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BERLIN/ Philharmonie: Abschiedskonzert von Martin Grubinger mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin

31.01.2023 | Konzert/Liederabende

Berlin / Philharmonie: Abschiedskonzert von Martin Grubinger mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, 29.01.2023

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Martin Grubinger. Foto: Stefan Maria Rother

Die Philharmonie ist voll, vorne, hinten und an den Seiten. Alle wollen ihn noch einmal sehen, hören und bewundern, den weltbekannten Multi-Perkussionisten Martin Grubinger kurz vor seinem 40. Geburtstag. Denn mit 40 Jahren will er wirklich mit dem Bühnenleben aufhören, Schlagzeug-Marathons und ähnlichen Herausforderungen, die er bisher gemeistert hat. Aber im Sommer 2023 ist endgültig Schluss damit.

Der Österreicher Grubinger, schon seit dem Studienjahr 2018/19 Universitätsprofessor für klassisches Schlagwerk/Multipercussion an der Universität Mozarteum Salzburg wird dann sein Wissen in die Jüngeren weitergeben.

Als Grubinger seinen bereits angedeuteten Rückzug vom weltweiten Konzertieren vor kurzem definitiv bekanntgab, waren vermutlich viele Musikfans ziemlich geschockt. Der 29. Januar 2023 war also wirklich – nach seinem Auftritt am Vortag in der Philharmonie – die letzte Chance, ihn in Berlin noch einmal live zu erleben.

Mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin (DSO) und dem jungen lettischen Dirigenten Andris Poga stürzt er sich ins „Inferno“. Grubinger selbst hatte dieses vom Isländer Daniel Bjarnason für ihn komponierte Werk sogleich „Hölle“ genannt, und höllisch schwierig ist es tatsächlich. Das sieht und hört das Publikum sofort.

Erst im November ist das 3-Sätze-Stück fertig geworden, eigentlich recht wenig Zeit, um es zu lernen. Doch Grubinger, der stets auswendig spielt, hat es geschafft. Mit Bravour und Finesse, mal laut und mal leise, breitet er dieses keineswegs atonale „Inferno“ vor den faszinierten Besucherinnen und Besuchern aus. Konzentriertes Hören und Sehen ist nun die Aufgabe des Publikums.

Denn erst diese Live-Darbietung zeigt genau, was Grubinger leisten kann und muss. Dieser schlanke Multi-Percussionist im schwarzen T-Shirt ist ein Athlet von Kopf bis Fuß, von den Fingerspitzen bis in die Gehirnfasern.

Trommeln, Pauken, Marimbaphon, viele unterschiedliche Schlägel bis zu dickeren Hölzern, die bei einer ebenfalls hölzernen baskischen Txalaparta zum Einsatz kommen, werden von ihm leichthändig, mitunter auch kraftvoll bedient.

Mal schwingt Grubinger ein Holzhämmerchen, dann wieder lässt er aufgehängte kleine Gongs ertönen.

Bei all’ dieser vielfältigen und ungemein geschwind erbrachten Tonerzeugung bleibt er locker, muss sich dann aber mit einem Handtuch die Haare trocknen, während er hinüber geht zu drei großen Pauken, wo schon zwei Kollegen aus dem DSO auf ihn warten. Alle drei musizieren nun gemeinsam und schicken zumeist sanfte Töne in den Saal. Auch die Zusammenarbeit mit dem lettischen Dirigenten Andris Poga funktioniert von Anfang an bestens.

Nach dem starken Beifall gibt es noch eine Zugabe. „Das ist Sport und hat nix mit Musik zu tun“, sagt Grubinger mit Lausbublächeln. Und gerade dieser fetzige Trommelwirbel reißt das Publikum echt von den Sitzen.

Passend zum „Inferno“ folgt nach der Pause das düster-unheimliche Werk „Johannisnacht auf dem Kahlen Berg“ aus dem Jahr 1867 von Modest Mussorgsky in dessen Originalfassung. Vom Dirigenten und dem DSO-Orchester wird es mustergültig dargeboten.

Den Schluss bildet eine Suite aus dem Ballett „Romeo und Julia“ von Sergei Prokofjew. Acht Teile hat der Dirigent ausgewählt, die den makabren und todbringenden Streit der beiden Familien ebenso eindeutig schildern wie die große Liebe des jungen Paares und sein grausames Ende. Starker Applaus auch nach diesen beiden Werken.    

Ursula Wiegand

 

 

 

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