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BERLIN /Chamäleon: A SIMPLE SPACE – Gravity & Other Myths starten in den Berliner Sommer; Premiere

Burlesk-akrobatischer Stadtzirkus für laue Sommerabende: Das Unmögliche wird möglich!

06.06.2025 | Ballett/Performance

BERLIN /Chamäleon: A SIMPLE SPACE – Gravity & Other Myths starten in den Berliner Sommer; Premiere 5.6.2025

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Fotos Chris Herzfeld

Burlesk-akrobatischer Stadtzirkus für laue Sommerabende: Das Unmögliche wird möglich!

Bis 3. August wird die einstündige Produktion A Simple Space im Berliner Chamäleon laufen. Ohne Pause, knackig serviert, mit vergünstigten Preisen und einem speziellen Family & Friends Paket für vier Personen. Die im australischen Adelaide 2009 gegründete Gruppe Gravity & Other Myths (GOM) ist häufig und gern aufgenommener wie vom Publikum geschätzter Gast im Theater in den Hackeschen Höfen.

Für eine kleine Woche war dieses wahrlich unterhaltsame und kurzweilige Stück schon Anfang 2023 zu sehen. Nun gastieren die Starakrobaten Emily Gare, Léann Gingrass, Christopher Lacopetta, Hamish McCourty, Lewis Rankin, Maya Tregonninng, Georgia Webb und Ashley Youren im Chamäleon zwei Monate fünf Mal die Woche wieder mit ihrem weltweit erprobten Programm A Simple Space.

In einfacher Alltagskleidung auf einer in den Publikumsraum hineinragenden Bühne ohne Requisiten ziehen die drei Männer und vier Frauen (Mr. Lacopetta darf derweil mit dem Schlagzeug live Suspense und Atmosphäre akustisch verdichten) ihr humoristisches Bewegungstheater sowie ihre halsbrecherischen akrobatischen Stunts in einem rasenden Tempo ab.

Dabei gibt es zum Publikum so gut wie keine Grenzen oder Berührungsängste. Weder physisch, weil die Acts mit u.a. schwindelerregenden Hebefiguren wirklich nur ganz knapp zu den nächsten Zuschauern im Parkett stattfinden und auch dramaturgisch nicht, weil etwa als Höhepunkt der Interaktion das Publikum und die immer zu einem Späßchen aufgelegten Akteure auf der Bühne sich gegenseitig mit bunten Plastikbällen bewerfen (dürfen). Was für ein Eldorado für Kinder und Junggebliebene!

Das Markenzeichen des Programms A Simple Space ist genau dieses Neben- und Ineinander von moderner Zirkus-Akrobatik bis an die Grenzen des körperlichen Machbaren und Komik. Der drastische, mimisch verulkte Körper- und Gesichtstrommeauftritt des Perkussionisten samt einer Art von australischer „Schuhplattlernummer“ sorgt für die meisten Lacher.

Wie traumgeboren stehen die Sieben anfangs am hinteren Rand der dunklen Bühne.  Ihr Programm startet mit einer „Falling“-Sequenz, wo das blinde Vertrauen in die angekündigten Stürze sowie das Aufgefangen Werden selbst aus einigen Metern Höhe rücklings immer wieder für kleine erschreckte bis entzückte Aufschreie im Publikum gut ist.

Holla, was sind das für Körperwirbel und -verrenkungen, wenn den ganzen nicht allzu großen Bühnenraum nutzend im Handstand bis zu dreien übereinander Elastizität und Dehnungsgvermögen erprobt werden, Körper wie Federn waagrecht durch die Lüfte segeln, über Köpfe marschiert und gnadenlos auf Bäuche und was da noch so alles in der Nähe ist, gesprungen wird.

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Fotos Chris Herzfeld

Zur Gaudi des Publikums gibt es auch zwei Wettbewerbe: Wer kann länger Rückwärtssalto ohne Panne? In derselben Gangart wird das Luftanhalten gegen das Durchhalten anstrengender Gymnastikposen genüsslich ausgespielt.

Beim Seilspringen der drei Männer entledigen sich zwei ihrer T-Shirts und langen Hosen. Der „warnende“ Hinweis im Programm „leichte partielle Nacktheit“ bezieht ich dann auf eine witzige Szene, wo die Kollegen dem Akrobaten Hamish McCourty kurz das Unterhöschen bis zum Knöchel ziehen, dieser dann mit keusch vor dem Schritt verschränkten Händen ein paar Seilsprünge „ohne“ ausführen muss, bis sich ein Kollege seiner erbarmt und beim Slipanziehen hilfreich Hand anlegt.

Für Spannung sorgen all die fantasievollen Trage-, Hebe- und Stapelfiguren, das kreative Schlingen, Umschlingen und Verschlingen von Gliedmaßen zu lebendigen Skulpturen. Immer mit einem befreienden Lachen auf den Lippen, wenn im In-, Mit- und Durcheinanderwirbeln der Körper Balance und Konzentration stimmen. Bewundernswert und beinahe paradox im Angesicht der filmreifen Stunts ohne Netz erscheinen die kreatürliche Einfachheit und die somnambule Selbstverständlichkeit, mit der die Truppe ans Werk geht. Und ja, die Ergebnisse eines „blinden“ Luftschlangenknoten-Contests in Form von kleineren oder größeren Gemächten landen schlussendlich auf den Tischen im Publikum. Alles harmlos und garantiert jugendfrei 8+.

Wer sich für die empfehlenswerten Aufführungen von Dienstag bis Samstag, jeweils 20h, interessiert, findet weitere nützliche Infos auf der Website des Chamäleons.

Link: https://chamaeleonberlin.com/de

Als besonders sympathisch empfand ich die Begrüßungsworte der Intendantin Anke Politz. Mit diesem Sommerprogramm experimentiert das genreübergreifende Privattheater Chamäleon mit einer neuen Betriebsform, um den Spielplan zu erweitern und mehr Kompanien ein Engagement anbieten zu können. Ihren ehrlichen Dank richtete sie in Bescheidenheit an das vollzählig erschienene Publikum und ihr Team, wobei ihre Bitte, das kulturelle Angebot von Berlin zu nutzen, nicht ungehört bleiben darf.

 

Dr. Ingobert Waltenberger

 

 

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