Männer zwischen Eros und Müllentsorgung – hier Iris Becher als Psychologin und Ulrich Hoppe als Patient. Foto: Gianmarco Bresodola
BERLIN/Schaubühne: „Thisisitgirl“ von Patrik Wengenroth – Männer als Desaster. 2.2.2018
Patrik Wengenroths „Thisisitgirl“ als witziger „Abend über Frauen und Fragen und Frauenfragen für Frauen und Männer“ an der Berliner Schaubühne
Was ist sie, die Frau, denn für die Männer? Nicht zuletzt umgekehrt, genau darum geht es in Patrick Wengenroths Produktion „Thisisitgirl“ an der Berliner Schaubühne. Der Kampf der Geschlechter wird in der Studiobühne zur karikierenden Studie von Mann und Frau, bei der kein Klischee außen vor bleibt und doch witzig intellektuell garniert als Non-stop-Lachnummer beiden Seiten den Spiegel vorhält.
Dreh- und Angelpunkt ist Iris Becher zunächst als quasselnde sexy, überaus selbstbewusste Moderatorin, die drei Sondermodelle Typ Mann im braunen Zimmer begrüßt und vorstellt, die der Einfachheit halber ihre Namen als Schauspieler behalten. Andreas Schröders als dicklicher Prolotyp, Ulrich Hopp als spießiger patriachalischer Familienvater, ein Angestellter im Anzug und Laurenz Laufenberg als sportlicher Student, der sich gerade als Schauspieler in einer Frauenrolle abquält. Der gemeinsame Nenner sind ihre Panikattacken, die Iris Becher als nicht minder sexy Psychologin zu erforschen sucht und dabei ihre Patienten als wandelnde Katastrophen vorführt. Musikalisch am Klavier begleitend und am Mischpult für den Backgroundsound der Livesongs aussteuernd bleibt Matze Kloppe trotz Einhornkostüm in Türkis und Pink dezent im Lateralschatten.
Nach einer etwas ausufernden schrillen Anmoderation nach allzu bekannten TV-Mustern bekommt Patrick Wengenroths „Thisisitgirl“ doch noch verbale Spitzfindigkeit und dramaturgische Überraschungsmomente. Im provokanten Frage-, Antwortspiel entwickeln sich die männlichen Charaktere zu immer skurrileren Figuren. Auch wenn das argumentative Hin und Her zwischen Feminismus und Machogehabe reichlich abgenudelt ist, kann man sich dem Witz der ausschweifenden marxistischen und freudianischen Exkurse Ulrich Hoppes und der exaltierten schauspielerischen Umsetzung, pointiert durch die schrillen Kostüme Ulrike Gutbrods kaum entziehen.
Iris Becher behält erotisch posierend, mit männlich resoluten Griff zum Bier Oberwasser, während das Männertrio von einem Projektionstraumata ins andere fällt. Berge von Bierdosen scheppern zu Boden mehr oder weniger als Metapher für die Männer, die ihrer eigenen Müllentsorgung entgegen wanken, während sie ihr wahres Ich entdecken, das bei Y-Chromosomen, ohnehin nur verkrüppelte X-Chromosomen naheliegend in der Frau liegt. Andreas Schröders reagiert in seiner verschmähten Liebe mit der Verwandlung in eine üppige Dirndl-Maid, Laurenz Laufenberg internalisiert seine romantische Jungmädchenrolle und Ulrich Hoppe schon als heimlich sexueller Schwerenöter der absolute Clou, mutiert zum lorbeerumrankten Peter Pan, dem Kind, das nie erwachsen wird. Dazwischen wirkt per Mikro gerockt, perkussioniert romantisiert. Im großen Finale verzaubert sich Iris Becher in eine Rokokolady, unter deren Reifrock die Männer endlich mal das tun dürfen, was schon immer tun wollten, in subtropischen Feuchtlandschaften schwelgen.
Michaela Schabel