LOHENGRIN 11. 04.2025
DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG 12.04.2025
TANNHÄUSER 13.04.2025
DEUTSCHE OPER BERLIN
Der Meister und die Osterzeit
Ostersonntag ist dort, wo er gefeiert wird, ein froher Tag, vor allem wenn auch noch die Sonne scheint . Wer dieses Jahr nicht in heftigem Vorbereitungs- Stress für ein gemeinsames Feiern mit Familie und Freunden war, hatte auch bei der Lektüre verschiedener Feuilletonseiten in den Samstagausgaben deutschsprachiger Zeitungen etwas zum Schmunzeln, z.B. unter Aktuelles im Online Merker.
Im Tiroler Ort Erl beginnen Ende Mai mit einer Historie von über 400 Jahren die alle sechs Jahre stattfindenden Passionsspiele. Aber bereits zum Gründonnerstag pilgerten aus vielen deutschen Landen Wagner-Begeistere zur Premiere ins Festspielhaus Visavis. Unter der Leitung des neuen Intendanten Jonas Kaufmann hatte mit ihm in der Titelrolle Parsifal von Richard Wagner Premiere. Die Resonanz war groß und natürlich positiv, aber so mancher Kritiker punktete mit gar launigen Beschreibungen. Zur Aufführung an der Wiener Staatsoper am gleichen Tag fielen sie weniger wohlwollend aus, aber die umstrittenen Premiere war ja auch schon im Jahr 2021 in Corona-Zeiten, damals auch mit Jonas Kaufmann.
Osterzeit ist Wagner-Zeit, wann diese gehäufte Konstellation auf den Spielplänen in Deutschland und Osterreich eingesetzt hat, könnte Thema zumindest einer Masterarbeit am Institut für Theaterwissenschaften sein.
Am Gründonnerstag war Parsifal auch in der inzwischen Kult gewordenen -Inszenierung von Calixto Bieito in Stuttgart mit der für viele ultimativen Rosie Aldridge als Kundry zu erleben. Andere Opernhäuser folgten am Freitag nach, wenn – obwohl in evangelischen Landen ein großer Feiertag – an diesem Datum gespielt wird. Außer in Dortmund, da musste die geplante Walküre abgesagt werden. Der Karfreitagszauber am „richtigen“ Tag konnte- ohne Anspruch auf Vollständigkeit – in Budapest, Dornach, Hamburg, Essen , Mannheim und in der Hauptstadt , in der Oper unter den Linden erlebt werden.
Deutsche Oper Berlin. Foto: Erwin Messer
„Lohengrin“-Werbeplakat. Foto: Erwin Messer
Schlussapplaus. Rechts Nina Stemme. Foto: Erwin Messer
In Berlin hätte auch die Deutsche Oper einen Parsifal im Repertoire, aber dieses Haus programmierte keine Konkurrenz-Produktion, trug aber im April die Wagner-Krone mit gleich drei Werken an drei Tagen in Folge. Das zog Publikum aus ganz Europa an, obwohl die Inszenierungen schon länger und öfter an diesem Haus zu sehen gewesen waren. Am Donnerstag, 11. April gab es zum Auftakt in der 43. Aufführung nach der Premiere am 15. April 2012 Lohengrin in der Inszenierung von Kasper Holten , musikalische Leitung Constantin Trinks. Waren die Experten vor allem auf das Rollendebüt von Nina Stemme als Ortud gespannt, war die positive Überraschung dann aber die Schweizer Sopranistin Flurina Stucki als Elsa von Brabant und vor allem Attilo Glaser in der Titelrolle. Besonders Wohlwollende glaubten sich an den hellen Tenor von Klaus Florian Vogt erinnert. So bravourös meisterte er seine Aufgabe inklusive einer berührenden Gralserzählung. Außerdem ist er groß und schlank gewachsen und versteht die überdimensionalen Schwanenflügel mit Würde zu tragen – und dabei überzeigend zu singen
Der hawaiianische Bariton Jordan Shahahan reiste gleich weiter nach Wien, wo er die gleiche Rolle des Telramund statt des erkrankten Ludovic Tézier – ebenfalls mit Lob bedacht- übernahm. Um den Franzosen macht sich die Opernwelt große Sorgen und hofft auf baldige Genesung. Bryung Gil Kim als Heinrich der Vogler und Dean Murphy ergänzten das solide Ensemble, unterstützt von einem ausgezeichneten Chor.
Ankündigungsplakat „Meistersinger“. Foto: Erwin Messer
Schlussapplaus „Meistersinger“. Hans Sachs (in der Mitte) links David, echts Eva. Foto: Erwin Messer
Der Chor beim Schlussapplaus. Foto: Erwin Messer
Dieser hatte schon am darauffolgenden Tag, Bayreuther Beginn 16h, wieder viel zu tun. Die Meistersinger von Nürnberg standen auf dem Programm, musikalische Leitung Ulf Schirmer, in der ziemlich aktuellen Inszenierung – Premiere 22.Juni 2022 – von Jossi Wieler, Anna Viebrock, Sergio Morabito . Das Team erdachte auch den Lohengrin in Wien, erstanden bei den Salzburger Festspielen , mit wenig Begeisterung das eine wie das andere vom Publikum bedacht. Ohne Programmheft ist der Schauplatz , die historisch einschlägig belastete Münchner Musikhochschule nicht zu entschlüsseln, auch die Rollenspiele der Darsteller, einmal als Lehrende, zum Beispiel Annika Schlicht als Magdalena, einmal als Studierende wie Chance Jonas-O’Toole als diese anschmachtender David bringen eher Missdeutungen als Erklärungen der Personen. Die inszenierte knisternde Erotik , die unter jungen Leuten mit dem Berufsziel Künstler sicher zu entdecken ist, würde aber größere Schauspiel- und Tanztalente verlangen. Bei der „Schülerin“ Eva, Elena Tsallagova gelingt das durch ihre frische höhensichere Stimme und ihr lebhaftes Spiel besser , wobei aber Walther von Stolzing, der dänische Tenor Magnus Vigilius , es als neue Kraft im Lehrkörper ab seiner Bewerbung für den Posten , heiß verliebt in die Vorzugsschülerin, zusätzlich schwer hat . Vor allem weil der Lieblingsprofessor Hans Sachs als Poet, Komponist und eher als Hobbyschuster die jungen Leute leichter im Griff hat als z. B. Veit Pogner , Albert Pesendorfer, seine widerspenstige Tochter. Der Strengste unter den Meistersinger-Professoren , Philipp Jekal als Sixtus Beckmesser, hat es gleich zu Beginn versungen und vertan. Er muß seine Darbietungen am Klavier im Festsaal , zugleich Aufnahmestudio, präsentieren, und das positive Image der Klavierlehrer ist außer bei ganz großen Pianisten schon immer eher rar . Und die Harfenmusik aus dem Graben trägt nicht zum Erfolg bei.
Der Chor ist auch bei der Arbeit am zweiten Tag sehr gut, die Prügelszene verlangt wenig Einsatz , auch die Festwiese im Saal soll vor allem durch den stürmischen Wind der Geschichte, der die Vorhänge unheilvoll bläht, beeindrucken. Gelingen könnte das Spiel vielleicht mit einem überragenden Hans Sachs, aber Thomas Johannes Mayer als bloßfüßiger Späthippie , der den Text für das Meisterlied nicht nur auf einem Schreibblock notiert sondern auch mit dem Smart Phone aufnehmen muss, steht nicht nur bei Eva trotz mancher Liebeständelei auf verlorenem Posten. Die Idee hinter der Inszenierung lässt sich leichter erzählen als auf der Bühne erkennen.
Dann der Palmsonntag, 13. April – der Saal ist ausverkauft, die Platzanweiserin erklärt, das liegt am Sänger ! Und der ist in der Rolle des Tannhäuser Klaus Florian Vogt. Aber der Erfolgt liegt nicht nur an ihm, der einen großartigen Tag hat und trotz aller Erfolge nicht immer so einen großen langen Applaus erhält, sondern auch an Maestro John Fiore, ein Dirigent wie aus dem Bilderbuch. Der an diesem Abend ebenfalls zu Höchstleistungen fähige Chor berichtet im Anschluß in der Kantine, noch nie habe jemand in dieser Inszenierung der früheren Opernintendantin Kirsten Harms so gut gesungen, auch sie nicht. Der Mann am Pult habe alles aus ihnen herausgeholt ! Obwohl ihr Auftritt als Pilger meist im Krankenbett in einem großen Saal stattfindet ! Die später Heilige Elisabeth pflegt die wunden Heimkehrer und sucht vergeblich den Ersehnten . Ein großer Kontrast zu den Rittern des Hofes , die in metallisch glänzender Rüstung – im ersten Akt sogar auf Pferden- die etwas ungelenken Sirenen des Venusberg optisch überstrahlen. Der Sängerkrieg um das Wesen der Liebe fällt noch eher statisch aus . Erst mit dem Lied an den Abendstern berührt Samuel Hasselhorn als Wolfram von Eschenbach in einer Kraftleistung, die aber leicht und unangestrengt wirkt, alle : die, die eher selten in der Oper über den Minnesängers zu finden sind, und die ,die sie fast auswendig kennen. Das gelingt auch Elisabeth Teige in der Doppelrolle Venus/Elisabeth schon mit dem Auftritt in der teuren Halle, vor allem aber mit dem Flehen an die allmächt’ge Jungfrau . Tobias Kehrer als Landgraf und Lilit Davtyan als Hirt tragen ebenso stimmlich überzeugend zu einem großen Opernabend bei. Aber nicht nur heute; das große Orchester, alle Mitwirkenden auf und hinter der Bühne , das aufmerksame Publikum , alle haben an den drei Tagen ihr Bestes gegeben und große Erfolge gefeiert bzw. erlebt.
Ankündigungsplakat „Meistersinger“. Foto: Erwin Messer
Szenenfoto mit Klaus Florian Vogt.
Schlussapplaus „Tannhäuser“ mit Elisabeth Teige, John Fiore und Klaus Florian Vogt. Foto: Erwin Messer
Nach der Vorstellung: Elisabeth Teige mit der Autorin dieses Berichts, Dr. Ulrike Messer-Krol. Foto: Erwin Messer
Klaus Florian Vogt mit einer jungen Opernbesucherin. Foto: Erwin Messer
Wer noch länger Richard Wagner genießen wollte, hatte in Berlin Gelegenheit dazu oder setzte sich mutig in einen Zug der Deutschen Bahn , schon am frühen Vormittag, um rechtzeitig an einer der geplanten Spiel-Städte anzukommen.
Ulrike Messer – Krol