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BERLIN/ Komische Oper: MY FAIR LADY

Von Phonetikern und ihren Geräten

06.01.2019 | Operette/Musical

Frederick Loewe: My Fair Lady, Komische Oper, Berlin, Besuchte Vorstellung: 05.01.2019

(34. Vorstellung seit der Premiere am 28.11.2015)

Von Phonetikern und ihren Geräten

„My Fair Lady“ ist wie das einen Tag später gezeigte „Anatevka“ ein Klassiker der Musical-Literatur und hat trotz aller „Britishness“ interessante Verbindungen zu Berlin und zum deutschen Sprachraum: Loewes Vorlage, Georg Bernard Shaws „Pygmalion“, wurde 1913 im Burgtheater zu Wien uraufgeführt, der Komponist des Musicals verbrachte seine Kindheit als Friedrich Löwe in Berlin und das Berliner Theater des Westens war 1961 Ort der deutschen Erstaufführung.

Die Komische Oper Berlin hat sich unter Intendant Barrie Kosky zu einem Zentrum für qualitativ hochstehende Operetten- und Musical-Inszenierungen entwickelt, was auf der musikalischen Seite auch mit diesem Abend wieder bewiesen wurde. Die Riege der Solisten, angeführt von Katharine Mehrling als Eliza Doolittle und Max Hopp als Professor Henry Higgins, Tänzer (Choreographie: Arturo Gama), Chorsolisten (Chöre: David Cavelius) und Orchester der Komischen Oper Berlin unter Peter Christian Feigel boten eine Musical-Aufführung, eine Show, wie sie sein sollte.

Weniger rosig sah die szenische Seite aus. „My Fair Lady“ ist, im Gegensatz zu den anderen Musicals der laufenden Saison, nicht von Chefregisseur und Intendanten Barrie Kosky, sondern von seinem Vorgänger Andreas Homoki in Szene gesetzt. Der Grundeindruck ist, wie bei seinem auch bereits im Fernsehen gezeigten und auf DVD verfügbaren „Land des Lächelns“ für das Opernhaus Zürich, der der szenischen Belanglosigkeit. Gutes Regiehandwerk hat für Homoki, so äussert er sich im Programmheft, die Aufgabe die Aufmerksamkeit des Zuschauers frisch und fokussiert zu halten. Ob sich die Aufmerksamkeit des Zuschauers mit Vorhängen, die sich der Drehbühne entlang von links nach rechts und zurück bewegen, frisch halten lässt, scheint doch fraglich. Ansonsten wird die leere Bühne nur von Phonetischen Geräten und Grammophonen verschiedener Grösse bevölkert (Bühnenbild: Frank Philipp Schlössmann). Homoki‘s Vorliebe Stücke zu verändern hält sich hier zum Glück in Grenzen: er hat die „Zeit der Handlung geringfügig verschoben“. Das Stück spielt nun im Berlin der 20er-Jahre und um Eliza als Proletarierin kenntlich zu machen, nutzt Homoki den Berliner Dialekt (und das Programmheft verschweigt die Verwendung einer spezifisch an Berlin angepassten Übersetzung ins Deutsche durch Robert Gilbert). Ob die Proletarier im Berlin der 20er-Jahre wie ihren in der Agrarwirtschaft des Mittleren Westens der USA tätigen Zeitgenossen gekleidet (Kostüme: Mechthild Seipel) waren, scheint doch fraglich.

Die musikalische Qualität wie der Unterhaltungswert des Abends werden durch die szenische Belliebigkeit leider arg gemindert.

Weitere Aufführungen: 12.01.2019, 19.01.2019, 26.01.2019, 31.01.2019, 24.03.2019, 02.04.2019 und 01.05.2019.

 

11.01.2019, Jan Krobot

 

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