiré in der Duato-Version tanzte, bei der hiesigen Premiere kaum Emotionen. Desiré bedeutet der Sehnsüchtige, doch davon ist nichts zu bemerken. Erst in seinen Soli im 3. Akt überzeugt er dank seiner fabelhaften Technik mit interessanten Sprungkombinationen und erhält entsprechenden Applaus. Ansonsten wirkt er eher wie der nette Junge von nebenan und gibt einen arg unterkühlten (und bei den Stützgriffen nicht 100%ig zuverlässigen) Partner.

 Vielleicht ist es die Last dieser mit großer Spannung erwarteten Premiere des neuen Intendanten, die beide Hauptdarsteller etwas hemmt. Duato hatte vorab Jana Salenkos saubere, russische Technik gelobt, sie sprach von einer großen Herausforderung. Diese Technik besitzt sie in der Tat, doch sollte ihre bisherige Gelöstheit und Spritzigkeit durch eine solche Fokussierung nicht behindert werden.

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Rishat Yulbarisov als böse Fee Carabosse. Foto: Jan Revazov

Viel ungehemmter und mit männlichem Furor agiert Rishat Yulbarisov als böse Fee Carabosse, eine ohnehin dankbare Rolle. Viel Spielraum hat Sarah Mestrovic als Fliederfee und nutzt ihn mit Charme und Können. Weit weniger Entwicklungschancen bieten sich Michael Banzhaf und Beatrice Knop als König und Königin bzw. besorgte Eltern. Ähnliches gilt für Arshak Ghalumyan als Zeremonienmeister Catalabutte.

 In den kleineren Partien – um nur einige wenige zu nennen – kann Elisa Carrillo Cabrera als Violante und Goldedelstein ihr mexikanisches Temperament beweisen und Elena Pris als Duchesse imponieren. Klar, dass auch Iana Balova und Ulian Topor als Katzenpaar gefallen.

 Dass viele mehr als zögerlich modernisierte Klassik erwartet haben, lässt der magere Pausenbeifall erkennen. Zuletzt jedoch zeigt sich das Publikum applausfreudig und feiert alle Beteiligten, insbesondere Iana Salenko.

 Jana Salenko und Leonid Sarafanov im Rosenregen, Foto Yan Revazov
Jana Salenko und Leonid Sarafonov im Rosengarten. Foto: Jan Revazov.

 Auch Nacho Duato kann sich über Zustimmung freuen. Nun sind sicherlich viele auf sein nächstes Werk gespannt: „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ . Neu ist das aber auch nicht. Auf seine erste Choreographie für das Staatsballett Berlin, das Gemeinschaftswerk „Duato | Kylián“, müssen sich Ballettfans noch bis zum 14. Mai gedulden und fragen sich vermutlich schon jetzt, ob dann endlich neue Wege beschritten werden.

 Weitere Dornröschen-Termine: 20.2., 6. und 15.3.(dann mit Polina Semionova) , zweimal am 3.4., danach am 6.4. und 31.5. sowie am 5. und 7.6.

 Ursula Wiegand

 

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Hierzu ergänzend der Bericht von der Münchner Ballettwoche 2013, wo Duato mit seinem Petersburger Ensemble mit diesem Dornröschen gastierte. Sowohl die Merkerin als auch der Münchner Merkur waren enttäuscht und gelangweilt. Duato hatte zuvor für München schon Spannenderes geliefert.*) MÜNCHEN / BALLETT-FESTWOCHE – Nacho Duatos „DORNRÖSCHEN“ –  Posted on: 25. April 2013 (DZ)

 *) Info: Duatos „Vielfältigkeit. Formen von Stille und Leere“ hatte 2009/10 in München Premiere und war ein beeindruckender Erfolg..

 

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