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Berlin / Philharmonie: Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) feiert mit Schwung seinen 75. Geburtstag,

20.11.2021 | Konzert/Liederabende

Berlin / Philharmonie: Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) feiert mit Schwung seinen 75. Geburtstag, 19.11.2021

lisa batiashvili als solistin mit dem deutschen symphonie orchester berlin unter der leitung robin ticciati in der berliner philharmonie am 19.11.2021. foto peter adamik
Lisa Batiashvili als Solistin mit dem Deutschen Symphonie Orchester Berlin unter der Leitung Robin Ticciati in der Berliner Philharmonie am 19.11.2021. Foto Peter Adamik

Zu einem 75. Geburtstag werden oft anerkennende Reden gehalten, doch der jugendlich agile Chefdirigent Robin Ticciati (38) und das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin (DSO) verschwenden darauf keine Zeit und widmen sich sofort der Musik.

Dennoch sei hier ein kurzer Rückblich eingefügt. Berlin, vor allem das Zentrum, lag in Schutt und Asche, als am 15. November 1946 dieses Orchester durch den RIAS, den Rundfunk im amerikanischen Sektor, von den USA gegründet wurde. Folglich erhielt es den Namen RIAS-Symphonie-Orchester und begeisterte bald die Berliner..  

In den 1950er Jahren wurde es eine GmbH und in Radio Symphonie-Orchester Berlin umbenannt. Seit 1993 trägt das DSO seinen heutigen Namen, hat durch seine herausragende Qualität internationales Profil gewonnen und ist nicht nur der kleine Bruder der Berliner Philharmoniker, sondern ein Orchester, das viele Wege mit Erfolg ausprobiert.

Berlinerinnen und Berliner wissen das, und die Gäste lernen es schnell. „Berlin braucht Musik“, ist das Motto von Robin Ticciati, seit 2017/2018  Chefdirigent und Künstlerischer Leiter des DSO. Mit diesem Spruch ist er schon 2020 beim ersten Lockdown mit den Musikerinnen und Musikern durch Berlin gezogen und hat es 2021 erneut getan. Wichtiges muss halt zu den Menschen gebracht werden.-

Also stürmt nun Ticciati sogleich aufs Podium, und nicht das allzu Übliche steht auf dem Programm. Zusammen mit dem engagiert musizierendem DSO startet er zwar einen Parcours von der Vergangenheit in die Gegenwart, doch vier von fünf gebotenen Werken dürften nicht nur für das Publikum neu sein. Gut so!

Das erste Stück von Ralph Vaughan Williams/Thomas Tallis, genannt „Fantasia on a Theme by Thomas Tallis“ und komponiert 1910, schwebt wunderbar durch den großen Saal und schmeichelt sich sogleich in die Ohren. Das ist aber weitgehend dem einst berühmten Renaissance-Musiker Tallis zu verdanken, einem Spezialisten für großartiges, zumeist religiöses Chorschaffen. Offenkundig hat Ralph Vaughan Williams dieses Erbe mit gebührender Ehrfurcht behandelt.

Für einen drastischen Kontrast gleich danach sorgt George Benjamin mit „Sudden time“ für großes Orchester, ausgestattet mit einem Instrumenten-Apparat sondergleichen. Der lässt zwar staunen, doch das Ergebnis überzeugt nicht wirklich. Das zweiteilige Stück beginnt mit Donnerschlägen, generell überwiegen Turbulenzen und trickreiche Rhythmus-Verschiebungen. Ein Sammelsurium von nervösen Einfällen tut sich auf, die laut Programmheft wohl auf einem bösen Traum basieren.

Weit amüsantere Gedanken sind offenbar Antonín Dvořák durch den Kopf gegangen, als er das „Scherzo capriccioso für Orchester op. 66“ komponierte. Der Name ist Programm, plötzliche Walzertakte überraschen. Insgesamt wirkt das oft schelmische Stück, als probiere der Tscheche etwas aus und sinne in Pausen darüber nach, was nun folgen könnte.

Diese Pausen werden bei dieser DSO-Geburtstagsfeier jedoch mit Jazz-Improvisationen für Klavier und Violoncello gefüllt. Rolf Zielke Klavier und Stephan Braun Violoncello sorgen dafür, dass wir uns mehrmals wie im Jazz-Keller fühlen. Das kommt bestens an und wird vom Publikum mit heftigem Applaus belohnt.

Auf einem völlig anderen Level musiziert jedoch die Ausnahme-Violinistin Lisa Batiashvili, die voller Hingabe, mal sanft, mal voller Power das kaum bekannte „Poème für Violine und Orchester Es- Dur op. 25“ von Ernest Chausson (1855 – 1899) so einfühlsam und makellos auf einer Guarneri del Gesù von 1739 spielt, dass alle atemlos lauschen. Das ist der Höhepunkt des Abends, danach wird intensiv gejubelt.

Der bekannte „Don Juan op. 20“ von Richard Strauss kann da nicht mithalten, obwohl Ticciati ihm jede Menge an Elan verpasst. Auf alle Fälle macht es einen deutlichen Unterschied gegenüber sonstigen Interpretationen, wenn ein junger, beweglicher Dirigent wie Ticciati diesen ebenfalls jungen Selbstherrlichen interpretiert, der zuletzt ganz leise abtreten muss. Noch einmal begeisterter, lang anhaltender Applaus.

Das Konzert wurde übrigens im Rundfunk RBB Kultur übertragen und am 20,11  wiederholt. So bedankten sich Ticciati und alle Mitwirkenden bei ihren glücklichen Geburtstagsgästen.  

Ursula Wiegand 

 

 

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