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BERLIN/ Philharmonie/Kammermusiksaal: Jan Vogler spielt die 6 Bach-Suiten für Violoncello solo

27.04.2025 | Konzert/Liederabende

Berlin/ Philharmonie, Kammermusiksaal: Jan Vogler spielt die 6 Bach-Suiten für Violoncello solo, 26.04.2025

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Jan Vogler. Foto: Marco Grob

Das vorige Wochenende bescherte den Berliner Musikliebhabern zwei außerordentliche Konzerte. Das am 26.April im Kammermusiksaal der Philharmonie machte vor allem die Bach-Fans glücklich, und das gelang dem international hoch geschätzten Cellisten Jan Vogler mit den sechs Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach.

Selbstverständlich brauchte er dazu keine Noten, Jan Vogler hatte alles im Kopf. Konzentriert und farbig war sein Parcour durch diese Bachwerke (BWV) von 1007 bis 1012, jeweils mit 4 Sätzen.
Ob sie Bach wirklich in dieser Reihenfolge komponiert hat, ist die Frage. Wichtig ist das aber nicht, denn jede dieser Suiten ist Bach gelungen. Immerhin haben sie unterschiedliche Tonarten, 4 sind in Dur und 2 in Moll. Damalige Hoftänze sind darin ebenso enthalten, war doch Joh. Seb. Bach kein Mensch von Traurigkeit. 

Hier die Liste: 

Suiten für Violoncello solo von Johann Sebastian Bach

Suite für Violoncello solo Nr. 1 G-Dur BWV 1007,

Suite für Violoncello solo Nr. 2 d-Moll BWV 1008

Suite für Violoncello solo Nr. 3 C-Dur BWV 1009

Suite für Violoncello solo Nr. 4 Es-Dur BWV 1010

Suite für Violoncello solo Nr. 5 c-Moll BWV 1011

Suite für Violoncello solo Nr. 6 D-Dur BWV 1012

Eines haben diese 6 Cello-Suiten gemeinsam. Dem jeweiligen Prélude folgen zunächst die Tänze Allemande, Courante, Sarabande und Gigue, doch Bach hat sie noch weiter angereichert. Zwei Menuette zieren die Suiten 1 und 2, zwei Bourrées die Suiten 3 und 4 und zwei Gavotten die Suiten 5 und 6. Offenbar sollte sich niemand langweilen.

Das Prélude der Suite Nr. 1 gilt übrigens als Abschrift durch Bachs 2. Frau Anna Magdalena Bach, eine Handschrift von Bach selbst ist nicht erhalten. Heutige Notenbücher verwenden zumeist weiterhin die Abschriften, die Anna Magdalena Bach zwischen 1727 und 1731 angefertigt hatte. Das war damals so üblich.

Doch für wen hat Bach diese Cello-Suiten komponiert, für andere Musiker oder für sich selbst? Johann Sebastian, ein Barock-Künstler aus einer sehr musikalischen Familie, erlernte und spielte, wie sein Leben zeigt, zahlreiche Instrumente. Erst selbst ausprobieren und dann sie dem Publikum und den Musikern präsentieren, war wohl nicht nur Bachs Motto.  

Der weltbekannte katalonische Ausnahme-Cellist Pau (Pablo) Casals (1876-1973) sagte über diese Cello-Suiten: „Sie sind die Quintessenz von Bachs Schaffen, und Bach selbst ist die Quintessenz aller Musik.“ 

Vor allem war Casals ein unglaublich begabtes und fleißiges Genie, das überall und selbst auf Königshäusern willkommen war und dort auch unterstützt wurde. Noch mit 93 Jahren übte er täglich vier bis fünf Stunden auf seinem Cello. Außerdem war er ein Mann des Friedens und verließ seine Heimat, als Franco an die Macht kam. Auch in der Sowjetunion und im Hitler-Deutschland trat er nicht mehr auf.

Doch nachdem am 9. November 1989 die Mauer, die Deutschland geteilt hatte, gefallen war, reiste Casals nach Berlin und spielte hier nahe dem Brandenburger Tor auf seinem Cello, wie Zeitungsbilder zeigten.

Ob aber die Instrumente, auf denen Bach die 6 Cello-Suiten komponierte, den späteren ähnlich waren, ist eine weitere Frage. Vermutlich waren sie kleiner und wurden mit den Armen gehalten. Jan Vogler spielt jedoch auf dem Stradivari-Cello „Castellbarco/Fau von 1707, und das ist groß, steht auf dem Boden und wird mit den Beinen gehalten. Sehr tiefe und dennoch klangreiche Töne bringt es zustande und begeistert auch mit seinen geschmeidigen Höhen. 

Echte Arbeit müssen jedoch die Finger leisten, die jemand, der/die ein solches Instrument spielt, nicht selbst sehen kann. Lange Übungsstunden und hohe Konzentration verlangen diese Konzerte. 

Doch Jan Vogler tut fast so, als sei das alles ein Kinderspiel. Er „arbeitet“ mit freudiger Eleganz und zeigt keine Ermüdung. Dieses Cello bereichert sichtlich sein Leben. Auch das Bach-affine Publikum ist glücklich und belohnt ihn zurecht mit „standing ovations“. Vielleicht reisen auch einige gerne zu seinem jährlichen Festival auf der sächsischen Moritzburg.

Ursula Wiegand

 

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