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BERLIN/ Komische Oper im Schiller-Theater: HERCULES von  Georg Friedrich Händel

17.03.2024 | Oper international

Berlin /Komische Oper im Schiller Theater: „HERCULES“ von  Georg Friedrich Händel, Premiere 03.03.2024 und weitere Chancen!

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Foto: Monika Rittershaus

„Hercules, Eifersucht – das Gift der Liebe“ heißt diese sehr erfolgreiche Aufführung an der Komischen Oper, die am 03. März im Schiller Theater Premiere hatte.

Wer es bisher noch nicht geschafft hat, besitzt jedoch noch vier Chancen, dieses außergewöhnliche Werk am 19., 23.und 29. März sowie am 05. April 2024 zu erleben und damit Sternstunden in Gesangs- und Schauspielkunst.

Genau solches wollte Georg Friedrich Händel, der berühmte Barockkomponist, dem Publikum bei der Uraufführung seines Oratoriums „Hercules“ im Jahr 1745 bieten. Doch er hatte Pech. Die Star- Altistin fiel krankheitsbedingt aus, und der Einspringer für die Rezitative sang mit heiserer Stimme.

Sein Londoner Publikum war darüber „not amused“, die Aufführung wurde ein Flop und verschwand fast zwei Jahrhunderte lang von den Bühnen. Erst 1925 wagte sich Münster an eine szenische Aufführung.

Jetzt aber erlebt dieses Musikdrama, das an einen antiken Helden erinnert, eine von Barrie Kosky recht moderne und flott inszenierte Aufführung, die dankenswerterweise jeden szenischen Pomp vermeidet (Bühnenbild und Kostüme: Katrin Lea Tag). Gerade deshalb lenkt sie nicht vom Wichtigsten ab – der in diesem Werk besonders schönen Händel-Musik.

Zu erleben ist also eine großartige, rund 3-stündige Darbietung, die bei der Premiere zu Recht intensiv bejubelt wurde. Das gleiche war zuvor an der Oper Frankfurt der Fall, wo Barrie Kosky dieses Oratorium bereits im Frühjahr 2023 auf die Bühne hob.

Die dortige Star-Mezzo-Sopranistin Paula Murrihy, mit der er nun das dritte Mal zusammenarbeitet, hat er nach Berlin mitgebracht. Besseres konnte Kosky nicht tun, verkörpert sie doch höchst überzeugend Hercules’ Ehefrau Dejanira, die in dieser Variante die Hauptrolle innehat.

Die übrigen Partien sind in Berlin anders als in Frankfurt besetzt, aber ebenfalls 100prozentig passend. Auch der Dirigent David Bates bietet eine perfekte Leistung.

Gesungen und agiert wird nach dem Libretto von Thomas Broughton, der sich der damaligen Zeit gemäß sehr an Shakespeare orientierte. Bei Broughton wurde Hercules (Herakles) ein Eroberer, der in jahrelangen Kämpfen ein Land verwüstet, den König der Oechalier (ein Gebiet im alten Griechenland) besiegt und dessen Tochter, die Prinzessin Iole, mit in seine Heimat bringt, in der sie sich von den Schrecken erholen und sich frei bewegen kann.

Lange Zeit ist jedoch dieser Kämpfer gar nicht zu sehen oder zu hören. Nur zwei Hercules-Statuen, eine sitzend, eine stehend, erinnern Dejanira, die sich schon viele Jahre nach ihm sehnt und sogar seinen Tod befürchtet, an ihren abwesenden Gatten. Von einem weißen Schleier verhüllt, verbringt sie neben seiner Statue sitzend ihre traurigen, aufs Gemüt schlagenden Tage.

Doch endlich bringt der Bote Lichas, hier eine Botin und Schwester von Hercules – gut gesungen von Susan Zarrabi – die erlösende Nachricht, dass Hercules gesiegt habe und bald in seiner Heimat sein werde.

Tatsächlich kommt er, der Bass-Bariton Brandon Cedel, ein kräftiger, sportlicher Mann, ein wahrer Hercules. Er und Dejanira fallen sich in die Arme, herzen und küssen sich.

Doch schnell schwindet Dejaniras große Wiedersehensfreude, als sie die junge aparte Prinzessin Iole erblickt, die ihr Mann mitbringt. Nur aus Mitleid, wie er sogleich betont. Ein Verhältnis mit ihr hätte er nicht.

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Foto: Monika Rittershaus

In den antiken Sagen klingt das deutlich anders. Laut Wikipedia ist Hercules (Herakles) ein für seine Stärke berühmter griechischer Heros, dem göttliche Ehren zukamen und der in den Olymp aufgenommen wurde. Er war der Gatte diverser Frauen, hoffentlich nacheinander sei hinzugefügt, und außerdem der Geliebte von Iole.

Doch soviel Sex war in Britannien zu Händels Zeiten nicht erlaubt und ein Grund dafür, dass anstelle von freizügigen Opern lieber Oratorien komponiert wurden. Passend dazu hat Thomas Broughton sein Libretto verfasst und Hercules als einen treuen Gatten dargestellt.

Doch welche Frau soll angesichts einer schönen jungen Rivalin solche Männersprüche glauben? Bei Dejanira kocht verständlicherweise sofort die Eifersucht hoch, auch wenn Prinzessin Iole dasselbe wie Hercules behauptet. Der zürnt nun seiner Gattin, und die beiden Frauen liefern sich alsbald heftige Wortgefechte.

Die selbstbewusste Iole, temperamentvoll interpretiert von der Sopranistin Penny Sofroniadou, wird zur Gegnerin der Königin, und die Auseinandersetzungen der beiden Frauen Gesicht an Gesicht werden zum Höhepunkt dieses Musikdramas.

Dass Hyllus, der Sohn von Hercules und Dejanira, schon längst ein Auge auf Iole geworfen hat und sie heiraten möchte, interessiert die junge Fremde nicht. Dem Sohn von Hercules, der ihren geliebten Vater getötet hat, will sie keinesfalls die Hand reichen. Da hilft weder Hyllus’ Zärtlichkeit noch der wohllautende Tenor von Caspar Singh, der das Publikum sofort begeistert.

Doch Dejanira gibt nicht auf. In einem hübschen Sommerkleid tanzt sie fröhlich umher, will offensichtlich ihren Mann becircen und versichert ihm, dass sie seinen Worten glaubt und entschuldigt sich für ihre Eifersucht. Zum neuen Miteinander reicht das nicht, zu sehr haben die langjährigen Kämpfe Hercules angeblich ermüdet.

Dejanira reicht ihm jedenfalls ein Versöhnungsgeschenk, das sie vom Zentauer Nessos erhalten hatte, den Hercules einst beim Wettstreit um sie mit einem vergifteten Pfeil getötet hatte. Sein Blut auf dem Hemd, so der Zentauer, würde ihr mal des Gatten Liebe neu gewinnen.

Und wieder erhebt sich die Frage, wieso die kluge Dejanira solches glauben und diese toxische Gabe aufbewahren konnte. Mehr Argwohn hegt Lichas. Mit spitzen Fingern holt sie diese – ein schneeweißes Leibchen – aus dem Loch in einer Hercules-Statue.

Der Händel-Hercules streift es sogleich über, eilt zur Opferzeremonie und Lichas folgt. Doch Fürchterliches muss sie nach der Rückkehr berichten. Im Feuerschein habe die Hitze das in diesem Gewand gespeicherte Gift belebt und dazu geführt, dass sich Hercules das nun festgeklebte Leibchen nicht mehr vom blutendem Körper reißen konnte. Qualvoll musste er sterben.

Hat Dejanira, die hier als unschuldig gilt, das doch irgendwie einkalkuliert? Sie fühlt sich nun von Furien verfolgt und wird wahnsinnig. Andererseits wurde Hercules vom Gott Jupiter mit Hilfe eines Adlers in den Götter-Olymp transportiert, berichtet ein Priester des Jupiter (Noam Heinz).

Der fordert nun im Namen Jupiters, dass Iole und Hyllus heiraten. Hyllus strahlt, doch recht zögernd reicht ihm Iole ihre Hand. Können diese Beiden überhaupt glücklich werden?

Doch noch eines ist unbedingt zu betonen: die Superleistung des von David Cavelius einstudierten Chores der Komischen Oper, der das Volk verkörpert und das Geschehen vollendet begleitet. Auch diese Sängerinnen und Sänger bieten dem Berliner Publikum eine Sternstunde und werden entsprechend bejubelt.

Hinzugefügt sei außerdem, dass die neue Spielzeit am 21. September mit Georg Friedrich Händels Oratorium „Messiah“ im Hangar 1 des Flughafens Tempelhof startet, wo zuvor schon „Das Floß der Medusa“ die Fans in Scharen herbeilockte.

Regisseur Damiano Michieletto wird dieses Händel-Werk – der Dimension des Ortes entsprechend – mit 500 Chorsänger:innen aus den unterschiedlichsten Amateur-Chören der Hauptstadt in einem neuartigen Raumkonzept inszenieren. Die musikalische Leitung hat dann der Künstlerische Leiter der Händelfestspiele Göttingen, George Petrou.   

Ursula Wiegand

 

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