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BERLIN/ Musikfest: Orchestre des Champs-Elysées/Collegium Vocale Gent, Leitung Philippe Herreweghe. 

06.09.2025 | Konzert/Liederabende

Musikfest Berlin am 05.09. mit dem Orchestre des Champs-Elysées/Collegium Vocale Gent, Leitung Philippe Herreweghe. 

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Orchestre des Champs-Elysées/Collegium Vocale Gent, Leitung Philippe Herreweghe. Foto: Fabian Schellhorn

Dieser Abend mit seinem Programm hat vielleicht manche Besucher überrascht. Endlich mal wieder die „Eroica“, also die Sinfonie Nr. 3 Es-Dur von Ludwig van Beethoven. Die machte nach ihrem Erscheinen 1803 schnell die Runde, und sie durfte auch nicht fehlen, wenn Konzerthäuser mit ihrer Crew auf Auslandstouren gingen.

Die Eroica gehörte einfach dazu, entstand sie doch kurz nach der Französischen Revolution. Beethoven widmete diese Sinfonie zunächst sogar dem General Napoleon Bonaparte, der die vorherige Regierung gestürzt hatte. Ausschlaggebend war der Sturm auf die Bastille am 14.Juli 1789,  ein Tag, der noch heute gefeiert wird.

Anstelle der bisherigen Unterdrückung durch das Königtum war das Ziel nun „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Doch nicht erst heute muss kritisch gefragt werden, ob und was aus diesen drei Worten geworden ist.

Schon bei Napoleon, der sich selbst die Kaiserkrone auf den Kopf setzte und dann Russland eroberte, war dieses Motto fast schon vergessen. Und wie ist es in Frankreich heute? Schon wieder wackelt die Regierung, vielleicht werden dort doch noch die Rechten den Sieg erringen. Dieser Trend hat schon viele europäische Länder erfasst.

Doch zurück zu Beethoven und seiner Eroica. Da sie ständig daheim zu hören war und durch die Lande getragen wurde, zeigte sich allmählich auch etwas Frust. „Immer wieder diese Eroica, die geht mir allmählich auf die Nerven“, seufzten sogar einige Musiker, die sie ständig spielen mussten, hinter vorgehaltener Hand.

Dennoch gilt bis heute, dass Beethoven die sog. Wiener Klassik zu ihrer höchsten Entwicklung führte und er weiterhin zu den überragenden Komponisten in der Musikgeschichte zählt. Gut also, seine Eroica mal wieder zu hören.

Daher ist es auch richtig, dass Philippe Herreweghe dieses Werk nach recht langer Pause wieder aus der Versenkung geholt hat. Allerdings dirigierte er sie zunächst ohne den richtigen Schwung.

Jedenfalls ist bei Beethovens „Allegro con brio“ im ersten Satz kaum etwas Feuer zu hören, und der Trauermarsch im 2. Satz , dem sich ein Adagio assai anschließt, ist auch nicht geeignet, um alle Zuhörenden zu animieren. Erst die letzten beiden Sätze entwickeln feurigen Schwung, und der wirkt. Der Applaus ist schließlich kräftig.

Danach ist Luigi Cherubini mit seinem „Requiem, c-Moll für gemischten Chor und Orchester“ von 1815/16 an der Reihe, und nun ändert sich wirklich alles. Herreweghe blüht förmlich auf, denn das ist sozusagen seine Musik. Auch das Publikum begeistert sich für das reine c-Moll, wird doch alles vom Introitus, über das strenge Dies Irae bis zum erlösenden Agnus Dei so großartig vom gemischten Chor gesungen.

Übrigens haben schon Beethoven und andere Musikgrößen Cherubini sehr geschätzt. „Ich ehre und liebe Sie“, schrieb Beethoven, und bald war er mit ihm befreundet. Er  hat sich sogar von ihm ein Requiem für seinen eigenen Tod gewünscht. Doch dieser Wunsch ist wohl nicht in Erfüllung gegangen. Cherubini schuf jedoch für sein eigenes Begräbnis ein weiteres Requiem nur von Männerstimmen gesungen, das ist gewiss.

Jetzt, beim Musikfest Berlin, ging auch der Wunsch des Publikums nach solch einer wunderbaren Trauermusik in Erfüllung, das zeigten die „standing ovations“.  

Ursula Wiegand

 

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