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BERLIN/ Deutsche OPER: ABSCHIEDSKONZERT EDITA GRUBEROVA

11.12.2018 | Oper


Edita Grubervova wurde gefeiert. Foto: Waltenberger

BERLIN / Deutsche Oper: EDITA GRUBEROVA –  ABSCHIEDSKONZERT; 10.12.2018

„Deutsche Oper Berlin, bye, bye, danke vielmals, es war mir eine Ehre!“ E. Gruberova am 10. Dezember 2018 vor einem bewegten Publikum

Die slowakische Kultkoloratursopranistin Edita Gruberova ist in Berlin für Ihre Lebensleistung als Künstlerin und ihre stets denkwürdigen Auftritte im Belcantofach mit Standing Ovations gefeiert worden. Das Abschiedskonzert  am 10. Dezember, zu dem Fans aus aller Welt angereist kamen, fand beinahe punktgenau 38 Jahre nach der Berliner Lucia di Lammermoor-Premiere  vom 15. Dezember 1980 statt. Berlin liebt es, seine Stars in aller Treue vor den Vorhang zu bitten: Schon am 29. November 2017 gab Gruberova ein Jubiläumskonzert zum 50-jährigen Bühnenjubiläum. Damals waren Matthew Newlin, Markus Brück, Nicole Haslett und Andrew Harris die Mitstreiterinnen, die musikalische Leitung lag wie bei diesem Sonderkonzert bei Peter Valentovic.

Nun ist von einem Solo-Abend zu berichten, der vom Repertoire her (außer die Arie aus Bellinis „La Straniera“) in die Vergangenheit der Sängerin führt. Es muss an dieser Stelle daran erinnert werden, dass hocherfolgreiche Opernsängerinnen nicht vom Himmel fallen und gerade Edita Gruberova, die in ihren Anfängen Ende der 60-er Jahre in Wien nicht gerade mit tollen Rollen verwöhnt war, ihre Karriere mit viel Fleiß, unendlicher Disziplin und großer Geduld aufgebaut hat. Eine makellose Technik, Drahtseil-Piani ohne Netz, eine  schauspielerische Verausgabung bis zum Letzten und eine erzkomödiantische Ader sind Markenzeichen dieser individuellen Künstlerin, die dem kommerziellen Mainstream und der Gnadenlosigkeit des „Betriebs“ mit offener Kritik immer wieder die klare Schulter gezeigt hat. Ihre Bodenhaftung als Künstlerin und hohe Seriosität als Musikerin, ihre Bescheidenheit, alleine schon dafür gebühren die 38 roten Rosen, die Intendant Dietmar Schwarz der Gruberova vor der das offizielle Programm schließenden Arie der Ophélie aus Hamlet überreicht.

War Gruberova in den letzten Jahren an der Deutschen Oper Berlin in Werken wie Donizettis „Roberto Devereux“, „Lucrezia Borgia“ oder „Norma“ präsent, so hat sie für ihren Abschied romantisch italienisches (Rossini, Bellini), Wiener und französisches Repertoire (Wahnsinnsarie der Ophélie in Ambroise Thomas‘ „Hamlet“) gewählt. Seit Mitte der siebziger Jahre verfolge ich nun schon ihre Karriere und habe sie in unzähligen Auftritten an der Wiener Staatsoper von Olympia, Fiakermilli, Rosina, Stimme vom Himmel bis Adele, später von Zerbinetta, Aminta über Manon, Konstanze, Violetta, Gilda, Maria Stuarda, Lucia, bis zu Linda, Elvira, Elisabetta oder Norma erlebt. Besonders haben mir immer ihre „komischen“ Rollen gefallen, da war sie einmalig und brachte neben einer guten Portion an Selbstpersiflage immer ein hollywoodreifes Timing für die Bühnen- und Sangespointen wie kaum eine andere mit. 

Es war daher fantastisch, die Gruberova nach so langer Zeit wieder als Rosina mit der berühmten Arie ,Una voce poco fa‘ aus Rossinis „Barbier von Sevilla“ zu erleben. Aber noch blitzender, lockerer und ausgelassener gelangen die das Programm schließenden  Zugaben aus der „Fledermaus“. Adeles freche Possen „Mein Herr Marquis“ und „Spiel ich die Unschuld vom Lande“  werden wohl lange in den Herzen der Zuschauer bleiben. Da hielt es die Gruberova nicht an ihrem Platz vor dem Mikro, sie machte mit allerlei Schabernack mit dem Dirigenten und dem Konzertmeister des Orchesters das leere Podium zur großen Bühne. Dirigent Valentovic, der sich in den bleiern haftenden bis militärisch exerzierten Ouvertüren vor der Pause wahrlich keine Lorbeeren verdienen mochte, durfte hier mit Eisenstein-Stichworten sichtlich entspannter zur allseits guten Laune beitragen.

Die Sängerin, die am 23. Dezember ohne Geheimniskrämerei ihren 72. Geburtstag feiert, wurde in den letzten Jahren von ihrem Publikum auch an Abenden, wo es einmal nicht so gut ging, sanft über die Runden getragen, wie sich das halt so für ein der Erinnerung fähiges und treues Publikum gehört. Die Kritik war nicht immer gnädig zu ihr. Aus Anlass dieses Abschiedskonzert ist aber nicht nur der Vollständigkeit halber oder halb verschämt über die Abendverfassung zu berichten. Edita Gruberova war stimmlich in grandioser Form ohne Wenn und Aber. 

Für mich waren der unübertrefflich wienerische Konzertwalzer für Koloratursopran  „Frühlingsstimmen“ von Johann Strauß und die Wahnsinnsszene der Ophélie „Partagez-vous mes fleurs“ die absoluten Highlights eines außergewöhnlichen Abends. Die Piani, die Verzierungen, die Höhe, das Legato, alles klappte hier auf Wunderbarste. Im Wesentlichen waren alle Atouts dieser Sängerin noch einmal zu erleben, und das nur mit wenigen Abstrichen im Vergleich zu den 80-er Jahren. Vor der Pause machte der Schluss der Arie aus Bellinis Oper „Beatrice di Tenda“ ,Ah! se un‘urna é a me concessa‘ aufhorchen. Ebenso geriet die extrem schwere Szene der Alaide ,Sono all‘era‘ aus Bellinis „La Straniera“ besser als auf der CD-Aufnahme aus dem Jahr 2012. Aber auch eine absolute Rarität war zu entdecken, nämlich die charmante, koloraturgespickte, ein wenig von einem Hustenanfall des ersten Cellisten begleitete Vokalise „Parysatis“ von Camille Saint-Saëns. Als erste Zugabe überraschte Gruberova mit einem wunderschön piano gesungenen Auftritt der „Butterfly“ aus Puccinis gleichnamiger Oper.

Edita Gruberova sorgte noch einmal für berührende, außergewöhnliche „Momente“. Der Chronist berichtet von einem großen Fest für alle, denen Musik etwas bedeutet, vielleicht sogar eine „heilige Kunst“ ist. Es war ein würdiger Abschied, ganz ohne Hysterie, aber mit viel Jubel, Blumen und ehrlichem Geben und Nehmen. So soll es ein. Frau Kammersängerin, danke!
 
 
Programm des Abschiedskonzerts

Gioacchino Rossini
DER BARBIER VON SEVILLA
Ouvertüre
„Una voce poco fa“ – Cavatina der Rosina

Gioacchino Rossini 
LaA GAZZA LADRA
Ouvertüre 
Vincenzo Bellini 
BEATRICE DI TENDA 
„Ah! se un’urna è a me concessa“ – Arie der Beatrice

Gaetano Donizetti
ROBERO DEVEREUX
Ouvertüre

Vincenzo Bellini
LA STRANIERA 
„Sono all’ara“ – Arie der Alaide

*** Pause ***

Camille Saint-Saëns 
„Parysatis“

Johann Strauß 
Furioso-Polka, Op.260

Johann Strauß 
„Frühlingsstimmenwalzer“ – Konzertwalzer für Koloratursopran und Orchester, op. 410

Giacomo Meyerbeer 
LE PROPHÈTE
Aus der Ballettmusik „Les Patineurs“
„Galop“

Ambroise Thomas 
HAMLET
„Partagez-vous mes fleurs“ – Wahnsinnsszene der Ophélie

Zugaben

Giacomo Puccini
MADAMA BUTTERFLY
Auftritt

Johann Strauß
DIE FLEDERMAUS
„Mein Herr Marquis“ Adele
„Spiel ich die Unschuld vom Lande“ Adele

Dr. Ingobert Waltenberger

 

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