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BERLIN/ Deutsche Oper: DER TROUBADOUR

11.05.2018 | Oper


Schlussapplaus. Foto: Dr. Klaus Billand

Berlin / Deutsche Oper:  „DER TROUBADOUR“ am 9. Mai 2018

 Anita Rachvelishvili war der absolute Star dieses „Troubadour“, der nach der Premiere am 24. März 1996 nun seine 43. Vorstellung erlebte und wohl ein Auslaufmodell ist. Wie ich von einem Zuschauer hörte, soll er diese Saison zum letzten Mal gespielt werden. Bezeichnenderweise wird die Aufführung im Programmzettel als „Nach einer Inszenierung von Hans Neuenfels“ beschrieben, denn von dem Neuenfels, den man aus den vergangenen Jahren, zumal aus Bayreuth, kennt, war nicht mehr allzu viel zu sehen.

Doch zurück zu Anita aus Georgien, die die Azucena gab. So einen Vollblut-Mezzo mit Tendenz zum Alt habe ich lange nicht mehr gehört. Das war einfach umwerfend und könnte als Idealbesetzung für die Zigeunerin gelten. Rachvelishvili konnte nicht nur mit der üppigen Fülle ihres runden und überaus charaktervoll klingenden Mezzosoprans begeistern, sondern auch mit einem beklemmend authentischen Spiel. International bekannt wurde sie 2009 mit ihrer Carmen an der Scala, mit der sie dann auch an der Met, in Paris, eben an der DOB, an der Berliner und der Bayerischen Staatsoper, der Francisco Opera, der Semperoper und in Verona zu erleben war. Erst 2017 gab sie ihr Rollendebut als Azucena an Covent Garden und geht mit der Rolle 2018 an die Met und nach Paris, neben der DOB. Wer immer auf Verdi und den „Troubadour“ steht, sollte diese Sängerin erlebt haben!

Neben ihr hatte der junge Türke Murat Karahan als Manrico einen schweren Stand. Seine Stimme ist einfach zu klein, und zumal in den Höhen zu eng, um ihr ein gleichwertiger Partner zu sein. Mit aller und wohl auch letzter Kraft wurde die Stretta geschmettert, aber das hat man vielfach schon mitreißender gehört. Hingegen verkörperte der Veroneser Simone Piazzola einen eindrücklichen Graf Luna mit wohlklingendem Bariton und großer Musikalität. Auch seine Diktion ließ nichts zu wünschen übrig. Ferrando wurde von Marko Mimica sehr klangvoll mit einem satten Verdi-Bass gesungen und dem unsäglichen Kostüm zum Trotz auch gut gespielt. Eine Autorität mit einem entbehrlichen, viel zu langen Bart und unmöglichen Kopfputz! Man musste seine Zweifel haben, dass diese Ausstattung, zu der mangels Anführung eines/er Kostümbildners/erin im Programmzettel wohl der Ausstatter Reinhard von der Thannen zuständig war, von Neuenfels abgesegnet wurde… Das betrifft auch die Choristen, die mit ähnlichen Bärten agierten.

Bildergebnis für angela meade
Angela Meade. Copyright: Meade.com

Mit Spannung wurde das Einspringen der US-Amerikanerin Angela Meade für Maria Agresta erwartet, die wohl viele der Besucher gern gesehen und gehört hätten. Aber Meade machte ihre Sache ausgezeichnet, vor allem stimmlich, da es körperlich bisweilen einige Einschränkungen gab. Aber auch Luciano Pavarotti hat sich nie viel bewegt und war unter den Tenören sicher unumstritten. Meade gastierte bereits an Häusern wie der Met, Tokio, Berlin, Madrid, Edinburgh, Paris, Moskau, Frankfurt und anderen. Ihre Arien zeugten von großer stimmlicher Präzision und emotionaler Durchdringung, allein die Begeisterung für Manrico war nicht ganz überzeugend. Ihre Rollendarstellung führte eher ein vokales und emotionales Eigenleben.

 Alexandra Ionis als Inez, Burkhard Ulrich als Ruiz und weitere Nebenrollen konnten ihren Partien entsprechend überzeugen. Der Chor der Deutschen Oper Berlin war von Jeremy Bines bestens eingestellt und ein echtes Plus des Abends. Der junge Giacomo Sagripanti dirigierte das Orchester der Deutschen Oper Berlin mit viel italienischer Verve und ging insbesondere sehr gut auf die Sänger ein. Sagripanti wurde 2016 als „Best Young Conductor“ bei den International Opera Awards in London ausgezeichnet. Die ganz großen musikalischen Gefühlsausbrüche fehlten allerdings an diesem Abend – sie kamen von den Sängerinnen.

Die Inszenierung von Hans Neuenfels wirkt wie ein Leipziger Allerlei – diese Stadt ist ja immerhin nicht weit – oder ein Potpourri zum Thema „Troubadour“ bzw. genau nicht zu diesem Thema. Da wechseln asiatische Apercus in den Kostümen mit byzantinischen Elementen und immer wieder auch einem Galopp durch die verschiedenen Religionen. Manrico und Graf Luna irren unterdessen ständig als Toreros auf der Bühne herum und liefern sich sogar einmal einen echten Stierkampf in einer Manege. Ihre Bruderschaft wird durch gleiche Torero-Kostüme mit dem Zaunpfahl von Beginn an offenbart.

Bedenklich sind die KZ-Häftlinge, die zu einem gewissen Zeitpunkt in einen Aussichtsturm (Wachturm…?!) klettern. Auch Manrico endet letztlich in einer KZ-Uniform… Dazwischen kommt einmal ein bunter Nonnenchor vor, der schlagend an die weiblichen Mäuse von der Tannenes im 2. Akt des Bayreuther Neuenfels-„Lohengrin“ erinnert. Dazwischen sieht man den Stacheldraht an der alten DDR-Grenze, die zum Zeitpunkt der Premiere immerhin schon sechs Jahre Geschichte war. Dass Graf Luna am Ende ein doppeltes Pistolenfeuerwerk abfackeln muss, gehört sicher zu den absoluten Entbehrlichkeiten dieser Inszenierung. Man darf gespannt sein auf den nächsten Berliner „Troubadour“, denn der sollte bald kommen…

Klaus Billand

 

 

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