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BERLIN/ Deutsche Oper: DORNRÖSCHEN – fulminant getanzter Ballettklassiker

30.05.2022 | Ballett/Performance

Berlin: 28.05.2022: „DORNRÖSCHEN“ in der Deutschen Oper – fulminant getanzter Ballettklassiker

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Zweikampf zweier Feen: Aurora Dickie (Fliederfee) und Arshak Ghalumyan (Carabosse). Copyright: Yan Revazov

Vor knapp 14 Tagen war die lang ersehnte Premiere dieses beliebten wie bekannten Ballettklassikers. Die Version von Marcia Haydée, die sie 1987 für Stuttgart herausbrachte, wurde nun erstmals in Berlin von ihr erarbeitet. In ihrer auf technischer Bravour ausgerichteten Choreografie kommt dennoch der Ausdruck nicht zu kurz, sind durch den Widerstreit Gut – Böse auch psychologische Deutungen enthalten. 

Jordi Roig schuf eine prunkvolle opulente Ausstattung mit edlen, in harmonisch aufeinander abgestimmten Farbnuancen schwelgenden Kostümen und bietet so einen märchenhaften Rahmen für dieses Handlungsballett, das in drei Akten mit Prolog nur eine Pause hat.

Wie hochkarätig die Möglichkeiten im Staatsballett Berlin sind, zeigen die Besetzungsvarianten: nach Polina Semionova in der Titelrolle, Alexandre Cagnat als Prinz Desiré und Dinu Tamazlacaru als Carabosse in der Premiere, sind an diesem Abend Iana Salenko, Daniil Simkin und Arshak Ghalumyan zu sehen.

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Strahlend schönes Paar: Iana Salenko (Aurora) und Daniil Simkin (Prinz Desiré). Copyright: Yan Revazov

Iana Salenko ist eine zierliche Aurora, die durch ihre Präzision in der Technik und ihre anmutige Bühnenpräsenz besticht. Souverän meistert sie alle Finessen: das Rosen-Adagio mit den vier sie umwerbenden Prinzen gelingt ihr ebenso glanzvoll wie der Schluss-Pas de deux mit Prinz Desiré. Dem ist sie nicht nur zuvor in der Traum-Vision erschienen – er ist ein wahrer Traumprinz: Daniil Simkin brilliert nicht nur durch feine Linie, hohe wie raumgreifende Sprünge und weiche Landungen sowie durch seine schönen Pirouetten, er zeigt innigen Ausdruck und ist ein sorgsamer Partner. Ein wahrer Danseur noble! 

Arshak Ghalumyan ist omnipräsent als Carabosse. Er vereinnahmt sogar den Raum vor der Bühne: schreitet er doch bereits zu Beginn bei geschlossenem Vorhang von einer Seite zur anderen und so gehört ihm auch sozusagen das letzte „Wort“, wenn er nach dem Schlussvorhang noch einmal vorüber schleicht: das Böse ist immer da. Als androgynes Wesen changiert er meisterhaft zwischen übermächtig bedrohlich böse und dem verletzten Stolz einer verschmähten Frau. Einzig Aurora Dickie als gütige Fliederfee kann Carabosse mit nachdrücklicher Bestimmtheit in die Schranken weisen und so die Geschicke von Aurora und Desiré zu einem Happy End in Liebe zusammenführen.

Natürlich sind auch die vielen anderen Partien mit kleineren oder größeren Soli hervorzuheben, die dieses Ballett so sehenswert machen. Da bezauberten die fünf Feen mit ihren Variationen: Aya Okumura (Fee der Kraft), Luciana Voltolini (Fee der Schönheit), Alizée Sicre (Fee der Anmut), Iana Balova (Fee der Beredsamkeit) und Evelina Godunova (Fee der Klugheit). Die vier vergebens um Auroras Hand buhlenden Prinzen überzeugten tänzerisch: Alexandre Cagnat (Prinz des Nordens), Olaf Kollmannsperger (Prinz des Westens), Marco Arena (Prinz des Südens) und Alexei Orlenco (Prinz des Ostens). Im abschließenden Divertissement auf Auroras Hochzeit gefielen Murilo de Oliveira (Ali Baba) und seine funkelnden Edelsteine Danielle Muir (Amethyst), Luciana Voltolini (Saphir), Aya Okumura (Rubin) und Clotilde Tran (Smaragd), sowie Iana Balova als Prinzessin Florine mit Alexander Bird (Blauer Vogel). Für die amüsanten Momente sorgten Filipa Cavaco (Schneewittchen und ihre sieben Begleiter), Alexander Abdukarimov (Der gestiefelte Kater) mit Minori Nakashima (Kätzchen) sowie Alizée Sicre (Rotkäppchen) und Oleksandr Shpak (Wolf).

Das Corps de ballet rundete mit Verve tanzend zu einem stimmigen Ganzen ab.

Die Staatskapelle Berlin unter dem umsichtigen Dirigat von Ido Arad brachte Peter I. Tschaikowskys Komposition zum Strahlen. Viel begeisterter Beifall!

Ira Werbowsky

 

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