Philharmonie, Saisoneröffnung 2023/24 der Berliner Philharmoniker, gefeiert mit Standing Ovations, 25.08.2023
Kirill Petrenko dirigierte die Berliner Philharmoniker bei der Saisoneröffnung. Foto: Monika Rittershaus
„Heroes“ (Helden) lautet das Motto der nun gestarteten neuen Saison, und in der allgemeinen Situation klingt das fast verwegen. Doch gerade jetzt, so meinen die Berliner Philharmoniker und ihr Chefdirigent Kirill Petrenko, wären Helden und Heldinnen nötig. Also setzen sie alles daran, dieses Leitwort mit klanglichem Leben erfüllen. Das Hauptwerk dieses Abends „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss passt bestens dazu.
Vorangestellt wurde jedoch etwas Seltenes: Max Regers „Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart“ op. 132. Reger, der zunächst kein Interesse für Mozarts Musik hatte, machte sich schließlich doch an die Arbeit und schuf acht Variationen plus der genannten Fuge.
Reger variierte Mozarts Stück tatsächlich und in teils zupackender Weise. Beim Auftakt, dem „Andante grazioso“, tänzelt Petrenko noch auf dem Podium, doch dann lässt er den Klang öfter deutlich anschwellen und zieht die Zügel straffer an. Der Beifall ist kräftig.
Doch Strauss’ „Heldenleben“, sowieso weltweit von vielen Orchestern gespielt, entspricht mehr dem gewählten Saison-Motto. Und es stört offenbar weder die Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko noch die begeistert Zuhörenden – darunter Ex-Kanzlerin Angela Merkel mit ihrem Gatten sowie dem Ex-Chef der Berliner Staatsoper Daniel Barenboim – dass sich ein 34-jähriger Komponist selbst als Held hochgejubelt hatte.
Auch seine Worte sprechen Bände: „Ich sehe nicht ein, warum ich nicht eine Symphonie über mich selbst schreiben sollte. Ich finde mich ebenso interessant wie Napoleon oder Alexander den Großen.“ Überheblicher geht’s kaum.
Nun aber werden die Berliner Philharmoniker mit Kirill Petrenko selbst zu Helden und legen sich in dem sechsteiligen Stück jeweils voll ins Zeug, also die Streicher, die Holzbläser, die Cellisten, die Gruppe an den Kontrabässen und das intensiv und tonrein schmetternde Blech.
Die Konzertmeisterin Vineta Sareika-Völkner bei der Saisoneröffnung. Foto: Monika Rittershaus
Doch eine Dame wird an diesem Abend zur eigentlichen Heldin: die 1. Konzertmeisterin Vineta Sareika-Völkner, die erste Frau in dieser Stellung bei den Berliner Philharmonikern. Ihre Soli nach den Vorgaben von Richard Strauss faszinieren sofort und sind eine Qualität für sich.
Im total ausverkauften großen Saal hören ihr alle mit spürbar steigender Konzentration zu. Sie erhält zum Schluss auch die allermeisten Ovationen. Strahlend drückt ihr Kirill Petrenko seinen gerade erhaltenen Blumenstrauß in den Arm. Hoffentlich war das alles bei den live-Übertragungen in den zahlreichen Kinos und im TV ähnlich gut zu hören und zu sehen. Musik solcher Güte ist für alle da!
Mit diesen beiden Werken gastieren Petrenko und die Berliner Philharmoniker am 27.08. zuerst in Salzburg, haben aber noch ein Zweitprogramm mit Werken von Johannes Brahms, Arnold Schönberg und Ludwig van Beethoven parat. Weiter geht es dann nach Luzern und Paris.
Ursula Wiegand