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BERLIN/ Deutsche Oper: RIGOLETTO. Sängerfest bis in die kleinste Rolle

09.07.2023 | Oper international

BERLIN / Deutsche Oper RIGOLETTO; 8.7.2023

Sängerfest bis in die kleinste Rolle

Zum Saisonabschluss gibt es an der Deutschen Oper Berlin eine aus dem Orchestergraben grob gestrickte Repertoire-Aufführung von Giuseppe Verdis „Rigoletto“. Für Markus Brück springt kurzfristig der russische Starbariton Roman Burdenko ein. Burdenkos hell timbrierter Kavaliersbariton ist ein Glücksfall an ebenmäßigem, elegantem Verdi Gesang, wo eine vorzügliche Technik und tief empfundener Ausdruck sich stets die Hände reichen. Bei den Kostümen allerdings hat Kathrin Plath sich besonders Fürchterliches für Rigoletto einfallen lassen. Dem Auftritt als überdimensionierter güldener Lamettahase folgt ein kaum weniger unvorteilhaftes Kostüm, das wie  Glitterskiunterwäsche aussieht. Erst im dritten Akt darf dieser Rigoletto im üblichen Businessanzug herumlaufen. Auif der interpretatorischen Habenseite steht noch, dass kein Verismo Geschluchze die in größte Verdi-Hits gegossene Leidensgeschichte des in der eigenen Rachefalle gefangenen Hofnarren und seiner armen Tochter Gilda trübt.

Das in den liederlichen Herzog von Mantua bis in die Knochen verliebte Mädchen wird von der jungen spanischen Sopranistin Marina Monzó mit all der rührenden Unschuld und seelischen Noblesse gesungen, die aus Gilda eigentlich die Hauptfigur der Oper machen. Monzó verfügt über einen agilen lyrischen Koloratursopran, der bis in die höchsten Lagen silbern leuchtet, leicht und duftig anspringt und noch dazu mit einem apart-femininen Timbre glänzt. Im dritten Akt überstrahlt die zunehmend Verzagte im Quartett mühelos Orchester und Kollegenschaft. Das Schlussduett mit Rigoletto ‚V’ho ingannato … colpevole fui …‘ in bewegenden Pianotönen trifft das Publikum direkt ins Herz.

Ensemblemitglied Andrei Danilov ist in der Rolle des unsympathischen Verführers und sexumtriebigen Herzogs gut aufgehoben. Von der Regie (Jan Bosse) zu einem neureichen Proll verdammt, überzeugt Danilov mit einem top höhensicheren lyrischen Tenor mit energischem Biss und einem beachtlichen messa di voce. Dass das letzte C hinter der Bühne nicht klappt, tut seiner insgesamt erstklassigen Leistung kaum Abbruch.

Besondere Erwähnung verdienen noch Byung Gil Kim als düster bedrohlicher Sparafucile, mit rabenschwarzem Timbre und einer tollen Tiefe imponierend, und die stets zuverlässige Annika Schlicht mit ihrem üppigen Mezzosopran als Giovanna und Maddalena. Aber auch Michael Bachadze (Graf von Monterone), der vorzügliche Joel Allison (Graf von Ceprano), der markante und spielfreudige Kyle Miller (Marullo) sowie Thomas Cilluffo (Matteo Borsa) werden höchsten Ansprüchen gerecht.

Leider gilt dieses Loblied unter der musikalischen Leitung von Giedrė Šlekytė weder für Chor noch Orchester der Deutschen Oper Berlin. Entweder wurde zu wenig geprobt oder es war halt ein wenig inspirierter Abend aus dem Orchestergraben. Wo das Orchester knallig zupacken durfte, stellte sich auch der gewünschte Effekt ein. Bedauerlicherweise flachte die Spannung in den heiklen langsamen Passagen bis auf Null ab, von Gestaltung und subtiler Verdi’scher Klangraffinesse war hier kaum etwas zu spüren. Auch der Chor glänzte nicht gerade durch präzise Rhythmik, sondern brüllte sich lautstark durch die Noten.

Fazit: Eine bis in die kleinste Rolle grandiose Besetzung, Orchester und Chor verharren auf durchschnittlichem Repertoireniveau.

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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