Amelia (Carmela Remigio) freut sich über ihre Befreiung aus dem Gefängnis (Copyright: Donizetti-Festival Bergamo)
Donizetti-Festival in Bergamo: „Il castello di Kenilworth“ im Teatro Sociale (Vorstellung: 30. 11. 2018)
Bei dem seit 1982 in Bergamo bestehenden Donizetti-Festival standen in diesem Jahr im Teatro Sociale die zwei Erstlingswerke des großen italienischen Komponisten Gaetano Donizetti (1797 – 1848) auf dem Programm: „Enrico di Borgogna“ und „Il castello di Kenilworth“.
Das Melodram „Il castello di Kenilworth“, das 1829 in Neapel uraufgeführt wurde, bekam in Bergamo den Untertitel „Eva contro Eva“. Der Inhalt des Werks, dessen Libretto Andrea Leone Tottola nach Walter Scott und Gaetano Barbieri verfasste, in Kurzfassung: Lord Leicester und seine heimliche Gemahlin Amelia warten im Schloss Kenilworth auf Königin Elizabeths Ankunft. Warney, der von der geheimen Hochzeit weiß, versucht Amelias Lage für sich zu nutzen. Da Amelia ihn abweist, schwört Warney ihr Rache. Als die Königin und Amelia einander zufällig begegnen, wirft Amelia sich der Herrscherin zu Füßen und fleht um Gnade. Doch Königin Elizabeth fühlt sich von Leicester verraten und lässt ihre Rivalin ins Gefängnis werfen. Der rachsüchtige Warney will Amelia mit einem Becher Wein vergiften, doch Leicester erfährt von seinen Plänen und rettet seine bedrohte Gattin. Die Königin lässt Warney verhaften und verzeiht Amelia und Leicester, die der Herrscherin ergriffen danken und Elisabeths Güte preisen.
Der spanischen Regisseurin Maria Pilar Pérez Aspa gelang eine packende Inszenierung, die auf einer schiefen Ebene ablief und mit wenigen Requisiten auskam (Ausstattung: Angelo Sala). Die durchwegs eleganten Kostüme schuf Ursula Patzak. Für das kreative Lichtdesign sorgte Fiammetta Baldisseri.
„Eva contra Eva“: Amelia (Carmela Remigio) und Elisabetta (Jessica Pratt) Copyright: Donizetti-Festival Bergamo
Als Königin Elizabeth brillierte die australische Sopranistin Jessica Pratt sowohl darstellerisch wie auch stimmlich. Mit sehenswerter Leichtigkeit bewältigte sie alle Höhen! Ihr ebenbürtig war die italienische Sopranistin Carmela Remigio als ihre Rivalin Amelia. Auch sie beeindruckte durch ihre strahlende Stimme und ihre schauspielerische Leistung.
Graf Leicester wurde vom argentinischen Tenor Francisco Brito dargestellt, der anfangs ein wenig unsicher wirkte. Grund hiefür mag sein, dass er die Rolle an diesem Abend zum ersten Mal sang. Den intriganten Bösewicht gab der rumänische Tenor Stefan Pop, der sowohl stimmlich wie schauspielerisch überzeugte. Zum guten Gesamteindruck trugen auch der italienische Bass Dario Russo als Lambourne und die italienische Sopranistin Federica Vitali als Dienerin Fanny bei. Stimmkräftig der Chor der Donizetti-Oper (Leitung: Fabio Tartari), der unter anderem den Hofstaat der Königin zu repräsentieren hatte.
Dem Orchestra Donizetti Opera, das von Riccardo Frizza temperamentvoll geleitet wurde, brachte die reizvolle Partitur des Komponisten, die so manche Melodie aus späteren Werken anklingen ließ, in allen Nuancen zur Geltung. Das begeisterte Publikum, das die Sängerinnen und Sänger immer wieder mit Szenenbeifall bedachte, zollte am Schluss allen Mitwirkenden minutenlang Applaus und „Bravi“-Rufe.
Udo Pacolt