Marian Walter und Polina Semionova. Copyright: Fernando Marcos
Berlin/ Staatsballett Berlin: DON QUIXOTE, Premiere mit Polina Semionova, 16.02.2018
Schon als sie die Bühne betritt, erhält sie Applaus – Polina Semionova, die frühere Prima Ballerina des Staatsballetts Berlin. Seit Nacho Duato Intendant ist, tanzt sie mitunter als Gast, und das Publikum reißt sich darum, sie zu erleben. Zu Recht.
Inzwischen ist sie ein internationaler Star des klassischen Balletts. Mit überragendem Können, Bühnenpräsenz und Ausstrahlung tanzt sie sich sofort in alle Herzen. Auch jetzt wieder bei der Premiere von „Don Quixote“ an der Deutschen Oper Berlin. Mit strahlendem Lächeln betritt sie die Bühne und verkörpert glaubhaft die kesse, eigensinnige Kitri.
Die will sich nicht von ihrem Vater, dem Tavernenbesitzer Lorenzo (Aymeric Mosselmans), verheiraten lassen. Der hat sich zwar eine gute Partie für sie ausgeguckt: den reichen Edelmann Camacho (Federico Spallitta). Doch Kitri will halt den Barbier Basil, obwohl der kaum Geld in der Tasche hat.
Diese männliche Hauptrolle tanzt mit Kraft und Können Marian Walter. Wenn die beiden und alle anderen in immer verschwenderischen Kostümen umherwirbeln, fällt es kaum ins Gewicht, dass wegen des üblen Wasserschadens zum Jahreswechsel nur der vordere Teil der Bühne bespielbar ist. Mit Geschick wurde improvisiert, auch das Regieteam hat sich angepasst. Berge und Windmühlen sind auf die Rückwand gemalt. (Bühnenbild und Kostüme: Roberta Guido di Bagno).
Einen guten Job macht vor allem der Spanier Víctor Ullate, der als wichtigster Vertreter seines Landes für klassischen Tanz gilt. Seine Choreographie schließt zwar an Marius Petipa und Alexander A. Gorski an, ist auch keineswegs neu, konzentriert sich jedoch stärker auf die echt spanischen Elemente. Miguel de Cervantes’ Don Quixote (alte Schreibweise), veröffentlicht in zwei Teilen 1605 und 1615, gehört zum spanischen und weltweiten Kulturerbe.
Angenehm ist auch, dass die süßliche Musik von Ludwig Minkus – schwungvoll von Robert Reimer mit dem Orchester der Deutschen Oper Berlin dargeboten – durch Gitarrenstücke (gespielt von Detlev Bork) ein authentischeres Kolorit erhält.
Don Quixote, der sich sein vermeintliches Heldenleben in Büchern anliest, ist schon bei der Ouvertüre (dem Prolog) hinter einem Gardinen ähnlichen Vorhang (mitsamt einer Putzkolonne) zu sehen. Bald stapft er (Rishat Yulbarisov) im güldenen Glitzeranzug in Begleitung von Sancho Pansa = Vladislav Marino, dem Experten für komische Rollen, als alterssteifer edler Ritter über die Bühne, um dann in Lorenzos Taverne Platz zu nehmen.
Elisa Carrillo Cabrera, Alexej Orlenco. Copyright: Fernando Marcos
Drum herum fröhliches Dorfleben. Solches oder Szenen im Wirthaus sind bei klassischen Balletten immer als Stimmungsmacher fürs Publikum und „Lockerungsübung“ für die Compagnie offenbar unvermeidlich. Weit mehr als das bietet jedoch das Tanzpaar Elisa Carrillo Cabrera als Straßentänzerin Mercedes mit Alexej Orlenco als Torero.
So richtig Schwung kommt aber erst im 2. Akt bei den Gitanos auf. Der Flamenco und die zum Teil geklatschten Rhythmen sind zwar noch ein Stück von dem entfernt, was selbst in spanischen Dörfern geboten wird, aber immerhin.
Elena Pris und Arshak Ghalumyan als Königin und König der Gitanos beeindrucken mit Temperament und Beweglichkeit. Der imaginierte Kampf zwischen Mauren und Christen lässt den edlen Ritter mit der traurigen Gestalt ins Geschehen eingreifen. In Windmühlenflügel kann er sich hier zwar nicht verfangen, gibt aber doch den arg Verletzten.
Die zweite, fast schaurig-schöne Szene, spielt in einem dunklen Zauberwald. Hierhin hat Sancho Pansa seinen Herrn gebracht. Dämonen, Don Quixotes wirrer Fantasie entsprungen, schleichen über die abgedunkelte Bühne. Auch seine angebetete Dulcinea (Barbara Schroeder) scheint er zu sehen. Unübersehbar tanzt jedoch ein silbern gewandeter, eleganter Murilo de Oliveira den Cupido.
Im dritten Akt – wieder im Dorf mit Taverne – kriegen sich die beiden jungen Leute natürlich doch noch – aber erst nach Basils vorgetäuschtem Selbstmord und einer Vermählung „post mortem“ (nach dem Tod) durch einen Priester. Putzmunter eilen die beiden davon, Camacho bekommt einen Wutausbruch. Dass Schlimmes geschieht, verhindert mutig Don Quixote.
Marian Walter, Polina Semionova. Copyright: Fernando Marcos
Nun also die Hochzeitsfeier, und dafür müssen alle viel tun, auch Marina Kanno und Iana Balova, vor allem aber Polina Semionova und Marian Walter als glückliches Liebespaar. Wunderbare Pas de deux und großartige Soli zelebrieren die beiden. Und ganz wie früher wirbelt Polina, sich nur einbeinig drehend, in „Endlos-Pirouetten“ übers Parkett und lächelt in den aufbrausenden Beifall hinein. Zuletzt verdiente Ovationen für sie und viel Jubel für alle, auch fürs Regieteam.
Ursula Wiegand
Weitere Termine, aber nicht alle mit Polina Semionova, am SO 18.02., DO 22.02. SO 04.03., DO 15.03., SO 22.04., FR 27.04., FR 04.05., SO 17.06., MO 02.07. Siehe unter www.staatsballett-berlin.de