Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

BERLIN/ Pierre Boulez-Saal: SECHS BRANDENBURGISCHE KONZERTE MIT ANDRÁS SCHIFF UND DER STAATSKAPELLE BERLIN

24.04.2022 | Konzert/Liederabende

Berlin / Pierre Boulez Saal: Bachs Brandenburgische Konzerte mit András Schiff und der Staatskapelle Berlin, 23.04.2022

András Schiff – Wikipedia
Andras Schiff (2013 in Salzburg)

Alle sechs Brandenburgischen Konzerte BWV 1046 – 1051 hintereinander, und das im Pierre Boulez Saal mit seiner fabelhaften Akustik!  Einen besseren Ort für diesen besonderen Sechsteiler von Johann Sebastian Bach kann es kaum geben. Der international hochgeschätzte Bach-Pianist András Schiff  übernimmt nun die Aufführung dieser ausgefeilten Stücke, mit denen Bach sein Kompositionsvermögen in allen Facetten bewiesen hat.  

Bach widmete diese sehr sauber zu Papier gebrachen Konzerte 1721 dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg mit dem französischen Titel: „Six Concerts avec plusieurs instruments“ (Sechs Konzerte mit unterschiedlichen Instrumenten), da gebildete Menschen damals lieber Französisch als Deutsch sprachen. Vielleicht hat Bach sogar gehofft, eine Stelle als Kapellmeister in Berlin zu erhalten, was sich bekanntlich nicht realisierte.  

Bachs Hinweis auf „plusieurs instruments“ erweist sich noch heutzutage als Herausforderung. Nach dem ersten Stück wird fürs nächste geschwind umgebaut, und die Instrumentalisten wechseln ihre Plätze. Den erstaunlichsten Wechsel vollzieht jedoch András Schiff, der hier weitestgehend zum Dirigenten wird  und diese Aufgabe mit profundem Können, teils eigener Handschrift und zumeist glücklichem Lächeln wahrnimmt.

Er selbst hat die Partitur im Kopf, dirigiert mit deutlichen Gesten und mit oft wiegendem Körper. Jeder Ton wird lebendig nach dem Motto „Bach muss man tanzen“.  All’ das animiert auch die Damen und Herren der großartigen Staatskapelle Berlin, die eher selten Barockmusik spielen, sich nun aber sehr gut hineinfinden. Anerkennend und dankbar schüttelt Schiff nach jedem der sechs Konzerte den Solistinnen und Solisten die Hände.

Den Grundstein für die Zusammenstellung der sechs Konzerte hatte Bach schon in seiner Zeit in Köthen gelegt und sie dort aufgeführt, einiges wohl auch schon vorher in Weimar erdacht. Jedenfalls kommen alle drei Instrumentengruppen – Holzbläser, Blechbläser und Streicher – in  diesen sechs Stücken zum Einsatz. Sie alle mussten und müssen Bachs allerhöchsten künstlerischen Ansprüchen genügen, was insbesondere das Spieltempo betrifft. Das beweisen nun auch die Instrumentalisten der Staatskapelle Berlin.  

Einige haben, das ist sofort zu erkennen, Bach bereits im Blut. So die junge Solo-Oboistin Cristina Gómez Godoy, die bereits vielerorts unterwegs ist. Gleich im ersten F-Dur-Konzert BWV 1046 – das einzige mit vier Sätzen, das mit Menuett und Polonaise tänzerisch endet – fällt ihre Barock-Begabung auf. Für den perfekten Gesamtklang in allen Stücken sorgt der versierte Konzertmeister Lothar Strauß. Insgesamt entsteht ein gut gerundetes, nicht alltägliches Bach-Bild, denn Schiff animiert sie alle.

Nach den geschwinden, stark rhythmischen Anfangssätzen hat sich Bach stets ein traumhaft schönes Andante einfallen lassen, nach dem es wieder flott zur Sache geht. Grandios zur Sache geht es vor allem im 5. Konzert in D-Dur BWV 1050. Allein dieses besitzt einen Klavierpart, mit dem Bach einen Weg in die Zukunft wagte.

Nun wird Platz für einen Flügel geschaffen, und die Spannung im Saal steigt spürbar. Denn nun folgt die grandiose, 64 Takte umfassende Kadenz, das Highlight in diesem Zyklus. Bach selbst hat sie an einem hochwertigen Cembalo gespielt, nun macht es mit Verve und Power András Schiff. Laufend pointiert er einzelne Noten und hämmert sie dem konzentriert lauschenden Publikum in die Ohren, das ihn danach stürmisch feiert.

Die Musiker, die anschließend das Konzert Nr. 6 B-Dur  BWV 1051 spielen, sind nun stark gefordert. Felix Schwartz, Viola, und Otto Tolonen, Viola da Gamba, werfen sich förmlich in ihre temporeichen Partien, während Christoph Annaker im Andante seinen Kontrabass in tiefsten Tönen herrlich singen lässt. Zuletzt brausender Beifall für diese mit Effet und Hingabe dargebotenen Brandenburgischen Konzerte.  

 Ursula Wiegand

 

Diese Seite drucken