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BERLIN / Kammermusiksaal der Philharmonie – Zu Gast bei Esterházy, 9.3.2018
Marc Minkowski dirigiert die Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker
So viel Schwung und Begeisterung hat es im voll besetzten Kammermusiksaal der Berliner Philharmonie schon lange nicht mehr gegeben. Ein bestens gelaunter Marc Minkowski hat das Orchester der Karajan Akademie der Berliner Philharmoniker bei Wolfgang Amadeus Mozarts Symphonie Nr. 33 in B-Dur, KV 319, Joseph Haydns Trompetenkonzert in Es-Dur und Franz Schuberts zündender Symphonie Nr. 1 in D-Dur, D 82 zu erstaunlichen Höhenflügen animiert. Dass Wiener Klassik beileibe nicht gepflegte Langeweile bedeuten noch nur als Aufwärmer für Hochromanisches dienen muss, dieses Konzert war des bester Beweis.
Schon längst haben sich, was Strich, Spielweise, Artikulation, Temporegie oder rhythmische Akzentuierung anlangt, die Erkenntnisse der Originalklangbewegung durchgesetzt, auch wenn ein Orchester mit modernen Instrumenten antritt. Gerade dann kann das Ergebnis entspannter, aber auch energetisch hoch aufgeladen sein, wie dies Marc Minkowski am Freitag Abend in der Philharmonie vorexerziert hat. Natürlich stand ihm eines der besten Nachwuchsorchester der Welt dabei zur Verfügung. Ihre Entstehung verdankt das Orchester Nachwuchssorgen in den frühen Siebzigerjahren, die Herbert von Karajan und kunstaffine Persönlichkeiten der deutschen Wirtschaft zur Idee bewogen haben, junge und hochtalentierte Musiker nach ihrem Instrumentalstudium am Orchester ausbilden zu wollen. Die auch deshalb, um die unverwechselbare Klangkultur der Philharmoniker bewahren zu können. Heute sind ungefähr ein Drittel der Berliner Philharmoniker Akademie-Absolventen. Ein beeindruckender Beweis für das Funktionieren dieses schon oft kopierten Konzepts.
Besonders beeindrucken die Hörner und Trompeten, aber auch Fagott, Klarinetten und Fagotte erreichen eine klangliche Meisterschaft, die dem Großen Orchester in Qualität und Klangfülle kaum nachsteht. Das zeigt sich besonders beim hitverdächtigen Trompetenkonzert von Joseph Haydn, wo Kantabilität, verschmitzte Spiellaune und das flott hingepinselte Rondo-Finale auch dank des Solisten Gábor Tarkövi das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Nach der Pause als Höhepunkt des Konzert weiß Minkowski die erste Symphonie des erst 16-jährigen Schubert quasi von innen zum Leuchten zu bringen. In Wahrheit hat sich Schubert schon hier von großen Vorbildern emanzipieren können, besonders in der Instrumentierung, aber auch in der melodischen Eingebung und manch harmonischen Wandlungen schimmert schon der große Symphoniker späterer Jahre durch. Marc Minkowski nimmt dieser oft verkannten Musik alle Erdenschwere, setzt auf Transparenz und dynamisches Vorwärtsdrängen. Das Orchester scheint bisweilen zum Flug abheben zu wollen, mit solch unwiderstehlicher Kraft überträgt sich die Begeisterung der hochmotivierten Musiker in ihrem Einsatz für den jungen Schubert. Beim “Kehraus” -Finale drückt Minkowksi noch einmal so richtig aufs Gaspedal. Nach lautstarken Ovationen gibt das Orchester mit dem Adagio aus der Symphonie Nr. 104 von Joseph Haydn eine großzügige Zugabe.
Anmerkung: Mit diesem Konzert wurde die Zusammenarbeit zwischen der Karajan-Akademie der Berliner Philharmoniker und der Esterházy Privatstiftung fortgesetzt. Die Stiftung fördert einmal jährlich ein Projekt der Karajan-Akademie mit dem Fokus auf Repertoire der Wiener Klassik. Das Konzert wird am 28. April 2018 auf Schloss Esterházy in Eisenstadt im Rahmen der Konzertreihe classic.Esterhazy wiederholt.
Dr. Ingobert Waltenberger